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Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Weihnachtsansprache 2014.
© Reuters
Update

Weihnachtsansprache des Bundespräsidenten: Joachim Gauck: "In Deutschland gibt es eine große Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen"

Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Weihnachtsansprache hervorgehoben, dass die meisten Deutschen nicht denen folgten, die Deutschland abschotten wollten. Unterdessen will Berlin Flüchtlinge in Brandenburg unterbringen, weil dort mehr Platz ist. Brandenburg reagiert zurückhaltend.

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Bundespräsident Joachim Gauck hat in seiner Weihnachtsansprache hervorgehoben, dass die meisten Deutschen nicht denen folgten, die Deutschland abschotten wollten. „Das ist für mich eine wahrhaft ermutigende Erfahrung dieses Jahres“, sagte Gauck. In Deutschland gebe es eine große Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen. Die sei „ein deutliches Zeichen für die Menschlichkeit in unserer Gesellschaft“.

Der Bundespräsident wies darauf hin, dass viele Menschen von der Entwicklung der Welt mit Kriegen, Bürgerkriegen und Terror beunruhigt und besorgt seien. Er fügte jedoch hinzu: „Ängste ernst zu nehmen, heißt nicht, ihnen zu folgen. Mit angstgeweiteten Augen werden wir Lösungswege nur schwer erkennen, wir werden eher klein und mutlos.“ Die weihnachtliche Botschaft „Fürchtet euch nicht!“ sei daher auch als Aufforderung zu verstehen, „unseren Werten, unseren Kräften und übrigens auch unserer Demokratie zu vertrauen“. Gauck erinnerte daran, dass die friedliche Revolution in der DDR vor 25 Jahren gezeigt habe, dass sich Verhältnisse zum Besseren wenden ließen. Das Staatsoberhaupt würdigte nachbarschaftlichen Einsatz in Heimen und Krankenhäusern, aber auch von Helfern bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie in Afrika und von Soldaten und Entwicklungshelfern. Jeder könne einen Beitrag leisten, „damit der Wärmestrom lebendig bleibt, ohne den die Welt kalt und friedlos wäre: Indem wir uns engagieren, wenn unsere Mitmenschen Hilfe brauchen. Indem wir Bedrohten Frieden und Verfolgten Schutz bieten.“ Gauck mahnte mit Blick auf die internationalen Krisenherde: „Kein Friede ist selbstverständlich.“ Auch der Frieden, den die Deutschen derzeit glücklich und in Freiheit erlebten, sei kostbar. Daraus erwachse zugleich eine Verpflichtung: „Unsere Kultur, unsere Demokratie steht gegen Unfrieden, Hass und todbringende Gewalt.“

Vor dem Hintergrund der „Pegida“-Demonstrationen in Dresden und anderen deutschen Städten hat der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford- Strohm, erklärt, Fremdenfeindlichkeit sei nicht mit dem christlichen Glauben vereinbar. Der Bischof der evangelischen Landeskirche in Bayern sagte dem Tagesspiegel: „Jesus hat uns das Doppelgebot der Liebe mit auf den Weg gegeben: Gott lieben und den Nächsten lieben. Jesus selbst sagte: ,Ich war ein Fremder, und ihr habt mich aufgenommen.‘ “

Bedford-Strohm bezeichnete es als „bemerkenswert, dass die Angst vor dem Islam und vor den Flüchtlingen am größten ist, wo die wenigsten Muslime leben. Das zeigt, wie wichtig es ist, Menschen zu begegnen“. Er selbst habe gerade 50 Vertreter muslimischer Gemeinden aus Bayern zur Adventsandacht eingeladen. „Ich lasse mich auch gerne zum Iftar-Essen einladen. Da treffe ich keine radikalen Islamisten, sondern die vielen, die hier einfach als Muslime friedlich leben wollen“, sagte Bedford-Strohm.

Berlin will Flüchtlinge in Brandenburg unterbringen

Mehr als 50 DDR-Bürgerrechtler, darunter Reinhard Schult, Hans-Jürgen Fischbeck, Thomas Klein, Konrad Elmer- Herzig sowie der Jenaer Pfarrer Lothar König, kritisierten unterdessen die Vereinnahmung der friedlichen Revolution durch die islamfeindlichen „Pegida“-Anhänger. In einer am Dienstag in Berlin verbreiteten Erklärung heißt es unter anderem, der Ruf „Wir sind das Volk“ im Jahr 1989 habe für Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit gestanden. Statt für „Visafrei bis Hawaii“ und „Die Mauer muss weg“ fordere „Pegida“ nun „Die Mauer muss her am Mittelmeer“. Weiter heißt es in der Erklärung, das Eintreten der „Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) stehe für ein „Dunkeldeutschland“. „Ihr sprecht nicht für ’89, ihr sprecht für keine Freiheitsbewegung, ihr seid deren Schande“, heißt es am Schluss der Erklärung. Überschrieben ist diese mit „Weihnachtsgruß von Neunundachtzigerinnen 25 Jahre nach dem Mauerfall“. Der Theologe und einstige DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer warf den „Pegida“-Anhängern zudem vor, jeden Dialog zu verweigern. Sie hätten kein Konzept und zugleich Angst, demaskiert zu werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) will bei der Unterbringung von Flüchtlingen mit Brandenburg „länderübergreifend kooperieren“. Dafür würden gerade Voraussetzungen geschaffen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. In Brandenburg gebe es mehr freie Flächen für Flüchtlingsheime als in Berlin. Die Landesregierung in Potsdam reagierte am Dienstag zurückhaltend.

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