Alternative für Deutschland (AfD): Kalt, engherzig, rechtsnational
Es war ein Sieg der Antibürgerlichen. Mit der Wahl von Frauke Petry rückt die AfD weiter nach rechts. Ein Kommentar.
Frauke Petry ist eine Frau, die auch in der CDU sein könnte. Pragmatisch, modern, intelligent, nach allen Seiten offen. Sie ist aber auch eine Frau, die es an die Spitze einer rechtspopulistischen Partei schaffen kann. Beim Basisparteitag der AfD hat sie das unter Beweis gestellt: Da sammelte sie all die Unzufriedenen ein, die sich vom professoral-abgehobenen Stil des bisherigen Vorsitzenden Bernd Lucke abgestoßen fühlten.
Aber nicht nur deshalb wirkte Luckes krachende Niederlage auf die AfD-Basis wie eine Selbstbefreiung. Nur eine Nacht dauerte es, bis die weitere Rechtsverschiebung vollends zum Tragen kam. Alexander Gauland, Petrys alter und neuer Stellvertreter, sagte, in Deutschland müsse „über alles diskutiert werden können“, einzige rote Linie sei für ihn die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Frenetisch wurde er von den Mitgliedern bejubelt – denselben Mitgliedern, die später deutlich machten, wie sehr sie an der Bundesrepublik und deren angeblich unvollständiger „Souveränität“ leiden.
Unverblümt wie nie zuvor hat die AfD gezeigt, wie kalt und engherzig sie ist, wie pöbelnd und antibürgerlich es in ihrer Mitte zugeht. An diesem Wochenende schienen alle Dämme zu brechen. Als Bernd Lucke kurz vor seiner Niederlage in einem letzten Versuch der Ehrenrettung sinngemäß sagte, dass die hier lebenden Muslime zu Deutschland gehören, wurde er ausgebuht. Ein beschämender Moment war das und ein Wendepunkt in der jungen Geschichte der AfD. Fremdenfeindliche Sprüche wurden bejubelt, sodass selbst Gauland, dem erklärten Freund der Meinungsfreiheit, das Lachen verging. Petry, am Vortag noch die strahlende Siegerin, wirkte überfordert, war überall zu sehen, nur nicht vorne auf dem Platz der Chefin.
Frauke Petry wurde mit Hilfe der Ultrarechten gewählt
Wird Petry und Gauland nun im Zeitraffer das passieren, was Lucke widerfuhr? Der sagt heute, er habe das Problem des ultrarechten Flügels unterschätzt. Die Verantwortung dafür aber trägt vor allem er selbst. Die Radikalismusprobleme der AfD waren schon vor zwei Jahren erkennbar. Damals wollte Lucke keine Grenzen ziehen und lieber jede Wählerstimme nehmen, die er mit billigen Sprüchen kriegen konnte.
Die deutsche Version der französischen Front-National-Chefin Marine Le Pen will Petry nicht werden. Gewählt worden ist sie aber unter maßgeblicher Mitwirkung der ultrarechten Kräfte in der Partei. Diese werden noch einen Preis für ihre Unterstützung verlangen. Petrys Plan, den liberal-konservativen Flügel in der Partei zu halten und damit ins CDU-nahe Bürgertum hinein wählbar zu bleiben, ist wohl schon gescheitert: Gegenüber den aggressivnationalistischen Kräften in den eigenen Reihen macht sie einen ähnlich unpolitischen Eindruck wie Lucke vor ihr. Sie lässt sie gewähren, so lange es ihr nützt – und so lange es die Chancen bei den Wählern nicht zu schmälern scheint. Das aber könnte schneller passieren, als Petry zu träumen wagt.
Ihre Erfolge hat die AfD erzielt, weil sie als zwei Parteien in einer wahrgenommen wurde: als halbwegs seriöse Kraft von Euro-Kritikern und als Anti-Establishment- Bewegung, die den Kontakt zur islamfeindlichen Pegida nicht scheut. An der Charakterisierung der AfD als Protestpartei findet Petry nichts Falsches. Mag sein, dass das für den Sprung in die Parlamente in Zukunft schlichtweg zu wenig ist.