Gaza-Konflikt: Kerry legt Vorschlag für Waffenruhe im Gazastreifen vor
Während US-Außenminister Kerry einen neuen Vorschlag für eine Waffenruhe vorlegt, hält Israel am Gaza-Einsatz fest. Die Zahl der zivilen Opfer steigt auf mehr als 800.
US-Außenminister John Kerry hat Medienberichten zufolge einen Vorschlag für eine Waffenruhe im Gazastreifen ausgearbeitet. Wenn die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas den Plan annehme, könne möglicherweise am Freitag auch auf israelischer Seite eine entsprechende Entscheidung fallen, hieß es im israelischen Radio unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsbeamten. Die Zahl der durch die israelische Militäroffensive getöteten Palästinenser stieg unterdessen auf mehr als 800. Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete, das Sicherheitskabinett werde um 13.30 Uhr (12.30 MESZ) in Tel Aviv zusammentreten. Unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Regierungsvertreter schrieb die Zeitung, Kerry habe seinen Entwurf bereits beiden Seiten vorgelegt. Die Zeitung und der Rundfunk berichteten übereinstimmend, die Feuerpause sei zunächst auf einige Tage begrenzt. In diesem Zeitraum dürften die israelischen Streitkräfte aber weiterhin Tunnel der Hamas zerstören.
UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge erhob Vorwürfe gegen israelische Streitkräfte
Gleichzeitig sollten die Konfliktparteien mit Unterstützung von Europäischer Union und USA indirekte Verhandlungen über eine längerfristige Lösung aufnehmen. Die von Kerry geführten Gespräche verliefen "sehr kompliziert", sagte die stellvertretende Sprecherin des US-Außenministeriums, Marie Harf. Kerry hält sich seit Montag im Nahen Osten auf, um Israel und die Hamas von einer Feuerpause zu überzeugen. Bislang führten seine Bemühungen noch zu keinem Ergebnis. Die USA unterstützen grundsätzlich eine ägyptische Initiative, die eine Rückkehr zur Waffenruhe nach der letzten Gewalteskalation im November 2012 vorsieht. Beim Beschuss einer von den Vereinten Nationen betriebenen Schule im Gazastreifen tötete die israelische Armee nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte am Donnerstag 15 Menschen und verletzte weitere 200. "Es gab viele Tote, darunter Frauen und Kinder und UN-Mitarbeiter", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erhob indirekt Vorwürfe gegen die israelischen Streitkräfte. In dem Gebäude hatten Palästinenser Zuflucht vor den anhaltenden israelischen Angriffen gesucht. Nach Angaben der palästinensischen Rettungskräfte kamen bei Luftangriffen der israelischen Armee im Gazastreifen am Donnerstag insgesamt 98 Menschen ums Leben, unter ihnen mehrere Kinder. Am Freitag wurden bei einem israelischen Angriff auf ein Haus in Deir al-Balah im südlichen Gazastreifen eine 26-jährige und eine schwangere 23-jährige Frau getötet. Auch zwei beim Beschuss von Chan Junis verletzte Palästinenser starben. Am 18. Tag der israelischen Militäroffensive erhöhte sich damit die Zahl der in dem schmalen Küstengebiet getöteten Palästinenser auf 804, zum allergrößten Teil Zivilisten. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef wurden 181 Kinder getötet und 1200 verletzt. Auf israelischer Seite wurden 32 Soldaten sowie drei Zivilisten getötet. 110.000 Einwohner des Gazastreifens suchten vor den Angriffen Schutz in UNRWA-Schulen. Unicef zufolge wurden im Gazastreifen seit dem 8. Juli 116 Schulen, davon 75 des UNRWA, beschädigt.
Tote bei Protesten im Westjordanland
Proteste gegen Israels Militäroffensive im Gazastreifen sind in der Nacht auf Freitag im Westjordanland in Gewalt umgeschlagen. Palästinensischen Rettungskräften zufolge starben bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften mindestens zwei Palästinenser, Dutzende wurden verletzt. Mehrere schwebten in Lebensgefahr, sagte Samir Saliba, Leiter der Notaufnahme einer Klinik in Ramallah. Auf israelischer Seite seien 13 Polizisten leicht verletzt worden, hieß es in israelischen Medienberichten. Die Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte am Kontrollposten Kalandia zwischen Ramallah und Jerusalem demnach mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Reifen wurden in Brand gesteckt. Die Sicherheitskräfte feuerten der Nachrichtenseite „ynet“ zufolge unter anderem mit Gummigeschossen zurück.
Wie die Zeitung „Jerusalem Post“ berichtete, eskalierte der Protest, nachdem Tausende Anhänger der Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas von Ramallah aus an die nördlichen Randgebiete Jerusalems zogen, um gegen die seit mehr als zwei Wochen andauernde Gaza-Offensive des israelischen Militärs zu demonstrieren. Den Berichten zufolge kam es unter anderem auch am Tempelberg in Jerusalem zu Auseinandersetzungen.
Bei der Gewalt zwischen Israelis und radikalen Palästinensern starben seit dem 8. Juli insgesamt mehr als 800 Menschen, vor allem Zivilisten. Tausende wurden verletzt.
Bei dem folgenreichsten israelischen Angriff am Donnerstag starben in einer UN-Schule voller Flüchtlinge nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen. Israel begründet die Offensive mit dem fortwährenden Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nannte die Situation nach einem Treffen mit US-Außenminister John Kerry im ägyptischen Kairo inakzeptabel. Die Kämpfe müssten sofort beendet werden und ein Dialog beginnen. (dpa)