Krankenhaus-Studie: Jeder achten Klinik droht die Schließung
Immer mehr Krankenhäusern droht die Pleite. Und aus Expertensicht helfen dagegen keine Geldspritzen. Sie fordern Strukturreformen.
Die Milliardenspritze des Bundes hilft den klammen Krankenhäusern nur kurzfristig über die Runden. Da die Kosten stärker steigen als die Erlöse, droht den Kliniken aus Expertensicht schon im nächsten Jahr wieder eine wirtschaftliche Verschlechterung. Und ohne wirksame Gegenmaßnahmen, so prognostiziert der aktuelle Krankenhaus-Rating-Report, werde bis 2020 wohl jedes achte Klinikum dicht machen müssen.
16 Prozent in Insolvenzgefahr
Im Jahr 2012 habe sich die finanzielle Lage der Krankenhäuser nochmals drastisch verschlechtert, heißt es in der Studie, die am Donnerstag in Berlin präsentiert wurde. 16 Prozent der Häuser, also fast jedes sechste, habe in „erhöhter Insolvenzgefahr“ geschwebt, jedes dritte habe aufs Jahr gesehen Verluste geschrieben. Das waren, in beiden Fällen, doppelt so viele wie zwei Jahre vorher. Wobei offenbar einiges vom Träger abhängt: Von den öffentlich-rechtlichen Häusern waren 28 Prozent insolvenzgefährdet, von den privat betriebenen gerade mal drei Prozent.
Aufgrund ihrer geringen Ertragskraft lebe bereits fast die Hälfte der deutschen Kliniken von ihrer Substanz, sagte Boris Augurzky vom Forschungsinstitut RWI, der den Report mitverfasst hat. Um ihren Bedarf zu decken, müssten die Krankenhäuser jährlich 5,4 Milliarden Euro investieren, rechnete er vor. Tatsächlich ließen die für Ausstattung und Gebäudeunterhalt zuständigen Länder gerade mal die Hälfte springen. Den derzeitigen Investitionsstau bezifferte die Studie auf 15 Milliarden Euro.
Ostdeutschen Kliniken geht es am besten
Geografisch besehen geht es den Kliniken in Ostdeutschland noch am besten, da dort nach der Wende kräftig investiert wurde. Besonders kritisch dagegen sei die Lage in Bremen und Niedersachsen, heißt es in dem Report. Auch in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern steckten vergleichsweise viele Häuser in Schwierigkeiten. Zwar sei auch dort investiert worden, sagte Augurzky – aber eben nur in den Bestand und nicht in die nötigen Strukturveränderungen.
Mehr Spezialisierung gefordert
Geldspritzen für die Kliniken dürfe es künftig nur noch geben, forderte der Wissenschaftler, wenn die Verwendung Bedingungen unterliege. Als Ziele nannte er größere Häuser, stärkere Spezialisierung und eine bessere Vernetzung untereinander. Selbst wenn jedes siebte Klinikum verschwinden würde, liege die Dichte noch im Schnitt der europäischen OECD- Länder, so Augurzky. Und eine geringere Zahl von Kliniken würde „selbst in ländlichen Regionen meist keine Gefahr für die Versorgungssicherheit bedeuten“.
Auch der CDU-Experte Jens Spahn betonte, dass es keine Lösung sei, „immer neues Geld nach dem Gießkannenprinzip ins System zu geben“. Nötig seien vielmehr „endlich strukturelle Veränderungen, von der Sicherstellung in der Fläche, dem Abbau von Überkapazitäten im Ballungsraum bis zum Qualitätswettbewerb für komplexe Leistungen“. Dies werde, so versicherte er, in die Arbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Krankenhausreform einfließen, die sich am Montag zum zweiten Mal trifft.
Rainer Woratschka