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Verhüllt. Die Muslima verlor – doch es gibt Zweifel am Urteil der Vorinstanz.
© dpa

Bundesarbeitsgericht: Kopftuch ist in Kirchen-Jobs tabu

Eine muslimische Krankenschwester mit der Klage gegen eine Weisung der Klinik gescheitert, nach der sie bei der Arbeit kein Kopftuch tragen darf. Das Bundesarbeitsgericht betont das kirchliches Selbstbestimmungsrecht.

Muslimischen Krankenschwestern darf in Kliniken der evangelischen Kirche das Tragen eines Kopftuchs verboten werden. Ein Kopftuch stehe für eine „abweichende Religionszugehörigkeit“ und verstoße damit gegen das im Arbeitsvertrag geregelte Neutralitätsgebot für nicht christliche Beschäftigte, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Mittwoch in Erfurt verkündeten Urteil. Geklagt hatte eine zum Islam konvertierte Krankenschwester in Bochum, die durch das Kopftuchverbot ihre Religionsfreiheit verletzt sah (Az. 5 AZR 611/12).

Dem Urteil zufolge ist solch eine Dienstanweisung auf Grundlage der arbeitsvertraglichen Regelungen grundsätzlich möglich: In dem Vertrag fordert der Arbeitgeber von christlichen Mitarbeitern, dass sie das konfessionelle „Bekenntnis achten und für die christliche Prägung ihrer Einrichtung eintreten“. Nicht christliche Mitarbeiter müssen dagegen nur „den kirchlichen Auftrag beachten“ und ihre „Aufgaben im Sinne der Kirche erfüllen“. Ein Kopftuchverbot sei demnach im Rahmen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zulässig und verstoße nicht gegen das Willkürverbot.

Bereits die Vorinstanz, das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm, hatte darauf verwiesen, dass die Klägerin mit dem Kopftuch im Krankenhaus „sichtbar für ein anderes religiöses Bekenntnis eintritt“. Falls die Kirche das toleriere, entstehe womöglich der Eindruck, sie nehme ihre Glaubensgrundsätze und ihren Verkündungsauftrag nicht mehr ernst, „sondern erachte Glaubensäußerungen in beliebiger Weise für akzeptabel und austauschbar“.

Gleichwohl muss die Vorinstanz nun nochmals über den Fall befinden. Laut BAG ist nämlich unklar, ob das Krankenhaus in Bochum überhaupt der evangelischen Kirche zuzuordnen ist.

Abgeordnete der Linken im Bundestag kritisierten das Urteil. „Das Grundrecht des Einzelnen ist im kirchlichen Arbeitsleben wertlos“, erklärte Jutta Krellmann, Linken-Sprecherin für Arbeit und Mitbestimmung. Nach Ansicht der religionspolitischen Sprecherin Christine Buchholz ist Religionsfreiheit „ein individuelles Grundrecht, das auch im Beruf gelten muss“. Die evangelische Kirche sollte als Arbeitgeberin ein Zeichen setzen „gegen antimuslimischen Rassismus und für Religionsfreiheit“, forderte Buchholz.

Katholische Bischöfe begrüßen das Urteil

Die katholischen Bischöfe begrüßten das Urteil. „In staatskirchenrechtlicher Hinsicht stärkt das Urteil das verfassungsrechtlich abgesicherte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen“, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Die Konferenz hatte im April eine Handreichung zum Umgang mit nicht christlichen Arbeitnehmern in karitativen Einrichtungen veröffentlicht. Darin betont sie, dass das Profil bereits bei der Einstellung deutlich zu machen sei und dass nicht christliche Mitarbeiter in katholischen Einrichtungen nicht für ihren eigenen Glauben werben dürften. Nicht christliche Symbole dürften zudem nicht im Widerspruch zum kirchlichen Charakter der Einrichtung stehen.

Bis Mitte der achtziger Jahre hatten die Gerichte danach entschieden, ob der betreffende Arbeitnehmer „verkündungsnahe“ oder „verkündungsferne“ Tätigkeiten übernimmt. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stärkte dann das Recht der Kirchen. Allerdings forderte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Jahr 2011, die „Art der Stellung des Betroffenen“ wieder stärker zu würdigen. (AFP/KNA/neu)

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