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Er ist wieder da. Kim Jong Un (Mitte) gibt weiter Anweisungen.
© dpa/KCNA

Nach wochenlangen Spekulationen über den Diktator: Kim Jong Un lebt und raucht

Die Aufregung um einen Schusswechsel wäre größer, wenn Nordkoreas Staatsmedien nicht am Vortag die Spekulationen um Kim Jong Uns Gesundheit beendet hätten.

Berlin – Am Sonntag haben mehrere Schüsse aus Nordkorea eine südkoreanische Wachpostenstation in der entmilitarisierten Zone zwischen beiden Ländern getroffen. Südkoreanische Soldaten zählten nach Angaben der Nachrichtenagentur Yonhap vier Einschlusslöcher. Die Soldaten antworteten mit Warnungen über Lautsprecher und gaben ihrerseits 20 Schüsse in Richtung des nordkoreanischen Gebietes ab. Über Sachschaden oder Verletzte wurde zunächst nichts bekannt. Es war der erste Schusswechsel seit 2017, als ein nordkoreanischer Soldat in den Süden geflohen war. Nach Angaben eines ungenannten südkoreanischen Offiziers könnte es sich diesmal um ein Versehen der nordkoreanischen Grenztruppe gehandelt haben. „Es sieht nicht nach einer absichtlichen Provokation aus“, wird er von Yonhap zitiert.

Die Aufregung um den Vorfall wäre sicherlich größer, wenn nicht am Vortag Nordkoreas Staatsmedien den Spekulationen um den schlechten Gesundheitszustand des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Un und eine daraus folgende Instabilität seines totalitären Landes ein glaubhaftes Ende bereitet hätten.

Die Medien veröffentlichten Bilder vom 1. Mai, auf denen Kim Jong Un gut gelaunt vor rund einhundert Untergebenen eine Düngemittelfabrik eröffnete. Damit hat der übergewichtige Machthaber mindestens jene Meldungen, wonach er gestorben sein könnte, eindeutig widerlegt. Und auch eine schiefgelaufene Herzoperation scheint als Ursache für seine fast dreiwöchige Abwesenheit nicht mehr so wahrscheinlich.

Zwar könnte es sich bei einer kreisrunden Wunde am rechten Unterarm, die auf einigen Bildern zu sehen war, um eine arterielle Punktion handeln. „Diese wird häufig dafür benutzt, um Zugang zur Koronararterie zu bekommen, um einen Stent zu platzieren“, wird ein US-amerikanischer Arzt von der Webseite „NK News“ zitiert. Doch nach Informationen aus dem südkoreanischen Präsidentenpalast scheint sich der Diktator überhaupt keiner Operation unterzogen zu haben. Kim Jong Un habe noch nicht einmal einen kleineren Eingriff erlebt, sagte ein hoher Beamter aus dem Präsidentenbüro der Nachrichtenagentur Yonhap. Was die Grundlage dieser Erkenntnisse seien, wollte er nicht mitteilen.

Auch über eine mögliche Covid-19-Erkrankung war in Kim Jong Uns Abwesenheit spekuliert worden. Doch weil der Kettenraucher auf den Bildern erneut zu Zigaretten greift, scheint er zumindest aktuell keine gravierenden Probleme mit seiner Lunge zu haben. Es ist weiterhin völlig unklar, ob und wie weit sich das Coronavirus in Nordkorea verbreitet hat. Viele Indizien deuteten zuletzt auf einen Aufenthalt des Diktators in seinem Ferienhaus in der Hafenstadt Wonsan hin, weshalb auch gemutmaßt wurde, dass er womöglich einem größeren Covid-19-Ausbruch in der Hauptstadt Pjöngjang entfliehen wollte. Auf den Bildern aus der Düngemittelfabrik waren aber nur im Hintergrund Wachposten mit Mundschutz zu erkennen.

Nordkoreas Staatsmedien gaben keine Erklärung für die nach 2014 bereits zweite längere Abwesenheit ihres Machthabers. Die Gesundheit des stark übergewichtigen sowie auch übermäßig Alkohol und Zigaretten konsumierenden 36-Jährigen dürfte auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus aber bleibt die Erkenntnis, dass man weiterhin viel zu wenig über Nordkorea weiß. „Dieser ganze Rummel hat unsere Schwächen bei der Aufklärung und der Berichterstattung offengelegt“, schreibt die Nordkorea-Expertin Jean H. Lee auf Twitter. „Nordkorea ist ein Ort, der nur schwer zu durchschauen ist.“ Benedikt Voigt

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