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Nordkorea stört sich an den Positionen von neuen US-Sicherheitsberater John Bolton (r.).
© AFP/Saul Loeb

Atomstreit mit Nordkorea: Kim Jong Un will nicht wie Gaddafi enden

Nordkorea weist die Forderungen von US-Sonderberater John Bolton empört zurück und droht, den Gipfel mit Donald Trump abzusagen. Der erneuert die Forderung nach Denuklearisierung.

Es wirkte ein bisschen seltsam, als sich Nordkoreas Staatsmedien am Dienstag plötzlich über die Militärübung „Max Thunder“ empörten. Die gemeinsamen Militärmanöver der USA und Südkoreas sollten der Grund dafür sein, warum Nordkoreas Diktator Kim Jong Un das geplante Gipfeltreffen mit den USA platzen lassen könnte. Zugleich sagte Pjöngjang ein geplantes Diplomaten-Treffen mit Südkorea ab. Dabei war dieses erst vereinbart worden, nachdem die jährlich stattfindende gemeinsame Übung der südkoreanischen und US-amerikanischen Militärs mit rund 100 Kampfflugzeugen begonnen hatte. Zudem soll Kim Jong Un nach südkoreanischen Angaben im April zugesichert haben, sich im Gegensatz zu früheren Jahren nicht an den Militärübungen stören zu wollen. Diese Merkwürdigkeiten stützen daher die Annahme, dass es Nordkorea in Wirklichkeit um etwas ganz anderes geht.

Nach Monaten der Entspannung und Friedensbemühungen verschärft Nordkoreas Diktator Kim Jong Un erstmals seit den Olympischen Winterspielen in Südkorea wieder den Ton. Woran sich das Regime in Pjöngjang vielmehr stört, machte Nordkoreas Vize-Außenminister Kim Kye Gwan in einer ebenfalls am Dienstag von der staatlichen Nachrichtenagentur KCNA verbreiteten Botschaft deutlich: Es geht um die Positionen des US-Sicherheitsberaters John Bolton.

Dieser hatte im US-Fernsehen erklärt, dass alle Atombomben des Nordens nach Knoxville, Tennessee, zur Zerstörung gebracht werden müssten. Erst dann könnten die USA wirtschaftliche Sanktionen gegenüber Nordkorea aufheben. Seine Ideen wirkten zum Teil wie Kapitulationsforderungen. Zumal Bolton bereits mehrfach erklärt hatte, dass die atomare Abrüstung Nordkoreas dem „Modell Libyen“ folgen müsse.

Nordkoreas Vize-Außenminister äußerte sich nun empört darüber. Es sei „vollkommen absurd, die Volksrepublik, einen Atomwaffenstaat, mit Libyen zu vergleichen, das auf einer anfänglichen Stufe zu einer Atommacht stand“, sagte Kim. „Die Welt weiß nur allzu gut, dass unser Land weder mit Libyen noch mit dem Irak zu vergleichen ist, die beide ein trauriges Schicksal erlitten hatten.“ Libyen hatte vor 15 Jahren erklärt, seine Massenvernichtungswaffen im Gegenzug für die Aufhebung von Sanktionen zerstören zu wollen. Langzeitmachthaber Muammar al Gaddafi wurde später im Zuge von landesweiten Aufständen getötet. Das nordkoreanische Regime hingegen betrachtet sein fortgeschritteneres Atomprogramm auch als Absicherung der eigenen Macht.

Kim Kye Gwan warf daher der Regierung in Washington vor, sein Land in eine Ecke treiben zu wollen, um es zum einseitigen Verzicht auf Atomwaffen zu zwingen. In diesem Fall werde Nordkorea keine andere Wahl haben, „als das Zustandekommen des nordkoreanisch-amerikanischen Gipfels zu überdenken“, wurde Kim am Mittwoch von den Staatsmedien zitiert.

Was unter "kompletter Denuklearisierung" zu verstehen ist, darüber wird verhandelt

Trump hatte stets deutlich gemacht, dass Nordkoreas Wille zur atomaren Abrüstung Voraussetzung für den in Singapur am 12.Juni geplanten Gipfel ist. Diesen Anspruch erneuerte der amerikanische Präsident nach der Drohung Nordkoreas am Mittwoch. Dessen Machthaber hatte sich bei seinem Gipfeltreffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In Ende April auch zu einer „kompletten Denuklearisierung“ bereiterklärt. Was genau darunter zu verstehen ist, darüber wird zurzeit verhandelt. Die USA verlangen von Nordkorea einen vollständigen, überprüfbaren und nicht mehr umkehrbaren Abbau seines Atomprogramms.

Nordkoreas Vize-Außenminister erklärte, dass es Pjöngjang kategorisch ablehne das komplette Atomwaffenarsenal des Landes im Gegenzug für Wirtschaftshilfen aufzugeben. Nordkorea habe niemals die eigene Wirtschaftsentwicklung an die Unterstützung durch die USA geknüpft. „Und wir werden uns auch künftig niemals auf solch einen Deal einlassen,“ sagte Kim. Auch Donald Trumps wiederholte Darstellung, Druck und Sanktionen hätten die jüngste Verhandlungsbereitschaft Nordkoreas bewirkt, widerspricht der Vize-Außenminister vehement. „Im Moment verfälschen die USA die großmütigen und großzügigen Initiativen Nordkoreas in ein Zeichen von Schwäche und sie versuchen, diese auszuschmücken und anzupreisen, als ob sie ein Produkt ihrer Sanktionen und des Drucks wären“, sagte Kim.

Washington spielte am Mittwoch John Boltons Äußerungen herunter. Wie „CNN“ berichtet, erklärte Trumps Sprecherin Sarah Sanders, sie habe nicht gehört, dass das „Modell Libyen“ Teil der Diskussionen sei. „Daher bin ich mir nicht bewusst, dass das ein Modell ist, das wir benutzen“, sagte Sarah Sanders. Zuvor hatte das US-Außenministerium bereits verkündet, dass es die Planungen für das Treffen von Präsident Trump und Kim Jong Un weiter vorantreibe. Chinas Außenamtssprecher Lu Kang rief Nordkorea und die USA dazu auf, die Chance auf Frieden nicht zu gefährden.

Auch ein Zugeständnis hat Nordkorea offenbar erreicht. Wie die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am Mittwoch berichtete, wollen die USA beim „Max Thunder“-Manöver auf ihre B-52-Langstreckenbomber verzichten. Offenbar wollen die Militärs Nordkorea nicht einen weiteren Grund zur Verärgerung bieten. (mit dpa)

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