SPD-Nachwuchshoffnung Lars Klingbeil: Jung und trotzdem gut vernetzt
Sollte die SPD bei der Wahl schlecht abschneiden, dürfte ein Generationenwechsel anstehen. Einer, der dann handeln müsste, ist Lars Klingbeil.
Ende August reisten bundespolitische Korrespondenten in die niedersächsische Provinz, um eine Wahlkampfveranstaltung von Lars Klingbeil zu beobachten. Das Interesse galt allerdings nicht dem SPD-Bundestagsabgeordneten für den Landkreis Rotenburg und den Heidekreis, sondern seinem Gast Gerhard Schröder, in dessen Wahlkreisbüro Klingbeils politische Karriere einst begann.
Der Altkanzler verteidigte bei seinem Auftritt sein Engagement beim russischen Rosneft-Konzern. Der heikle Termin war lange vor der Nachricht von Schröders neuem Job angesetzt worden, der vielen in der SPD nicht gefällt. Klingbeil sagte das Gespräch mit Schröder nicht ab, sondern versuchte, mit kritischen Fragen Distanz zu zeigen.
Der 39-Jährige sitzt seit 2009 im Bundestag, den er im Jahr 2005 schon als Nachrücker kennengelernt hatte – damals noch mit langen Haaren und Piercing in der Augenbraue. Inzwischen trägt der passionierte Rockmusiker dunkle Anzüge und ist Mitglied im Verteidigungsausschuss. In seiner Heimatstadt Munster liegt der größte Heeresstandort Deutschlands.
Im Wahljahr 2017 ist es ein Vorteil für Klingbeil, dass sein langjähriger CDU-Konkurrent Reinhard Grindel sein Mandat 2016 niederlegte, um DFB-Präsident zu werden. Nun stehen Klingbeils Chancen für das Direktmandat besser: In einer regionalen Umfrage erzielte er mit rund 45 Prozent fast 20 Punkte mehr als seine Partei. Mit Platz 7 auf der Landesliste dürfte er allerdings auch ohne Direktmandat wieder in den Bundestag einziehen.
Außerhalb Niedersachsens hat sich Klingbeil als Digital-Experte einen Namen gemacht, in einem Feld, dessen Bedeutung unaufhaltsam wächst. Weniger bekannt ist, dass der Sohn eines Berufssoldaten als Sprecher der SPD-Landesgruppe Niedersachsen/Bremen im Bundestag großen Einfluss ausübt. Weil die Niedersachsen sich mit Nordrhein-Westfalen und Bayern abstimmen, verfügen sie über eine Macht, an der in der SPD niemand vorbeikommt.
Klingbeil gehört damit zu den wenigen SPD-Politikern, die jünger als 40 Jahre, aber in ihrer Partei bestens vernetzt sind, Mehrheiten organisieren können und sich für die Zukunft der Sozialdemokratie verantwortlich fühlen. Sollte die SPD am Wahlsonntag so schlecht abschneiden, wie es die Umfragen nahelegen, dürfte der Ruf nach einem Generationenwechsel auch Klingbeil zu Entscheidungen zwingen. Dann würden sich Hauptstadtjournalisten nicht mehr nur für seine Gäste interessieren, sondern für seine Vorstellungen, wie die SPD künftig wieder schlagkräftiger werden kann.
Hans Monath
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