Diskussion zu Panama Papers: "Korruption geht an die Substanz vieler Länder"
Nach der Veröffentlichung der Panama Papers vor mehr als einem Jahr wurde deutlich, wie viel Geld vor allem Entwicklungs- und Transformationsländern durch illegale Finanzströme und Korruption verlorengeht. Beim Tagesspiegel diskutierten Experten über Konsequenzen und Politikversprechen.
Als 2016 die Panama Papers ans Licht der Öffentlichkeit kamen, wurde ein internationales System aus Briefkastenfirmen, Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung erkennbar. Vor allem Entwicklungs- und Transformationsländern wird durch solche Praktiken ein enormer Schaden zugefügt. Auf Einladung des Tagesspiegels und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) diskutierten nun Experten über den Kampf gegen illegale Finanzströme und Korruption.
„Wir müssen die aktuellen Tatbestände ahnden und bestehende Gesetzeslücken schließen“, sagte Peter Conze, Vorstandsmitglied von Transparency Deutschland (TI). Man müsse unterscheiden zwischen kleiner Korruption, wie beispielsweise einen Polizeibeamten zu bestechen, oder großer Korruption, wenn zum Beispiel Zahlungen zur Erlangung einer Baugenehmigung getätigt würden.
Vorbild Ukraine
Rostyslav Ogryzko, Gesandter-Botschaftsrat der Ukraine in Deutschland berichtete, dass sich in der Ukraine viel getan hätte. Die Zivilgesellschaft sei stärker geworden, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hätten Korruption im Blick. Auch der Name des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko tauchte in den Panama Papers, einem Datensatz mit 11,5 Millionen Dokumenten zu mehr als 200.000 Tarnfirmen und deren Eigentümern einer panamaischen Anwaltskanzlei auf. In der Ukraine gibt seit zwei Jahren das „National Anti-Corruption Bureau of Ukraine“ (Nabu), also das Nationale Anti-Korruptionsbüro der Ukraine. Bisherige Erfolge: Alle Beamten müssen ihr Vermögen jährlich deklarieren, jeder kann das online einsehen. Die Angaben werden überprüft. TI-Vertreter Conze lobte den Nabu, machte aber auch deutlich, dass noch keine Korruptionsgerichte durch das ukrainische Parlament geschaffen worden seien.
Auch die Anti-Korruptionsexpertin der GIZ, Christiane Schuppert, hob die Reformbemühungen der Ukraine positiv hervor. Ein weiteres Webportal schaffe dort zusätzliche Transparenz. Darin seien die Haushaltsausgaben des Staates transparent für jeden einsehbar. Eine Journalistin habe so beispielsweise aufdecken können, dass ein Bürgermeister seine Parteiwerbung und PR-Agentur mit Steuergeldern finanzierte. Er musste zurücktreten, das Geld zurückzahlen und wurde vor Gericht gestellt.
Korruption behindert Entwicklungserfolge
„Korruption geht an die Substanz vieler Länder, sie untergräbt die Legitimität des Staates“, sagte Schuppert. Gerade in Entwicklungsländern gingen Summen durch Korruption verloren, die dem fünf- bis achtfachen der Entwicklungshilfegelder entsprächen. Conze bestätigte: Im Bergbau und in der Infrastruktur seien Bestechungsgelder in Millionenhöhe keine Seltenheit - gezahlt von Firmen aus dem Norden. "Man darf nicht vergessen: Es gehören immer Zwei dazu. „Es ist einfach zu sagen, in Afrika sind alle korrupt. Aber die Korruption würde nicht funktionieren, wenn im Norden niemand bereit wäre, Bestechungsgelder zu zahlen. Wir sind gefragt, das zu verhindern.“ Ein wichtiges Instrument dazu sei, Firmen zu zwingen, ihre Besitzverhältnisse offenzulegen.
Digitale Revolution macht Finanzströme sichtbar
Die Bekämpfung der Korruption profitiert auch von den neuen technischen Möglichkeiten. Conze forderte einen stärkeren Schutz für Menschen, die mit brisanten Informationen an die Öffentlichkeit gehen (sogenannte Whistleblower). Schuppert mahnte, das Gesamtsystem müsse funktionieren: Die veruntreuten Gelder müssten zurückgeführt, den Tätern müsse der Prozess gemacht werden. In Kenia beispielsweise seien illegale Finanzströme ein großes Problem, und es sei schwierig, Fälle aufzudecken. "Dazu müssen Behörden in vielen Ländern zusammenarbeiten." Ein Ansatzpunkt auch für die deutsche Entwicklungszusammenarbeit. In Kenia seien im vergangenen Jahr mehr als 140 Behördenmitarbeiter geschult worden, in diesem Jahr habe man die Verurteilungsrate um 40 Prozent gesteigert, berichtete Schuppert. Unter den Verdächtigen seien auch Regierungsvertreter.
Trotz aller positiver Erfahrungen resümierte Conze: „Es wurde viel getan, jedoch nicht genug.“
Laura Weigele