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Wohin des Wegs? Bernd Lucke hat sich schon entschieden.
© dpa

Nach dem Austritt von Bernd Lucke: Kein rechter Erfolg für die AfD

Die Abspaltung des gemäßigten Flügels um Ex-Chef Bernd Lucke wird die AfD erst recht zu einer Partei für die pöbelnden Wutbürger machen. Trotzdem droht die AfD nicht nur an sich selbst zu scheitern. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Leber

Deutschland ist in Europa ein Sonderfall. Fast überall gibt es Parteien rechts von der Christdemokratie. Ob sie Front National heißen, FPÖ oder Dänische Volkspartei. Doch was heißt rechts? Bernd Lucke, der jetzt ausgetretene Gründungsvater der AfD, hat diesen Begriff für seine Partei immer abgelehnt. Seine Nachfolgerin Frauke Petry hält es ebenso. Aus ihrer Sicht ist „rechts“ ein Kampfbegriff, der allein der Diffamierung dient. Anderswo gilt die Vermeidung einer klaren politischen Positionierung als Erfolgsrezept, Unschärfe ist ja gerade das Markenzeichen von Populisten. Bei der AfD aber war das nicht der Fall. Früh schon musste die Partei sich den Vorwurf einer Unterwanderung von rechts gefallen lassen. Aus zwei Gründen trat die dann tatsächlich ein: weil Professor Lucke, wohl wissend um die Sprödigkeit seiner Person, Bierzeltstimmung verbreiten wollte und damit ein äußerst zweifelhaftes Publikum anlockte. Aber auch, weil die AfD es nie aus sich selbst heraus vermochte, einen zeitgemäßen Konservatismus zu entwerfen. Stattdessen wurde sie von außen definiert. Gerade weil das Feld rechts neben der Union historisch kontaminiert ist, war die anfangs moderate AfD für all jene attraktiv, deren Standort politisch nicht gesellschaftsfähig ist. Petry ist auch deshalb Vorsitzende geworden, weil sie das Bild von der AfD als einer Opferpartei kultivierte. Selbst Führungskräfte der AfD, die sich ohne Weiteres Gehör verschaffen können, beklagen eine angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit. So sehr dies Unfug ist, so sehr schuf dieser Glaube ein Paralleluniversum, aus dem die Partei kaum noch herausfinden wird – zumindest im Westen nicht.

Die AfD und die anderen

Mit der Selbstzerstörung der AfD kann sich vor allem die Union in ihrer Strategie des Totschweigens bestätigt fühlen. Doch das Fehlen einer bei Wahlen dauerhaft erfolgreichen Rechtspartei ist auch in Deutschland kein Naturgesetz. Theoretisch ließen sich auch hier aus den Themen EU-Skepsis, Migrationskritik und Abstiegsängsten Wählerstimmen gewinnen: Aus Sicht der Meinungsforscherin Renate Köcher ist jeder fünfte Deutsche für diese Mischung empfänglich. Der AfD prophezeite sie eine längerfristige Perspektive. Das allerdings zu Zeiten, als der Spagat zwischen Protestbewegung und Expertenklub, zwischen Unterschichten- und Professorenpartei noch gelang. Und selbst da war der Sprung in die Parlamente alles andere als sicher. Petry mag sich selbst als Vertreterin des Bildungsbürgertums empfinden. Die Abspaltung des gemäßigten Flügels um Lucke aber wird ihr gar keine andere Wahl lassen, als zum Sprachrohr mehr oder weniger pöbelnder Wutbürger zu mutieren.

Zumal die AfD nicht nur an sich selbst zu scheitern droht. Ihr Niedergang hat auch mit dem politischen System zu tun. Dessen Widerständigkeit gegen Rechtspopulisten rührt nicht allein aus der Geschichte. Einerseits ist auch „Systemparteien“ wie der SPD Populismus nicht fremd – was deren Parteichef gerade bei den Themen Pegida und „Grexit“ bewies. Andererseits ist die deutsche Politik in Sachen Einwanderung, dem aktuellen Großthema der AfD, durchaus zu Veränderungen fähig – auch wenn sie eine offene Debatte darüber vermeidet. Das wurde schon 1992 mit der Asylrechtsänderung deutlich und wird in Zukunft mit einem Gesetz zur geordneten Einwanderung der Fall sein. Und das ist schließlich, was die AfD schon immer gefordert hat.

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