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Die Kurden haben in Trumps Ankündigung, die 2000 US-Soldaten nach Hause zu holen, einen Verrat gesehen.
© picture alliance / dpa

Kurden: Keine Freunde außer den Bergen

Vom Westen im Stich gelassen, gehören die Kurden in Syrien erneut zu den Verlierern. Dabei haben sie großen Einsatz gezeigt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Muhamad Abdi

Es scheint eine der tragischen Grundregeln im Nahen Osten zu sein: Die Kurden werden seit Ende des Ersten Weltkriegs in jeden Konflikt hineingezogen und sie sind am Ende immer die Verlierer. Auch diesmal sieht es nicht so aus, dass sie am Ende des Syrienkriegs endlich ihren Frieden finden könnten.

Spätestens seit dem angekündigten Abzug der US-Truppen aus Syrien durch US-Präsident Donald Trump im Dezember gilt erneut das kurdische Sprichwort: "Wir haben keine Freunde außer den Bergen". Auch wenn Trumps Sicherheitsberater John Bolton jetzt auf seiner Reise nach Israel und in die Türkei vor einem Abzug der US-Soldaten Schutzgarantien für die kurdischen Milizen YPG und SDF gefordert hat, sollten sich die Kurden lieber nicht auf die Trump-Administration verlassen. Was der türkische Präsident Erdogan von dieser Forderung hält, ließ er unmissverständlich erkennen, als er am Dienstag ein geplantes Treffen mit Bolton platzen ließ. Stattdessen kündigte er im Parlament in Ankara an, er wolle so schnell wie möglich gegen "diese Terrororganisationen in Syrien vorgehen".

Zu Recht haben die Kurden schon in Trumps Ankündigung, die 2000 US-Soldaten nach Hause zu holen, einen Verrat gesehen. Der US-Präsident hat sich für das Schicksal der Kurden nie ernsthaft interessiert, Bolton betreibt jetzt bestenfalls Schadensbegrenzung. Dabei waren es die Kurden, die in Syrien den Islamischen Staat bekämpft haben. Tausende ihrer Soldaten bezahlten dafür mit dem Leben und Zehntausende wurden verletzt. Kommt es zum US- Abzug, werden die kurdischen Kämpfer von allen Seiten von den in der Region dominierenden türkischen, iranischen, syrischen und russischen Truppen bedroht. Die größte Gefahr stellt derzeit die Türkei dar. Schon jetzt sammelt Erdogan Truppen an der Grenze, um so bald wie möglich anzugreifen.

Um das zu verhindern, bleibt den Kurden nichts anderes übrig, als die Rückkehr der Truppen des von Russland unterstützten syrischen Diktators Baschar al Assad in das von ihnen kontrollierte Gebiet zu akzeptieren. Eine Entscheidung, von der vor allem Wladimir Putin profitierte, weil er Assad die Kontrolle in den Kurdengebieten verschaffte, einen türkisch-kurdischen Konflikt verhinderte und erneut unter Beweis stellte, dass er der eigentliche Herrscher Syriens ist.

Für die Kurden heißt das, dass sie trotz ihres Ende 2017 im Nordirak abgehaltenen Unabhängigkeitsreferendums vom Westen keine ernsthafte Unterstützung für die Gründung eines eigenen Staates erhalten werden. Wenn sie in Ruhe und Frieden in der Region leben wollen, sollten sie diesen Traum aufgeben und sich stattdessen mit ihren Mitmenschen, den Arabern, den Türken und den Persern, bestmöglich arrangieren. Um nicht erneut zum Spielball der Großmächte zu werden, sollten sich ihre Entscheidungsträger in zukünftigen Konflikten am besten neutral verhalten, statt sich an Schlachten zu beteiligen und ihre Jungen leichtsinnig in den Tod zu schicken.

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