Tankerentführung und Urananreicherung: Jetzt ist das Atomabkommen mit dem Iran endgültig tot
Der Iran ist weiter auf dem Weg zur Atombombe. Seine Gegner werden das nicht tatenlos hinnehmen. Dem Nahen Osten drohen gefährliche Zeiten. Ein Kommentar.
Wenn sich Irans Führung auf eines richtig gut versteht, dann ist das die Kunst der Provokation.
Immer wieder testen die Mullahs die Schmerzgrenze des Westens, wollen den Preis für ein Entgegenkommen in die Höhe treiben, beschlagnahmen einfach mal einen südkoreanischen Tanker in der Straße von Hormus.
Noch brisanter und folgenreicher: Was lassen sich Berlin, Paris und Washington alles bieten, bis sie dem Iran in Sachen Nuklearprogramm signalisieren: bis hierher und keinen Schritt weiter?
Eigentlich ist dieser Punkt jetzt endgültig erreicht. Teheran verstößt erneut gegen das Atomabkommen, und zwar massiv. Bis auf 20 Prozent reichert die Islamische Republik seit diesen Montag radioaktives Uran an. Damit ist der technische Weg zur Bombe geebnet. Es kann also genau das passieren, was die Staatengemeinschaft verhindern wollte.
Die hält sich dennoch – abgesehen von Donald Trump – überraschend bedeckt und damit zurück. Das lässt nur eine Schlussfolgerung zu: Alle Beteiligten haben das Abkommen ohnehin längst beerdigt.
Trump zertrümmerte das Nuklearabkommen
Als der Noch-US-Präsident die Vereinbarung 2018 aufkündigte, war es bereits um sie geschehen. Allen war klar, dass der Deal große Schwächen hatte. Doch galt zu Recht die Devise: Besser ein mangelhaftes Abkommen als gar keines.
Das hat Trump nicht geschert. Er zertrümmerte die Übereinkunft, weil er sie mit Blick auf Teherans Tricksereien für unsinnig hält. Und weil es eine Hinterlassenschaft Barack Obamas war.
Am Scheitern des Abkommens in der bisherigen Form wird auch Joe Biden unter den gegenwärtigen Bedingungen wenig ändern können. Für den künftigen Präsidenten Amerikas verbietet es sich, auf den Iran zuzugehen, solange das Regime zeigt, wie wenig es sich an das bisherige Atomabkommen gebunden fühlt. Es braucht einen neuen Anlauf. Aber niemand weiß, wie der gelingen soll. Denn das Grundelement ist verloren gegangen: Vertrauen.
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Das ist allen Beteiligten klar. Vor allem in der konfliktgeplagten Region des Nahen Osten weiß jeder, dass er nun sich selbst der nächste ist. Vor allem die sunnitischen Staaten mit Saudi-Arabien an der Spitze werden nicht tatenlos zusehen, wie der Iran sich atomar bewaffnet. Zu groß ist die Furcht vor dem schiitischen Erzrivalen und dessen Expansionsdrang.
Es droht ein Wettrüsten im Nahen Osten
Das heißt im Klartext: Der Nahe Osten wird ein gefährliches Wettrüsten erleben. Die Saudis haben schon mehrfach gedroht, sich nukleares Knowhow zu verschaffen. Die Vereinigten Arabischen Emiraten, enger Parteigänger des saudischen Königshauses, haben Trump überredet, dass er den Kauf von hochmodernen F35-Bombern genehmigt. Israel setzt ohnehin seit vielen Jahren auf atomare Abschreckung.
Und noch etwas haben Irans Gegner erkannt: Es ist aus ihrer Sicht sinnvoll, gemeinsame Sache gegen den gemeinsamen Feind zu machen. Genau das ist die Antriebsfeder, warum viele arabische Staaten jetzt auf den jüdischen Staat zugehen.
Fast mehr als der Partner USA gilt ihnen Israel als verlässlicher Partner, um Teheran in die Schranken zu weisen. Das alles verheißt nichts gutes für 2021. Die Zeichen stehen im Nahen Osten auf Sturm.