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Bundesminister für Gesundheit: Jens Spahn (CDU).
© Imago Images/Jürgen Heinrich
Update

„Spahn torpediert Booster-Kampagne“: Kritik an Gesundheitsminister wegen Deckelung von Biontech-Impfstoff

Weil Moderna-Dosen zu verfallen drohen, will der Gesundheitsminister Biontech-Lieferungen an die Ärzte begrenzen. Patientenschützer und Ärzte sind empört.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) vorgeworfen, in der Corona-Krise das geplante Hochfahren der Auffrischungsimpfungen zu behindern. Hintergrund ist eine Ankündigung des Spahn-Ministeriums, dass die sogenannten Booster-Impfungen verstärkt mit dem Impfstoff von Moderna anstelle von Biontech vorgenommen werden sollen.

„Während die amtierende Bundeskanzlerin, die Regierungschefs der Länder und der Bundestag die große Boosteroffensive ausrufen, torpediert Jens Spahn das Vorhaben“, sagte der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, der Deutschen Presse-Agentur. „Denn offensichtlich gibt es nicht genügend frei wählbare Vakzine für die impfwilligen Menschen. Praktisch wird das Angebot ausgebremst.“

Das Gesundheitsministerium hat als Ziel 20 bis 25 Millionen Auffrischungsimpfungen bis zum Ende des Jahres genannt. In einem Bericht des Ministeriums hatte es Mitte der Woche geheißen, dass angesichts des stark steigenden Bedarfs in den kommenden Wochen zusätzlich zum Präparat von Biontech auch wieder vermehrt Impfstoff von Moderna dafür eingesetzt werden solle.

Das Bundesgesundheitsministerium betonte am Freitag, dass bis Jahresende genug Impfstoff für solche Booster zur Verfügung stehe. Nachdem das Präparat von Biontech bisher mehr als 90 Prozent der Bestellungen ausmache, solle aber vermehrt Moderna eingesetzt werden. Dies solle sichern, dass kurzfristig ausreichend Impfstoff verfügbar ist. Zudem verfielen eingelagerte Moderna-Dosen ab Mitte des ersten Quartals 2022, was aber vermieden werden müsse.

Ärztinnen und Ärzte in Deutschland können dementsprechend ab kommender Woche nicht mehr so viel Corona-Impfstoff von Biontech bestellen, wie sie wollen. Die Höchstbestellmenge werde auf 30 Impfdosen pro niedergelassenem Arzt oder niedergelassener Ärztin beschränkt, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums, wie die ARD online berichtet. Impfzentren und mobile Impfteams könnten pro Woche 1020 Dosen bestellen. Das Gesundheitsministerium hat als Ziel 20 bis 25 Millionen Auffrischungsimpfungen bis zum Ende des Jahres genannt.

Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz: Eugen Brysch.
Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz: Eugen Brysch.
© Deutsche Stiftung Patientenschutz/dpa

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek lehnt Spahns Pläne klar ab. Das sei inakzeptabel, sagte der CSU-Politiker. Holetschek, der auch Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder ist, will dies nun auf die Tagesordnung der für Montag geplanten GMK-Beratungen setzen. „Das muss besprochen und gelöst werden.“

Bund und Länder hätten gemeinsam festgelegt, dass es nun eine große, gemeinsame Kraftanstrengung beim Impfen brauche, sagte Holetschek. Besonders die „Booster“-Impfungen seien wichtig.

Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) warf dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstag vor, er rationiere mit Biontech ausgerechnet den Impfstoff mit der höchsten Akzeptanz in der Bevölkerung.

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Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erklärte nach der Ankündigung, in den Praxen sei wegen der Begrenzung bei Biontech-Bestellungen ab 23. November nun mit deutlich erhöhtem Beratungsbedarf zu rechnen. Beide Impfstoffe seien nach vorliegenden Studiendaten und laut der Ständigen Impfkommission (Stiko) gleichwertig. „Trotzdem wird es hohen Erklärungsbedarf geben, der wertvolle Zeit bindet, die für das Impfen dann fehlt“, sagte KBV-Vize Stephan Hofmeister.

Die Berliner Hausärztin Kathrin Wildermann schrieb dem Tagesspiegel: „Uns wird ein erheblicher Aufklärungs- und Diskussionsaufwand aufgezwungen, wo wir sowieso schon am Anschlag sind. Wie viele zusätzliche Gespräche sollen wir denn noch führen? Wie viele bösartige Entgleisungen von frustrierten Patientinnen und Patienten noch aushalten?

Wer mühsam den Aufrufen, sich an der Impfkampagne zu beteiligen, gefolgt ist und sein Team und sich über die zumutbare Belastungsgrenze hinaus belastet hat, bekommt nun auch noch diesen Knüppel zwischen die Beine geworfen. ES IST GENUG!“

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen schrieb am Abend bei Twitter zu dem Vorhaben: „Das sollten wir nicht tun! Wir brauchen alles andere als eine Handbremse beim Impfen. Gerade für junge Menschen ist der Biontech-Impfstoff besonders gut verträglich. Auch die Wahl zwischen verschiedenen Vakzinen spielt bei der Entscheidung für die wichtige Erstimpfung eine Rolle.“ FDP-Fraktionsvize Michael Theurer erklärte: „Das muss ein schlechter Scherz sein.“ Es brauche massenhaft Impfungen, um kurzfristig die Boosterwirkung sicherzustellen und die Impfquote zu erhöhen. „Hier jetzt Höchstmengen zu definieren, ist absolut kontraproduktiv und setzt ein völlig falsches Signal. Alles was verimpft werden kann, muss verimpft werden.“ (dpa, Tsp)

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