Trotz heftiger Kritik: Kretschmer bekräftigt seine Forderung nach Ende der Russland-Sanktionen
CDU-Chefin Kramp-Karrenbauer hat dem sächsischen Ministerpräsidenten klar widersprochen, ebenso der Wirtschaftsminister. Doch das ficht Kretschmer nicht an.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat seine Forderung nach einem Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland verteidigt. „Wir brauchen die Befriedung dieses Ukraine-Konfliktes, in dem jeden Tag Menschen sterben. Aber wir wollen auch, dass die Sanktionen so schnell wie möglich enden“, sagte Kretschmer am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Diejenigen, die sich nun mit erhobenem Zeigefinger zu Wort meldeten, sollten auch zur Kenntnis nehmen, dass es in den neuen Bundesländern eine eigene Meinung zu dieser Frage gebe. Er führe die Debatte mit einer „großen positiven Zugewandtheit zu Russland und zu seinen Menschen“.
Kretschmer hatte am Freitag beim Wirtschaftsforum in St. Petersburg teilgenommen und dort auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin getroffen. Zuvor hatte er sich der CDU-Politiker, der in Sachsen im Wahlkampf steckt, entgegen der Linie der schwarz-roten Bundesregierung für ein Ende der Russland-Sanktionen ausgesprochen und Putin nach Sachsen eingeladen.
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer stellt klar: „Die Wirtschaftssanktionen sind die Reaktion auf das völkerrechtswidrige Verhalten der russischen Regierung auf der Krim und in der Ostukraine. Solange sich am russischen Verhalten dort nichts ändert, gibt es auch keinen Spielraum für eine Änderung in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit“, sagte sie der „Bild“.
Zuvor war bereits der CDU-Außenexperte im Europaparlament, David McAllister, auf Distanz zu Kretschmers Alleingang gegangen. McAllister zu dem Blatt: „Die Europäische Union, besonders Frankreich und Deutschland, sollten sich weiter intensiv für die Lösung des Konflikts in der Ostukraine und die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen einsetzen. Es geht um den Waffenstillstand im Osten der Ukraine und den Rückzug aller schweren Waffen und aller bewaffneten Einheiten aus diesem Gebiet. Beide Seiten müssen ihre Verpflichtungen aus den Minsker Vereinbarungen erfüllen. Voraussetzung für einen Abbau der Sanktionen gegenüber Russland ist, dass Moskau die Minsker Vereinbarungen umsetzt.“
Auch der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, kritisierte Michael Kretschmer: „Herr Ministerpräsident, haben Sie einen außenpolitischen Berater? Falls ja, sofort feuern“, schrieb er am Samstag auf Twitter. Andernfalls könne das Auswärtige Amt „sicher einen Fachmann vermitteln“. Kretschmer brauche Rat, sonst schade er sich selbst und den deutschen außenpolitischen Interessen.
Kretschmer hatte Putin auf dem internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg getroffen, an dem auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und die Ministerpräsidentin Mecklenburg-Vorpommerns, Manuela Schwesig (SPD), teilnahmen. Dass Putin dort nicht nur Staats- und Regierungschefs trifft, ist üblich. „Russland ist ein strategisch wichtiger Partner, für eine bessere Beziehung brauchen wir ein Ende der Sanktionen“, hatte Kretschmer nach dem Treffen geschrieben.
Altmaier stellte am Samstag klar: „Die Bundesregierung hat wiederholt erklärt, dass die Sanktionen so lange in Kraft bleiben sollten, wie die Gründe für ihr Zustandekommen fortbestehen.“ Dass es andere Meinungen gebe, sei aber „demokratischer Normalfall“. Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth, kritisierte dagegen, so würden die EU und Deutschland „außenpolitisch gespalten“. Es gebe keine deutschen Sanktionen, sondern internationale. „Wir brauchen vor allem ein Ende der Annexion der Krim und Frieden im Donbass“, schrieb er auf Twitter. (lem, dpa)