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Dennis Rodman in Nordkorea: Kim Jong Uns unglücklicher Geburtstag

Der Ex-Basketballspieler Dennis Rodman spielte zu Ehren seines "Freundes", Nordkoreas Diktator Kim Jong Un, in Pjöngjang. Aber das Geburtstagsgeschenk könnte sich als Mogelpackung erweisen.

Vermutlich hatten es sich beide etwas anders vorgestellt. Dennis Rodman dürfte auf bessere Publicity gehofft haben und hat vielleicht wirklich an seine "Basketball-Diplomatie" geglaubt. Was der Diktator Kim Jong Un gedacht hat, weiß man erst recht nicht, aber bestimmt nahm er nicht an, dass der Besuch des US-Sportlers an seinem Image kratzen könnte. Genau das aber kann die Folge des Geburtstags-Auftritts in Pjöngjang sein, glauben Nordkorea-Experten.

Dennis Rodman war in den 90er Jahren ein sehr guter US-Basketballspieler, fünfmaliger NBA-Champion, berühmt bei den Fans für sein exzentrisches Auftreten und gefürchtet bei seinen Gegnern für fiese Fouls. Heute ist der 52-jährige Rodman immer noch höchst exzentrisch, aber seit dem Ende seiner Karriere als Profisportler vor 13 Jahren nicht mehr mit Erfolgen aufgefallen.

Kim Jong Un ist seit dem 8. Januar 31 Jahre alt, vielleicht auch 32, selbst das bleibt geheimnisvoll. In Physiognomie, Haarschnitt und Kleidung ist er ganz der Großvater: Kim Il Sung, nach dessen Geburtsjahr Nordkorea seine Zeit rechnet. Es schreibt nun das Jahr Juche 103. Als Kim Jong Uns Vater Kim Jong Il vor zwei Jahren starb, war die Hoffnung, der Machtwechsel könne eine Öffnung des Landes bringen. Doch Nordkorea ist nach wie vor ein totalitärer Einheitsstaat, mit täglichen Menschenrechtsverletzungen, Arbeitslagern und Massenhinrichtungen. Die an die stalinistischen Schauprozesse erinnernde Hinrichtung eines Onkels von Kim Jong Un hat gerade noch einmal gezeigt: von Tauwetter keine Spur.

Rodman auf den Spuren von Marylin

Trotzdem besucht der frühere Basketball-Star Rodman nun schon zum vierten Mal innerhalb von zwölf Monaten seinen - wie er sagt - "Freund" Kim Jong Un in Pjöngjang. Diesmal brachte er sogar eine Reihe früherer Kollegen mit. Alle sind nicht mehr besonders erfolgreich, manche haben schwere Geld- und Alkoholprobleme. Dieses Dream-Team hat am Mittwoch zu Ehren von Kim Jong Un an dessen Geburtstag gegen eine nordkoreanische Auswahl gespielt.

Vor dem Spiel sang Dennis Rodman ein "Happy Birthday" für den "dear Marshall". Angesichts der perfekt choreographierten und auf Einheitlichkeit getrimmten Auftritte nordkoreanischer Künstler und Artisten zu anderen Gelegenheiten fragt sich, was sich die Gäste in der großen Halle des Volkes bei dem unmelodiösen Brummeln des mit Sonnenbrille und Piercings auftretenden Hünen gedacht haben könnten.

Nichts Gutes, ist sich Hanns Günther Hilpert sicher, Nordkorea-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Was die Wirkung des Auftritts und des Besuches generell auf die nordkoreanische Öffentlichkeit betrifft, sagt er: "Etwas Subversiveres kann man sich nicht vorstellen." In einem Staat der Gedankenkontrolle und des Einheitsauftretens, in dem selbst das Tragen einer Baseball-Mütze ein Mädchen aus Pjöngjang ins Gefängnis gebracht hat, muss jemand wie Dennis Rodman auf die Menschen wie ein Außerirdischer wirken. Dass ihr Führer mit so jemandem zusammensitzt und scherzt, das "verstehen die Leute nicht", so Hilpert. "Damit unterminiert Kim Jong Un selbst die geistigen Grundlagen des Regimes."

Ähnlich sah das Brian Myers, ein Amerikaner, der an der Dongseo-Universität im südkoreanischen Busan unterrichtet, schon im Herbst bei einem der vorangegangenen Rodman-Besuche. Er schloss daraus zweierlei: Erstens, dass Kim Jong Un in Nordkorea wirklich den Ton angibt. "Denn", so Myers zum Online-Portal nknews.org, "wenn irgendjemand anderes für ihn entscheiden würde, hätte ihn niemand etwas so dummes tun lassen."

Wenn man seinem Volk zeigen wolle, dass man ausländische Bewunderer habe, sollte man sich nicht einen gepiercten Ex-Sportler einladen, der nicht einmal Mütze und Sonnenbrille abnimmt, wenn er sich mit einem zeigt, so Myers. Vielmehr könne dies die Anti-Amerika-Propaganda des Regimes schwächen, sagt Hanns Günther Hilpert. Für Pjöngjang sind Amerikaner grundsätzlich die kriegslüsterne Inkarnation des Bösen.

Dennis Rodman - oder jemandem aus seiner Entourage - dürfte langsam gedämmert sein, dass der Trip nicht ganz so verlaufen ist wie geplant. So wurde am Donnerstag ein Statement veröffentlicht, in dem sich Rodman für ein Fernsehinterview mit CNN vom Dienstag entschuldigt. Der Moderator hatte ihn zu der Kritik an seinem Nordkorea-Besuch und dem dort inhaftierten Amerikaner Kenneteh Bae befragen wollen. Rodman antwortete mit zusammenhanglosen Obszönitäten. Am Donnerstag hieß es nun, es tue ihm alles furchtbar leid, es sei für ihn ein sehr aufreibender Tag gewesen, und er habe getrunken.

Ob diese Stellungnahme wirklich von Rodman selbst kam, war am Donnerstag nicht festzustellen. Rodman habe, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters, weder auf Telefonanrufe noch Emails reagiert. Vielleicht war er auch schon unterwegs zu einem weiteren Programmpunkt seines Besuches.

Denn der Ex-Basketballer sollte noch das neu angelegte Masik Ski-Ressort besuchen. Das Vorzeige-Projekt von Kim Jong Un dürfte mehrere hundert Millionen Dollar gekostet haben, vermuten südkoreanische Experten. Vor wenigen Tagen tauchten sogar Bilder auf, die hochmoderne Gerätschaften unter anderem aus Deutschland und Italien für die Pistenberabeitung zeigten - was gegen das UN-Embargo von Exporten von Luxusgütern nach Nordkorea verstoßen würde.

Kim Jong Un treibt mehrere solcher teuren Großprojekte voran. Im Gegensatz dazu lebt der größte Teil der nordkoreanischen Bevölkerung in äußerst kargen Verhältnissen. Mangelernährung und stundenlange Stromausfälle sind selbst in der Hauptstadt nichts Ungewöhnliches.

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