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Die EU fährt einen Schlingerkurs gegenüber Russland.
© dpa

EU-Sanktionen gegen Russland: Keine Konten in Deutschland eingefroren

Die bisher von der EU verhängten Strafmaßnahmen gegen Russland wegen der Besetzung der Krim sind weitgehend symbolisch  - in Deutschland wurde kein einziges Konto eines Verantwortlichen eingefroren.

Die von der Europäischen Union als Reaktion auf die Krim-Krise verhängten Sanktionen sind in Deutschland nach Informationen des Tagesspiegels folgenlos geblieben. Die EU hatte im März beschlossen, Konten und Vermögenswerte von insgesamt 33 Personen aus Russland und der Ukraine zu sperren, die für die Eskalation auf der Krim verantwortlich gemacht werden. In Deutschland wurde allerdings kein einziges Konto eingefroren, wie eine Abfrage der Bundesbank bei den Kreditinstituten ergab. Die gelisteten Personen besäßen keine Konten in Deutschland, bestätigte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums dem Tagesspiegel.  An diesem Montag beraten die EU-Außenminister über eine Ausweitung der Sanktionen auf einen größeren Personenkreis.

Auch in anderen EU-Ländern nur geringe Auswirkungen

Von den bisherigen EU-Sanktionen betroffen sind Politiker von der Krim, Abgeordnete der russischen Staatsduma sowie hochrangige Offiziere des russischen Militärs, darunter der Kommandeur der russischen Schwarzmeerflotte.  Neben der Sperrung möglicherweise vorhandener Konten dürfen diese Personen nicht mehr in die EU einreisen. Wenige Tage nach der Verhängung der Strafmaßnahmen gegen zunächst 21 Personen erweiterte die EU die Sanktionsliste um weitere 12 Namen. Auf dieser zweiten Liste stehen Russlands stellvertretender Regierungschef Dmitri Rogosin, die Präsidentenberater Wladislaw Surkow und Sergej Glasjew sowie die Vorsitzende des russischen Föderationsrats, Walentina Matwijenko. 

Auch in anderen EU-Ländern haben die Sanktionen bisher offenbar keine oder kaum Auswirkungen gehabt. In Lettland, einem Land mit traditionell großer russischsprachiger Minderheit, wurde beispielsweise nur ein einziges Konto mit einem sechsstelligen Eurobetrag eingefroren. 

EU-Sanktionen größtenteils symbolisch

In Brüssel macht man sich keine Illusionen darüber, dass die Antwort der EU auf die Annexion der Krim durch Russland größtenteils symbolisch ist. Die bisherigen Sanktionen seien „zahnlos“, sagt ein EU-Diplomat. Sie sollten aber zeigen, dass die EU das Vorgehen Moskaus nicht nur in Erklärungen verurteile, sondern auch zum Handeln bereit sei. 

Wirtschaftssanktionen gegen Russland wären möglich

Doch der eigentliche Testfall für die gemeinsame Russlandpolitik der Europäischen Union steht noch bevor, besonders angesichts der neuen Eskalation im Osten der Ukraine: In einer weiteren Stufe könnten die Mitgliedstaaten Wirtschaftssanktionen gegen Russland beschließen. „Wir hoffen allerdings, dass wir dazu nicht gezwungen sind“, betont der EU-Diplomat. In mehreren Mitgliedstaaten gibt es massive Vorbehalte gegen diesen Schritt, weil Schaden für die eigene Wirtschaft verhindert werden soll.  So fürchten die Briten um den Finanzplatz London, wo zahlreiche russische Oligarchen investieren. Auch Vertreter der deutschen Wirtschaft warnen vor weitreichenden Handelssanktionen. Diese stehen am Montag auch nicht auf der Tagesordnung der EU-Außenminister. „Die Arbeit an den Vorschlägen läuft noch“, heißt es beim Europäischen Auswärtigen Dienst. 

Tatsächlich hat die EU das Mittel gezielter Finanzsanktionen, von denen nicht ganze Wirtschaftszweige, sondern Einzelpersonen betroffen wären, bisher nicht ausgeschöpft.  Denn diejenigen aus der russischen Führungselite, von denen bekannt ist, dass sie Vermögen im Ausland haben oder deren Familienangehörige in der EU leben, fehlen auf den EU-Listen. Anders als die USA sah die EU bisher auch davon ab, Sanktionen gegen russische Oligarchen zu verhängen.

In den vergangenen Tagen wurde in Brüssel offenbar an einer neuen Namensliste gearbeitet, die den Kreis der von Sanktionen Betroffenen erheblich erweitern würde. Noch am Freitag hieß es, dass die EU-Außenminister darüber nur beraten, aber noch nicht entscheiden würden.  Die angespannte Lage im Osten der Ukraine und die offensichtliche Rolle, die Russland dabei spielt, könnte die EU-Außenminister allerdings nun zum Handeln zwingen.

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