Grünen-Chefin Baerbock zu Schul- und Kitagipfel: „Kinder sind das zerbrechlichste Glied unserer Gesellschaft“
Fußball-Bundesliga und Möbelhäuser hätten in der Debatte um Corona-Lockerungen mehr Gewicht gehabt, als die Belange von Kindern, so Baerbock. Sie lädt deshalb zum digitalen Gipfeltreffen.
Grünen-Chefin Annalena Baerbock will am Mittwoch mit Experten über eine Öffnung von Schulen und Kitas nach den Sommerferien beraten. Bis Bundesregierung habe in der Corona-Krise bisher nur zu Spitzentreffen mit der Industrie eingeladen, aber nicht zu einem Schul- und Kitagipfel, kritisierte Baerbock in der „Welt am Sonntag“. „Dazu lade ich jetzt als Oppositionspolitikerin ein.“
Baerbock will demnach am Mittwoch bei einer Online-Konferenz mit Gewerkschaften, Kita-Trägern, dem Grundschullehrerverband und Kinderärzten darüber beraten, „welche Voraussetzungen man schaffen muss, damit Schulen und Kitas nach den Ferien wieder komplett geöffnet werden können und die Gesundheit von Kindern, Erziehern, Lehrerinnen geschützt wird.“
Baerbock kritisiert Debatten um Bundesliga und Shopping
Die Grüne-Vorsitzende bekräftigte die Kritik ihrer Partei am Umgang mit Familien in der Corona-Krise. „Fast jedes zehnte Kind hat während des Lockdowns Gewalt erlebt“, sagte Baerbock.
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„Diese Studien zeigen, wie fatal es ist, dass Kinder und ihre Rechte monatelang keine Rolle spielten. Dabei sind Kinder das zerbrechlichste Glied unserer Gesellschaft. Aber statt die Voraussetzungen zu schaffen, damit Kitas und Schulen als erstes wieder öffnen, wurde ewig über die Öffnung der Fußball-Bundesliga und von Möbelhäusern diskutiert.“
Grünen-Chefin fordert Corona-Elterngeld
Baerbock hält auch den Kinderbonus, den die Bundesregierung in ihrem Konjunkturpaket beschlossen hat, für nicht ausreichend. „Er ist kein Ersatz für eine gute, verlässliche Kinderbetreuung, gemeinsames Lernen und holt Kinder nicht aus der Armut. Dafür bräuchte es eine Kindergrundsicherung, die allen Kindern gibt, was sie zum Leben brauchen“, sagte Baerbock.
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Solange die Schulen und Kitas noch nicht wieder vollständig geöffnet seien, sei zudem ein Corona-Elterngeld nötig, forderte die Grünen-Chefin. „Sonst zerreiben sich Mütter und Väter zwischen Betreuung und Homeoffice, und das vielleicht noch mit der Angst im Nacken, gekündigt zu werden.“ Auch hätte der Bund aus ihrer Sicht mit den Ländern einen Extra-Fonds auflegen müssen, damit Kindergärten und Schulen zusätzliches Personal bekommen. (AFP/dpa)