Asyl: Kritik an Urteil zum Sprachtest
Hilfsorganisationen und die Opposition haben das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum verpflichtenden Sprachtest für nachziehende Ehepartner kritisiert.
Berlin/Leipzig - Die Flüchtlingshilfsorganisation „Pro Asyl“ warf dem Gericht vor, es habe eine „familienfeindliche Regelung“ bestätigt, die Linken-Migrationsexpertin Sevim Dagdelen erklärte, der Senat habe offensichtlich unkritisch die Behauptung akzeptiert, die Sprachtests verhinderten Zwangsehen.
Die Leipziger Richter hatten am Dienstag gegen eine Türkin entschieden, die zu ihrem Ehemann nach Deutschland ziehen wollte, dem Vater ihrer fünf Kinder. Die Frau ist Analphabetin und sah sich außerstande, bereits vor der Einreise Deutsch zu lernen, wie seit 2007 per Gesetz gefordert. Für den nächsten erreichbaren Deutschkurs hätte sie 400 Kilometer weit fahren müssen. Das Gericht argumentierte, der Grundgesetz-Artikel 6, der Ehe und Familie unter besonderen Schutz stelle, verpflichte nur zum „schonenden Ausgleich“ zwischen dem privaten Interesse an Familienleben und dem öffentlichen Interesse. Die Frau hätte Lesen, Schreiben und danach ausreichend Deutsch in einem Jahr lernen können.
Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hatte schon vor dem Urteil eine Härtefallregelung gefordert und auf Fälle aus der eigenen Praxis verwiesen: Eine Afghanin erhielt demnach Morddrohungen der Taliban, als sie einen Deutschkurs besuchen wollte, die Frau eines Spätaussiedlers musste in Russland bleiben, weil ihre Erblindung den Sprachkurs verhinderte.
Der Grünen-Migrationspolitiker Josef Winkler nannte das Leipziger Urteil enttäuschend. Er zeigte sich wie die Linke Dagdelen erstaunt darüber, dass die Leipziger Richter nicht den Europäischen Gerichtshof anriefen. Die EU-Richtlinie zur Familienzusammenführung erlaube nach Auffassung des europäischen Gerichts keine Anforderungen, die dem Ziel der Familienzusammenführung zuwiderliefen, erklärte Dagdelen. ade
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