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Extinction Rebellion-Aktivisten protestieren in London.
© Tolga AKMEN / AFP

Extinction Rebellion in London und Berlin: Klima-Aktivisten in Großbritannien vor Gericht – neue Aktionen geplant

Das Bündnis Extinction Rebellion provoziert – und die Öffentlichkeit schlägt nun auch zurück. Einem Mitglied drohen nun juristische Konsequenzen.

Ein Mitbegründer des Klima-Protestbündnisses Extinction Rebellion (XR) muss sich in Großbritannien vor Gericht verantworten. Roger Hallam soll versucht haben, den Flugverkehr am Londoner Flughafen Heathrow mit einer Drohne lahmzulegen, wie ein Londoner Gericht am Montag erklärte. Der Prozess soll demnach am 17. Februar 2020 beginnen. Der 53-jährige Londoner verfolgte die Anhörung per Videokonferenz aus dem Gefängnis, in dem er seit September in Untersuchungshaft sitzt.

Hallam äußerte sich während der Anhörung nicht zu den Vorwürfen. Er war während einer Protestaktion der Gruppe Heathrow Pause, einem Ableger von Extinction Rebellion, festgenommen worden. Die Aktivisten sind gegen den Bau einer dritten Start- und Landbahn in Heathrow. Sie wollten durch den Einsatz mehrerer Drohnen den Flugverkehr von Europas größtem Flughafen stören. Die Gruppe scheiterte jedoch. Aktivisten vermuten, dass die Polizei Störgeräte einsetzte, sodass die Drohnen nicht abheben konnten.

Unterdessen unternahm die Londoner Polizei Schritte, um die Auswirkungen der Demonstrationen von Extinction Rebellion zu minimieren. Die Klimaaktivisten hatten in der vergangenen Woche zu zweiwöchigen Protesten aufgerufen. Am Montagmorgen blockierten Demonstranten die Straßen im Finanzzentrum von London zur Hauptverkehrszeit. Nach Angaben der Polizei wurden seit Beginn der Proteste mehr als 1300 Menschen festgenommen.

XR-Demonstranten von Zugpendlern angegriffen

In London richtete sich der XR-Protest am Donnerstagmorgen gegen das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel der britischen Hauptstadt: die „Tube“.

Sie zogen damit den Zorn von Pendlern auf sich.

Demnach kletterten in der Rush-Hour mehrere Aktivisten auf das Dach eines U-Bahn-Zuges an der Station Canning Town im Osten der Metropole und entrollten ein Banner.

Der harte Kern der "Aktivisten" sieht sich moralisch in einem Recht, das über den Interessen der Mitmenschen und der Gesellschaft steht. Damit kann man letztlich alles rechtfertigen.

schreibt NutzerIn vikki

Verärgerte Reisende am Bahnsteig warfen erst mit Müll nach den Protestierenden, dann griffen sie nach einem Demonstranten auf dem Dach des niedrigen Zuges und zogen ihn auf den Bahnsteig. Videos im Internet zeigen, wie es zu Handgreiflichkeiten zwischen Pendlern und dem Aktivisten kam. Reisende schlagen den Mann, treten ihn, selbst als er am Boden liegt.

Mitarbeiter der Londoner Transportorganisation und andere Reisende mussten den Demonstranten vor der wütenden Menge schützen.

Bei einem zweiten Protest blockierten fünf Aktivisten die Station Shadwell, ebenfalls im Osten der Stadt. Zwei Personen kletterten hier auf einen Zug des Docklands Light Railway, eine fahrerlose Hoch- und Untergrundbahn. Ein weiterer Demonstrant klebte sich mit einer Hand an die Tür, wie der Guardian berichtete.

Dem Zeitungsbericht zufolge handelte es sich um den 83 Jahre alten Phil Kingston. Er sagte, er tue es für seine Enkelkinder.

„Ich bin sehr besorgt darüber, was in den ärmeren Teilen der Welt passiert, die am stärksten vom Klimawandel betroffen sind“, sagte er. „Ich bin Christ und es macht mich sehr traurig zu sehen, wie Gottes Schöpfung auf der ganzen Welt zerstört wird.“

Aktivisten distanzieren sich von der Aktion

„Deshalb bin ich hier und sehne mich danach, dass die Regierung einige Maßnahmen ergreift, die mit der parlamentarischen Erklärung zum Klima- und Umweltnotstand in Einklang stehen.“

Die Polizei nahm vier Personen bei beiden Protestaktionen fest.

Extinction Rebellion sorgt immer wieder mit der Protestform des zivilen Ungehorsams für Aufsehen. Diesmal jedoch stieß ihre Aktion vor allem auf Unverständnis. „Ist ein elektrischer Zug gut oder nicht?", fragte ein Pendler die Demonstranten in Shadwell. „Ist dieser Zug gut für die Umwelt.“

Ein anderer Reisender beklagte, dass seine Tochter wegen der Aktion in einem Zug zwischen zwei Stationen feststecke. „Die Art und Weise, wie sie es tun, ist nicht richtig.“

Extinction Rebellion teilte in einer Stellungnahme mit, die Maßnahmen sollten zu wirtschaftlichen Störungen in der Hauptstadt führen - um die Regierung zu Maßnahmen im Hinblick für mehr Klimaschutz zu bewegen. Im Osten Londons liegt das Bankenviertel und das wirtschaftliche Zentrum der Metropole.

Bürgermeister verurteilt Protest

Einige Mitglieder von XR distanzierten sich dem Guardian zufolge allerdings von der Aktion. Diese sei autonom von Gruppen innerhalb der Bewegung geplant worden, hieß es.

In einer internen Umfrage unter XR-Mitgliedern, die mit dem Guardian geteilt wurde, zeigten, dass 72 Prozent der Befragten ihre Aktionen unter keinen Umständen gegen das Londoner U-Bahn-Netzwerk richten wollen. Das Ergebnis soll den Mitgliedern schon vor der jüngsten Aktion bekannt gewesen sein, hieß es.

Londons Bürgermeister Sadiq Khan verurteile nachdrücklich die Demonstranten. „Diese rechtswidrige Handlung ist äußerst gefährlich, kontraproduktiv und stört die Londoner, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, auf inakzeptable Weise.“

Eine Aktivistin, die in Canning Town protestierte, aber nicht festgenommen wurde, bedauerte, dass die Pendler betroffen waren.

Neue Aktionen in Berlin geplant

Auch in Berlin wollen Klimaschützer von Extinction Rebellion ihre Aktionen fortsetzen. „Wir sind gekommen, um zu bleiben“, kündigte Clara Thompson am Dienstag in Berlin an. Die Aktivisten wollen sich demnach an Gebäude von Energiekonzernen kleben und in Banken so genannte Die-ins veranstalten, bei denen die Teilnehmer ihren Tod simulieren. Auch am Dienstag seien Aktionen in der Stadt geplant, kündigte ein Sprecher an. Die Demonstranten seien gestärkt aus den Aktionen in den vergangenen Woche in ihre 100 Ortsgruppen zurückgekehrt. Auch dort werde der Protest nun fortgesetzt. (Tsp, AFP, dpa)

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