Prognose zur Parlamentswahl: Japans Regierungspartei mit haushohem Sieg
Shinzo Abe hat mit seiner rechtskonservativen Partei die vorgezogenen Parlamentswahlen gewonnen. Sein nächstes Ziel: eine Änderung der pazifistischen Verfassung.
Japans rechtskonservativer Regierungschef Shinzo Abe hat die Wahl zum Unterhaus deutlich gewonnen und will nun die Debatte um eine Änderung der pazifistischen Nachkriegsverfassung vorantreiben. Abes Liberaldemokratische Partei LDP und ihr Junior-Partner Komeito kamen am Sonntag laut Prognosen auf eine stabile Mehrheit von voraussichtlich mehr als 300 der 465 Sitze in der mächtigen Parlamentskammer, die auch den Regierungschef wählt.
Es sei wichtig, das Verständnis der Öffentlichkeit für eine Verfassungsreform zu vertiefen, sagte Abe in der Wahlnacht. Eine Revision ist das politische Lebensziel des 63-Jährigen. Er will an der Seite der Schutzmacht USA die Rolle des Militärs angesichts der Bedrohung durch Nordkorea und der wachsenden Macht Chinas stärken.
Das Lager der Befürworter einer Änderung im Parlament, darunter auch kleinere Oppositionsparteien, könne nach der Wahl auf die hierfür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit kommen, hieß es in japanischen Medienberichten. Die erst kurz vor der Wahl gegründete liberale Partei für Konstitutionelle Demokratie (PKD) unter Yukio Edano dürfte größte Oppositionspartei werden, noch vor der konservativen Partei der Hoffnung der Tokioter Gouverneurin Yuriko Koike. Anders als die PKD tritt die Partei von Koike, die selbst nicht kandidierte, wie das Regierungslager für eine Änderung der pazifistischen Verfassung ein.
In Japan gibt es Befürchtungen, dass die älteste Demokratie Asiens nicht mehr das demokratische Land sein könnte, das es seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg bislang war, sollte Abes LDP ihre Ziele für eine Verfassungsänderung umsetzen können. Ein Entwurf der Partei von 2012 sieht neben einer Änderung des Pazifismusartikels 9 auch eine weitgehende Einschränkung grundlegender Bürgerrechte vor.
Abe betrachtet die japanische Verfassung als aufgezwungen
Abe vertritt die Ansicht, dass die Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Die Existenz der Selbstverteidigungsstreitkräfte will er in der Verfassung verankern.
Für eine Verfassungsänderung bedarf es jedoch nicht nur einer Zwei-Drittel-Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments, sondern auch eines nationalen Referendums. Ob Abe, der im Volk trotz des Sieges seiner Partei unbeliebt ist, damit durchkommt, ist ungewiss. Im kommenden Jahr muss er sich zur Wiederwahl als LDP-Chef stellen. Der Vorsitzende der Partei wird gewöhnlich auch Ministerpräsident. Abes Wahlsieg am Sonntag dürfte seine Chancen zumindest verbessern, für weitere drei Jahre im Amt zu bleiben. Damit hätte er mehr Zeit gewonnen, die Bevölkerung für eine Verfassungsänderung zu gewinnen.
Abe hatte die Wahl um gut ein Jahr vorgezogen. Seine wegen Vorwürfen der Vetternwirtschaft gesunkenen Umfragewerte hatten sich im Zuge der Nordkorea-Krise gerade wieder erholt. Zudem konnte Abe den Umstand nutzen, dass die Opposition zersplittert ist. Diese hatte Abe vorgeworfen, er wolle mit den Neuwahlen Fragen über seine Skandale abwürgen. Abe sagte, er wolle ein Votum zur Verwendung der Einnahmen einer geplanten Steuererhöhung sowie für seinen Nordkorea-Kurs.
Zwischenzeitlich sah es so aus, als würde Abe Gefahr durch Koike bekommen. Tokios charismatische Gouverneurin hatte ihre konservative Partei gerade gegründet, als Abe Neuwahlen ausrief. Die Folge dieses politischen Erdbebens war, dass die bis dahin größte Oppositionspartei, die Demokratische Partei Japans (DPJ), in zwei Teile zerfiel: Viele liefen zu Koikes Partei über. Liberale Kräfte der DPJ wies Koike dagegen brüsk ab. Diese schlossen sich daraufhin zur liberalen Partei für Konstitutionelle Demokratie (PKD) von Edano zusammen, die an der pazifistischen Nachkriegsverfassung festhält. (dpa, AFP)
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