zum Hauptinhalt
Im Zeichen der Harmonie. FDP-Generalsekretär Patrick Döring sowie seine Amtskollegen von der CDU und CSU, Hermann Gröhe und Alexander Dobrindt (von links nach rechts), treten nach der ersten Koalitionsrunde des Jahres vor die Presse.
© dpa

Treffen der Parteispitzen: Koalition einigt sich auf Reformprojekte

Warnschussarrest, mehr Rechte für Väter, "Stiftung Finanztest": Die Parteispitzen von CDU und FDP wollen ihre Handlungsfähigkeit beweisen und einigen sich auf eine Reihe Reformprojekte - in betont friedlicher Atmosphäre.

Gespräche aus dem Bereich der Tierwelt, versichert CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt am Sonntagabend nach dem Treffen der Spitzen von Union und FDP im Kanzleramt, habe es nicht gegeben. Damit auch keine Missverständnisse aufkommen, fügt Dobrindt hinzu: „Auch über Joachim Gauck wurde nicht gesprochen.“ Das erste Treffen des Koalitionsausschusses seit vier Monaten habe in „lockerer, freundschaftlicher Atmosphäre“ stattgefunden, berichtet der CSU-Mann. Auch seine Kollegen von FDP und CDU verbreiten demonstrativ Gelassenheit: Während FDP-General Patrick Döring von „konstruktiver“ Atmosphäre spricht, bezeichnet Hermann Gröhe von der CDU diese als „kameradschaftlich“.

Mit der Tierwelt spielte Dobrindt auf den „Frosch“ an, der das Klima in der schwarz-gelben Koalition in den vergangenen Tagen massiv belastet hat. Nachdem die FDP sich vor zwei Wochen bei der Suche nach einem Bundespräsidenten-Kandidaten überraschend für Gauck ausgesprochen hatte und damit die Union unter Druck setzte, verärgerte FDP-Chef Philipp Rösler die Union zusätzlich, als er seinen Triumph danach öffentlich auskostete. Kopfschütteln beim Koalitionspartner löste dabei vor allem ein Talkshow-Auftritt aus, in dem Rösler Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Frosch in einem Wasserbad verglich, der beim Thema Gauck allmählich gekocht worden sei.

Doch diese Vorgänge spielten beim Koalitionsgipfel keine Rolle – auch wenn der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, vor einigen Tagen noch angemahnt hatte, „die Frage des anständigen Umgangs in der Koalition“ auf die Tagesordnung zu setzen. Strittige Themen wurden bei dem rund zweieinhalbstündigen Treffen ausgespart: die Pflege-Zusatzvorsorge, der von der Union geforderte Mindestlohn ebenso wie die Vorratsdatenspeicherung. Ob sich der Koalitionsausschuss demnächst häufiger treffen wird, wie FDP-Chef Rösler vorher angeregt hatte, blieb offen. Nach der Atmosphäre dieses Abends stehe weiteren Treffen nichts im Wege, sagte Dobrindt lediglich.

Um nach den Querelen der letzten Zeit Arbeitsfähigkeit zu demonstrieren, wurde eine Reihe von Projekten vorbereitet, die in nächster Zeit abgearbeitet werden sollen. Dazu gehört unter anderem ein konkretisierter Fahrplan für die Energiewende. So gaben die Koalitionsspitzen endgültig ihre Zustimmung, zwischen 2012 und 2014 mehr Geld für die energetische Gebäudesanierung auszugeben, pro Jahr 1,5 Milliarden Euro.

Warnschussarrest für jugendliche Gewalttäter

Jugendliche Gewalttäter können künftig trotz einer nur zur Bewährung ausgesetzten Strafe vorübergehend ins Gefängnis kommen – dafür soll es einen sogenannten „Warnschussarrest“ geben. Zu den verabredeten Änderungen im Strafrecht gehören außerdem Änderungen bei der Kronzeugenregelung, mit denen die Möglichkeit von Strafmilderung begrenzt wird. Außerdem sollen kommerzielle Geschäfte mit der Sterbehilfe künftig unter Strafe gestellt werden.

Die Rechte lediger Väter sollen außerdem gestärkt werden. Wenn die Mutter sich nicht mit einem gemeinsamen Sorgerecht einverstanden erklärt, hat der Vater künftig die Wahl, entweder direkt das Gericht anzurufen oder zunächst mit Unterstützung des Jugendamts eine Einigung mit der Mutter zu erzielen. Das Familiengericht entscheidet, wenn die Mutter nicht zustimmt.

Um Verbraucher besser vor dem Kauf riskanter Produkte zu schützen, soll die Stiftung Warentest gestärkt werden. Sie soll zusätzliches Personal und jährlich 1,5 Millionen Euro erhalten, um Finanzprodukte prüfen und bewerten zu können. Die Stiftung soll unter anderem Geldanlageprodukte in Anlagekategorien einordnen und überprüfen, ob Anbieter auch ihre Informationspflichten erfüllen.

Mit einer Grundgesetzänderung will die Koalition mehr Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern in der Bildung ermöglichen: In der Wissenschaftsförderung sollen sie auch bei der institutionellen Förderung von Hochschulen zusammenwirken können. CDU-Generalsekretär Gröhe zeigte sich zuversichtlich, dass die für eine Grundgesetzänderung erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat erreichbar sei.

Mit der geplanten Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GWB) soll nach Angaben von FDP-General Döring die Missbrauchsaufsicht gegenüber Energieunternehmen verschärft werden. Für Presseverlage soll zudem das Urheberrecht im Internet verbessert werden. Gewerbliche Anbieter wie Suchmaschinenbetreiber sollen danach künftig für die Verbreitung von Presseerzeugnissen ein Entgelt an eine Verwertungsgesellschaft bezahlen müssen. Die Verlage sollen damit an den Gewinnen gewerblicher Internet-Dienste beteiligt werden.

Zur Startseite