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Der britische Premier Johnson und sein Berater Cummings in vertrauteren Zeiten (Archivbild)
© AFP/Daniel Leal-Olivas
Update

Ex-Berater keilt gegen britische Coronapolitik: „Johnson dachte, es sei nur eine Gruselgeschichte“

Die britische Regierung habe Corona völlig unterschätzt, sagt deren früherer Berater Cummings. Der Premier habe sogar eine absichtliche Infektion erwogen.

Der britische Ex-Regierungsberater Dominic Cummings hat die Coronapolitik von Premierminister Boris Johnson als katastrophales Versagen kritisiert. Minister, Beamte und Berater seien „katastrophal hinter den Standards zurückgeblieben, die die Öffentlichkeit in einer Krise erwarten darf“, sagte Cummings am Mittwoch vor Parlamentsabgeordneten in London. „Als die Öffentlichkeit uns am meisten gebraucht hat, haben wir versagt.“

Die Regierung habe die Anzeichen der sich ausbreitenden Pandemie nicht erkannt, sagte Cummings, der damals Johnsons wichtigster und einflussreichster Berater war. Erst Ende Februar 2020 sei gesehen worden, dass die Krisenpläne „hohl“ seien.

Cummings entschuldigte sich bei den Angehörigen der Corona-Toten. Der Ex-Berater äußerte sich vor Mitgliedern zweier Unterhaus-Ausschüsse des britischen Parlaments. Er hatte die Regierung im November 2020 im Streit verlassen.

Johnson hat nach Aussagen von Cummings das Coronavirus zu Beginn der Pandemie völlig unterschätzt. Der Regierungschef habe sich mit Corona infizieren lassen wollen, um zu zeigen, dass das Virus nicht gefährlich sei, sagte Cummings. Johnson infizierte sich später tatsächlich mit dem Virus und musste tagelang auf einer Intensivstation behandelt werden.

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Cummings sagte aus: „Im Februar (2020) dachte Boris Johnson, es sei nur eine Gruselgeschichte. Er dachte, das sei die neue Schweinegrippe.“ Weiter behauptete er, Johnson habe gesagt: „Ich werde (den medizinischen Chefberater) Chris Whitty dazu bringen, mir das Coronavirus live im Fernsehen zu injizieren, damit jeder merkt, dass es nichts ist, vor dem er Angst haben muss.“

Der eigentliche Plan der Regierung sei es gewesen, eine Herdenimmunität zu erreichen. So habe der damalige oberste Spitzenbeamte Mark Sedwill Mitte März gesagt, Johnson solle die Bevölkerung zu Coronavirus-Partys aufrufen, ähnlich wie Eltern Windpockenpartys für ihre Kinder veranstalten. Das sei offizieller Rat des Gesundheitsministeriums gewesen, behauptete Cummings.

Ressortchef Matt Hancock hätte wiederholt gefeuert werden müssen, er habe in vielen Fällen „gelogen“, etwa über die Beschaffung von Schutzausrüstung. Das hätten Cummings und andere ranghohe Personen Johnson wiederholt gesagt. Hancock ist nach wie vor im Amt.

Der 49-Jährige galt lange als einflussreichster Berater Johnsons. Er verließ die Regierung im November im Streit. Regierungsmitglieder werfen ihm vor, nun einen Rachefeldzug zu führen.

Nach den Anschuldigungen von Cummings verteidigte Johnson seine Coronapolitik. „Wir haben in jeder Phase versucht, den Verlust von Menschenleben zu minimieren“, sagte er im Parlament. Der Umgang mit der Pandemie sei „entsetzlich schwierig“. Johnson betonte: „Keine der Entscheidungen war einfach. Es ist für jede Region traumatisch, in einen Lockdown zu gehen.“ (dpa)

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