Politbarometer: Kleiner Silberstreif für Angela Merkel
Die Akzeptanz der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin steigt wieder. Aber eine Mehrheit der Bürger befürwortet Grenzkontrollen und glaubt nicht an Erfolg der Integration von Flüchtlingen.
Erholt sich das Ansehen der Kanzlerin bei den Bürgern wieder? Kommt Angela Merkel langsam wieder auf ihre alten Werte vor der Flüchtlingskrise zurück? Es gibt da im neuesten Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel zumindest einen kleinen Silberstreif: Die Akzeptanz ihrer Flüchtlingspolitik ist im Vergleich zu Anfang Januar gestiegen, von 39 auf 47 Prozent. Allerdings ist immer noch eine Mehrheit von 50 Prozent unzufrieden mit der Regierungschefin (im Januar waren es 56 Prozent). Und immer noch 54 Prozent sind der Meinung, dass Deutschland die vielen Flüchtlinge, die kommen, nicht verkraften könne. 43 Prozent glauben, dass es gehe.
Zwei Drittel der Unions-Anhänger stehen hinter Kanzlerin
Nimmt man die Anhängerschaft der Parteien, dann hat Merkel allerdings eine klare Unterstützung bei potenziellen Wählern der Union (67 Prozent), der Grünen (67 Prozent) und der SPD (55 Prozent). Während Linken-Anhänger gespalten sind, ist die Ablehnung von Merkels Politik vor allem bei möglichen Wählern der FDP (62 Prozent gegen die Kanzlerin) und der AfD (97 Prozent Ablehnung) sehr deutlich. Das zeigt, dass die FDP-Wählerschaft eher nach rechts gerückt ist, und es deutet darauf hin, dass die AfD ihre Stimmengewinne derzeit praktisch nur aus der Unzufriedenheit mit Merkel zieht - sie ist das Sammelbecken der harten Merkel-Gegner. Ähnlich sieht es bei der Frage nach Grenzkontrollen aus. Diese werden vor allem von Anhängern der AfD (90 Prozent) und der FDP (61 Prozent) befürwortet. Die potenziellen Wähler die Union, der SPD und der Linken sind hier ungefähr in der Mitte gespalten, bei den Grünen-Anhängern dagegen wollen nur 26 Prozent Kontrollen an der Grenze gegen weiteren Flüchtlingszuzug. Insgesamt sind 58 Prozent der Befragten für die Wiedereinführung von Grenzkontrollen, selbst wenn das Nachteile beim Reisen und für den Güterverkehr bringt. Einen Erfolg Merkels beim EU-Gipfel, also eine gleichmäßigere Verteilung von Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten der Union, erwarteten nur noch zehn Prozent der Bürger (die Umfrage wurde von Dienstag bis Donnerstag geführt).
Merkels "Rutschpartie" gestoppt?
Dass Merkels demoskopische Rutschpartie möglicherweise am Ende ist, zeigt auch ein anderes Umfrageergebnis: 65 Prozent der Bürger sagen, insgesamt mache die Kanzlerin ihre Arbeit gut, das sind wieder zwei Prozentpunkte mehr als im Januar. Auch hier gibt es eine bemerkenswerte schwarz-grüne Allianz der Zufriedenen (91 Prozent der Unions-Anhänger und 86 Prozent der Grüne-Anhänger bewerten Merkels Arbeit positiv), während sie im SPD-Lager und bei den FDP-Anhängern mit etwa zwei Drittel Zustimmung schon nicht mehr so gut wegkommt. In der potenziellen Linken-Wählerschaft fällen noch 52 Prozent ein gutes Urteil, unter AfD-Anhängern tun das aber nur 16 Prozent. Eine Art Bodenbildung zeigen auch Merkels Werte auf der Skala von minus bis plus fünf: Sie verbessert sich bei allen Befragten leicht auf 1,1 Punkte, bei den Unions-Anhängern wieder auf 3,4. Doch insgesamt ist die Kanzlerin von ihren einstigen Spitzenwerten im Politbarometer einiges entfernt. Vor ihr liegen Außenminister Frank-Walter Steinmeier; der Sozialdemokrat schlägt sich seit Monaten mit einem Wert um 2,0 beständig gut. Auf dem zweiten Platz folgt mit 1,8 Punkten Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), allerdings mit fallender Tendenz. Unter Unions-Anhängern liegt er mit 3,0 jetzt wieder hinter Merkel. CSU-Chef Horst Seehofer kommt auf einen mäßigen Wert von 0,3 Punkten bei allen Befragten und (wegen seiner geringen Sympathiewerte bei CDU-Anhängern) nur auf 1,1 im Unions-Lager. Demoskopisch bringt ihm seine Merkel-Kritik offenkundig nicht viel.
Hat AfD Höhepunkt schon überschritten?
Alles in allem ist die Stimmung für die Union auch weiterhin nicht günstig. Wäre am kommenden Sonntag bereits Bundestagswahl, käme die Union nur noch auf 35 Prozent, ein Minus von einem Punkt. Die SPD dagegen kann sich leicht erholen und käme auf 25 Prozent. Die Linke legt leicht zu (neun Prozent), die Grünen fallen leicht ab (zehn Prozent). Ob die FDP wieder ins Parlament einziehen kann, ist bei fünf Prozent weiterhin nicht sicher, denn es gibt gerade bei den kleinen Parteien einige Unwägbarkeiten in den Umfragen. Die AfD würde bei zehn Prozent landen, doch deutet sich bereits wieder ein leichter Abwärtstrend an. Je nach Entwicklung der Flüchtlingskrise kann das für die Landtagswahlen im März bedeuten, dass am Ende die neue Rechtspartei nicht ganz so stark abschneidet, wie sich das zuletzt angedeutet hat.