Der lange Sommer der Migration: Kann sich 2015 wirklich wiederholen?
Unser Leser, der Flüchtlingsberater Marcus Franke, schildert seine Perspektive auf die Debatten zu Flucht und Migration seit 2015.
Seit 2014 kommentiere ich unter den Artikeln des Tagespiegels. Von Beginn an war mein Schwerpunkt das Thema Migration und Flucht. Ich bin seit 2010 aktiv in der Unterstützung Geflüchteter. Im Mai 2015 wurde aus meinem zivilgesellschaftlichen Engagement ein Beruf; ich wurde Berater für Geflüchtete bei einem Wohlfahrtsverband in Nordrhein-Westfalen.
Zu meiner Arbeit gehörten unter anderem die Beratung im Asylverfahren sowie die Beratungen zu Aufenthaltsperspektiven. Das bedeutet, dass ich mit den Asylsuchenden über ihre Schutzgründe sprach und ihnen die deutschen Gesetze erklärte. Dazu gehörte vor allem, welche ihrer Schutzgründe für welche Art von Schutz ausreichen könnten und welche nicht. Diejenigen die abgelehnt wurden, beriet ich hinsichtlich ihrer weiteren Möglichkeiten. Bei denjenigen, die anerkannt wurden, kümmerte ich mich anschließend vor allem um Familienzusammenführungen.
Wie ich die Diskussionen im Tagesspiegel-Forum wahrnahm
Die Diskussionen in den Kommentarspalten des Tagesspiegels waren insbesondere ab 2016 davon geprägt, ob die Aufnahme von Asylsuchenden richtig sei, insbesondere von denen, die im Asylverfahren abgelehnt werden. Dabei traten zwei Argumentationen immer wieder zu Tage, denen ich immer wieder versuchte, mit meinem Fachwissen zu begegnen. Die eine Position verwies auf einen deutschen Sonderweg, der 2015 begonnen habe und eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik bis heute verhindere. Ausgehend von den Geschehnissen im griechischen Lager Moria im Sommer dieses Jahres nahm ich diese Perspektive in den Kommentarspalten des Tagesspiegels wieder sehr stark wahr.
Besonders wurde dies hinsichtlich der Frage deutlich, ob man Flüchtlinge, welche dort vom Elend endgültig in die Not geraten waren, in Deutschland aufnehmen sollte. Es dürfe kein zweites 2015 geben, dieser Satz war häufig zu lesen. Der andere vehement vorgetragene Standpunkt war und ist folgender: Wenn man ohnehin niemanden abschiebe, wäre die Freiheit, Asylanträge zu stellen, gleichbedeutend mit einem Recht auf unbegrenzte Einwanderung.
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Ich schreibe hier von meiner Arbeit in der Vergangenheitsform, weil ich 2019 meine Arbeit als Flüchtlingsberater beendete, auch wenn ich den Bereich nicht vollständig verließ. Jedoch fiel es mir zunehmend schwerer, im Laufe der Jahre den Sinn in dieser Arbeit zu finden, da ich den Menschen in der direkten Sozialarbeit nicht mehr genügend helfen konnte. Dies war nicht zuletzt der verschärften Politik in NRW geschuldet. Ich schrieb nach dem Ende meiner beruflichen Tätigkeit ein Buch, in dem ich meine Erfahrungen zusammenfasste und versuchte, diese einzuordnen. Meine Argumentation war aber zudem sehr durch die Kommentarspalten des Tagesspiegels geprägt, da ich die Themen hier immer wieder ausführlich diskutieren konnte. Das Buch konnte ich dieses Jahr in überarbeiteter Version unter dem Titel „Reflexionen eines Flüchtlingsberater 2015 – 2019: Was die Asylindustrie wirklich treibt“ bei Kindle Direct Publishing als E-Books und Taschenbuch veröffentlichen.
Insbesondere zwei Schwerpunkte dieses Buchs ergaben sich auch aus meinen wiederkehrenden Diskussionen hier im Tagesspiegel. So war man in den Kommentarspalten regelmäßig mit der Behauptung konfrontiert, Deutschland sei im September 2015 einen Sonderweg gegangen. Die aus Ungarn eingeladenen Busse hätten einen Pull-Effekt ausgelöst, weshalb die europäische Zäsur der damaligen Flüchtlingspolitik allein in der deutschen Verantwortung läge. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe für alle die Grenze geöffnet, war ein wiederholt wahrzunehmender Tenor in den Kommentaren des Tagesspiegels, aber auch darüber hinaus in der deutschen Öffentlichkeit.
Das Scheitern der Dublin-Verordnung
Ausgehend von diesen Diskussionen, aber auf Grundlage meiner Kenntnisse aus BAMF-Bescheiden und Gesprächen mit Asylsuchenden aus dieser Zeit, machte ich mir die Mühe, die Ereignisse nochmal genauer zu untersuchen. So fand ich einen Welt-Artikel vom 31.08.2015, welcher die Situation vor dem besagten Septemberwochenende durchaus anders darstellte, als seien erst Tage später die Schleusen erstmals durch deutsche Hand geöffnet worden. Dieser Artikel beschrieb eindrucksvoll, wie Ungarn damit aufhörte, die Asylsuchenden an der Weiterreise zu hindern. Auch wird beschrieben, wie Österreich keinen Anlass sah, diese Geflüchteten an der Weiterreise nach Deutschland zu hindern. Es wird beschrieben, was eigentlich zu diesem Zeitpunkt bereits jedem klar war, der mit der Thematik vertraut war: Dublin war gescheitert.
Nach der Dublin-Regelung ist derjenige EU-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, der als erstes vom Asylsuchenden betreten wird. Entlang der damals und bis heute eigentlich üblichen Routen waren dies dann vor allem drei Länder: Italien, Bulgarien, Griechenland. Dublin war von Beginn an nicht auf eine faire Verteilung ausgelegt. Eine Tatsache, die dann umso sichtbarer wurde, als die Zahlen der Asylsuchenden stark anstiegen.
Die Entscheidung der Bundesregierung, für ein Wochenende Asylsuchende aus Ungarn aufzunehmen (deren Versorgungslage drohte zu einer humanitären Katastrophe zu werden), war nicht der Grund, aus dem das Dublin-Abkommen scheiterte: Sie war vielmehr ein Symptom genau dieses Scheiterns. So ist auch die Aufnahme von Menschen aus Moria keine Aufkündigung europäischer Asylpolitik, sondern eine Schadensbegrenzung eines Versagens europäischer Flüchtlingspolitik seit 2015 und die Lager auf den griechischen Inseln sind ein Ausdruck dieses Scheiterns. Angesichts der geringen Zahlen im Vergleich zu 2015 und dem Umstand, dass inzwischen die EU-Außengrenzen keineswegs leicht passierbar sind, wirkt die Warnung, dass sich 2015 nicht wiederholen darf, allein quantitativ bereits übertrieben.
In meinem Buch gehe ich auch auf die Vorgeschichte zum September 2015 ein, warum für Syrer und Eritreer die Dublin Prüfungen kurz vor dem Wochenende ausgesetzt wurden, denn dies war tatsächlich eine vor allem logistische Entscheidung. Dennoch war diese Entscheidung durch das Selbsteintrittsrecht in der Dublin III VO (Art. 17) gedeckt. Eine Aufstockung der Budgets im BAMF und noch mehr der kommunalen Aufnahmestrukturen wäre wahrscheinlich eine nachhaltigere Herangehensweise gewesen, um die Ende 2015 einsetzende Überforderung gar nicht erst in dem Maße zuzulassen. Die Funktionsuntüchtigkeit Dublins war aber quasi ein Geburtsfehler. So war es ein offenes Geheimnis, dass eine Vielzahl der Asylsuchenden auf dem Weg durch Europa von Anfang an nicht registriert wurde. Somit können die Staaten, in die gemäß Dublin rücküberführt werden soll, in den Dublin Prüfungen im Vorfeld der Asylverfahren nicht ermittelt werden.
Die Ausgangslage 2015
Es ist auch kein rein deutsches Phänomen, dass von den registrierten Geflüchteten die Mehrheit nicht innerhalb der vorgesehenen sechsmonatigen Frist zurückgeführt werden kann. Nach der Dublin III VO hat der Staat 6 Monate Zeit für die Rücküberführung, ansonsten geht die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf den neuen Staat über.
Dies war die Ausgangssituation im September 2015. Dublin funktionierte nicht, die Asylsuchenden hatten wiederum die mitteleuropäischen Länder als Ziel ihrer Flucht, da sie sich erst dort in Sicherheit sahen. Wenn man z.B. in Bulgarien und Ungarn, statt Schutz zu erlangen, in geschlossenen Einrichtungen festgehalten wurde, sich also wie im Gefängnis vorkam, dann ist dort die Flucht in der Wahrnehmung der Geflüchteten nicht beendet. Wenn man in Griechenland oder Italien absehbar in der Obdachlosigkeit endet, dann repräsentiert dies ebenfalls nicht die angestrebte Situation von Sicherheit. In dem Sinne war auch Moria nicht das Ende der Flucht und in keiner Weise eine Situation von Sicherheit. Vielmehr war Moria ein Fluchtgrund.
Dies ist ein zentraler Grund, warum Asylsuchende ihre Sicherheit in Mittel- und Nordeuropa suchen. Dazu kommt, dass hier teilweise bereits Familienmitglieder oder Freunde vor Ort sind, sodass man sich eine Chance auf einen leichteren Neuanfang verspricht.
Hätte Deutschland zwischen dem 4. und 6. September 2015 die Busse aus Ungarn nicht über die Grenze gelassen, hätte dies nichts daran geändert, dass diese Menschen dennoch nach Deutschland, Schweden oder in ähnliche Staaten wollten und auf diesem Weg zu diesem Zeitpunkt von niemanden ernsthaft aufgehalten worden wären. Genau dies unterscheidet 2015 von 2020, denn inzwischen herrscht insbesondere in Griechenland die Prämisse vor, Geflüchtete zur Not mit Gewalt an der Weiterreise zu hindern, wie man an der Eskalation Anfang des Jahres an der griechischen Grenze beobachten konnte.
Auch wenn Dublin für die größte Gruppe, also die syrischen Asylsuchenden, nicht vorrübergehend ausgesetzt worden wäre, wäre es niemals gelungen diese Menschen rechtzeitig zurückzuführen. Die Situation war sogar so, dass die Ende 2015 gekommenen Schutzsuchenden oft erst Mitte 2016 ihre Asylanträge stellen konnten. Die Dublin III VO sieht aber vor, dass zwischen Asylgesuch und Anfrage zur Rücküberführung maximal 3 Monate liegen dürfen, sonst entfällt der Zuständigkeitswechsel. Also auch hier wäre Deutschland die wenigsten dieser Asylsuchenden wieder losgeworden.
Dies war der deutschen Regierung bewusst, sodass das Zeichen der Humanität dieser Tage im September 2015 ein Akt des Willkommens war, aber eine Alternative zum damaligen Zeitpunkt eigentlich gar nicht möglich war. Direkte Grenzabweisungen, das klärte sich Jahre später endgültig im Rahmen der von Seehofer geforderten Transitzentren, sind rechtlich nicht möglich. Die Dublin Prüfung dauert mindestens einige Tage, in der Praxis sehen wir, dass es mehrere Wochen sind und damit ist der nach Dublin III VO garantierte Rechtsweg gegen einen negativen Bescheid noch gar nicht gemeint.
Deutschland setzte ein Zeichen im Sinne eines Symbols, es handelte aber im Zugzwang des maroden Dublin Systems. Dies war aus humanitärer Sicht sicherlich begrüßenswerte Symbolik, aber hinsichtlich der tatsächlichen Rahmenbedingungen eben kein deutscher Sonderweg. Rhetorik allein macht noch keinen Alleingang.
Immer wieder diskutierte ich diese Frage hier in den Kommentaren. Die Diskussion wurde dadurch erschwert, dass sich das Narrativ eines deutschen Sonderweges fast schon zum Allgemeinplatz geworden ist. Die Opposition versuchte damit Politik gegen die Kanzlerin zu betreiben, um bei den nächsten Wahlen zu punkten. Es war egal, dass man damit der AfD in die Hände spielte. Hinterfragt wurde diese Einordnung der Ereignisse im September 2015 kaum noch. Angesichts der von mir dargestellten Chronologie, kann ich das bis heute nicht verstehen.
Der andere immer wiederkehrende Vorwurf gegenüber der deutschen Migrationspolitik, der mir zahlreich in den Kommentarspalten begegnete, war die Behauptung, es werde ohnehin niemand abgeschoben. Daraus wird im extremsten Fall ein Recht auf unbegrenzte Zuwanderung konstruiert. Die Grundlage dieses Vorwurfs ist meiner Meinung nach das fehlende Wissen darüber, was eine Duldung eigentlich ist, und zum Teil auch ein Bedürfnis, über Übertreibungen Stimmungen zu bedienen.
Die rechtlichen Grundlagen für Abschiebungen
Im Gesetz steht im entsprechenden Paragrafen bereits der Kern, um den es geht: Die Aussetzung der Abschiebung. Der entscheidende Satz steht dann im § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG: Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Es ist richtig, dass eine Duldung eine vollziehbare Ausreisepflicht zwar nicht aufhebt, aber die Abschiebung wird dadurch nicht umsetzbarer, wenn die Abschiebehindernisse nicht wegfallen.
Nun folgten auf den September 2015 zahlreiche Gesetzesverschärfungen: Asylpaket I & II; Integrationsgesetz (Verschärfungen der Verpflichtungserklärung, Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge) und mehrere Gesetze zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht sowie die Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte mit der anschließenden Ausnahmeregelung im § 36a AufenthG und zuletzt die Einführung der sogenannten "Duldung Light".
Fehlende Pässe als Abschiebehindernis
Der immer wieder kontrovers diskutierte Punkt eines tatsächlichen Abschiebehindernis ist die Passlosigkeit. Dabei wird gerne vergessen, dass in einigen Ländern kein hochwertiges Passwesen existiert, so dass Pässe oder auch Geburtsurkunden keine Selbstverständlichkeit sind, wie man sie aus Deutschland kennt. Mir ist dieser Umstand immer dann umso bewusster geworden, wenn es darum ging, für Menschen mit Aufenthalt Pässe zu besorgen, damit diese heiraten können, oder darum, dass Väter in die Geburtsurkunde der in Deutschland geborenen Kinder eingetragen werden können, oder auch nur darum, verreisen zu dürfen.
Ob es sich nun um Afghanistan, Guinea oder um ein vergleichbares Land mit unzureichenden Passwesen handelt, es ist sehr schwer einen Pass von der Botschaft zu erhalten. Die Aufforderung ist dann oft genug ins Heimatland zu reisen und dies dort zu machen, weil es über die hiesigen Botschaften nicht funktioniert. Mit einer Duldung ist eine Reise ins Heimatland aber nicht möglich, da man ohne Pass nicht über die Grenze gelassen wird. Die neue "Duldung Light" inklusive Restriktionen zur Bleibeperspektive und dem allgemeinen Arbeitsverbot führt in der Praxis aber beispielsweise dazu, dass die Ausländerbehörden nicht wie im Gesetz vorgesehenen ausbleibende Mitwirkung sanktionieren, sondern die Passlosigkeit bestrafen. Mehr Pässe sind meines Wissens dadurch noch nicht in signifikanter Zahl beschafft worden.
Über die Passfrage hinaus sind Abschiebehindernisse aber auch Krankheiten. Diese Krankheiten führen zu Reiseunfähigkeit und diese begründet dann zumindest die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung. Mit dem Asylpaket II sind psychische Krankheiten als Grundlage eines Bleiberechts gestrichen worden. Ausgehend von der PTBS und dem Vorwurf, diese würde regelmäßig vorgetäuscht, beschloss die Bundesregierung, diese als Abschiebehindernis abzuschaffen. Die Vetos der Fachärzte dazu wurden nicht weiter berücksichtigt. Auch dies habe ich in meinem Buch ausführlicher behandelt.
Dies hat zur Folge, dass Abschiebeverbote gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG wesentlich seltener zuerkannt wurden, also Menschen die zuvor einen humanitären Schutz erhielten, dann vermehrt mit Duldungen aus dem Asylverfahren gingen. Ebenso wirkte sich dies negativ auf die weitere Bleibeperspektive aus, denn der Aufenthalt gem. § 25 Abs. 5 AufenthG wird dann einschlägig, wenn Abschiebehindernisse unabsehbar lange nicht wegfallen. Dies waren vor dem Asylpaket II einige schwer traumatisierte Geflüchtete.
Die Verschärfungen führten also zu mehr Ablehnungen im Asylverfahren und weniger Aufenthalten aus der Duldung heraus. Diese trotzdem kranken Menschen abzuschieben gelingt aber oft nicht, da diese beim Abschiebeversuch zusammenbrechen und es vor diesem gesundheitlichen Hintergrund dann nicht gelingt die Abschiebung durchzuführen oder auch aufgrund von vorliegenden Attesten davon erstmal abgesehen werden muss. Ohne Bleibeperspektive und dem Damoklesschwert der Abschiebung werden diese Menschen aber nicht gesünder.
Warum die Schicksale der Menschen zählen
Dies ist nur ein kurzer Ausschnitt meiner Perspektive auf das Thema Migration und Flucht. Die angesprochenen Punkte diskutierte ich hier über die Jahre intensiv und nach den diesjährigen Entwicklungen in Griechenland wird dies wahrscheinlich auch nicht aufhören. Es gibt noch viele andere Punkte, die nicht auf Anhieb ersichtlich sind und die mich dazu bewegten meine Perspektive, meine Erfahrungen und mein Fachwissen in einem Buch niederzuschreiben. Aber es geht in dem Buch nicht nur um die trockene Materie der gesetzlichen Rahmenbedingungen, sondern es ging mir auch um die Menschen.
Ich schildere die Schicksale von Menschen, die anerkannt wurden, aber auch von denen, die in Duldung in der Angst leben müssen, jederzeit abgeschoben zu werden. Diese Menschen sind meist nicht als Wirtschaftsmigranten in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft geflüchtet, sondern sie flohen vor Gewalt. Denn das ist eine zentrale Konsequenz von Armut: Sich brutal, um das Wenige zu streiten und diejenigen, die nicht stark genug sind, kommen unter die Räder.
Ich hoffe, mit meinen Kommentaren im Tagesspiegel eine Stimme für diese Menschen zu sein. Ich hoffe, mit meinem Buch für die Situation dieser Menschen zu sensibilisieren. Viele in Deutschland haben sich in den letzten Jahren eine Meinung gebildet. Dazu hat jeder Mensch sein Recht. Die Frage muss aber gestattet sein, wer wirklich genau weiß, wer diese Menschen sind und in welcher Situation sie in ihren Heimatländern lebten oder hier in Deutschland leben. Denn eines habe ich viel zu selten gelesen in den letzten Jahren: Seine Heimat, den Ort, an dem man aufgewachsen ist und an dem man seine Familie und Freunde hat, verlässt niemand leichtfertig oder gar gerne.
Marcus Franke