Nach Messerattacke: Jair Bolsonaro meldet sich aus Krankenhaus
Jair Bolsonaro gilt als "Trump Brasiliens" und hat viele Feinde. Bei einer Kundgebung sticht ein Mann auf den Favoriten für Brasiliens Präsidentschaftswahl ein.
Ein Angreifer hat den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Jair Bolsonaro bei einer Wahlkampfveranstaltung im Süden von Brasilien mit einem Messer verletzt. Nach der Attacke wurde der Ex-Militär in einem Krankenhaus operiert, wie örtliche Medien am Donnerstag berichteten. Demnach war Bolsonaro an einer wichtigen Arterie und am Darm verletzt worden.
Zuvor war nur von einer oberflächlichen Wunde die Rede gewesen. „Bedauerlicherweise war es schlimmer, als wir dachten. Auch die Leber, die Lunge und der Darm wurden verletzt. Er verlor viel Blut, erreichte fast tot das Krankenhaus“, schrieb Bolsonaros Sohn Flavio auf Twitter. „Sein Zustand scheint nun stabil zu sein. Bitte betet.“
Die nächsten 48 Stunden seien entscheiden für die Genesung des Patienten, berichtete die Zeitung „Folha de São Paulo“ unter Berufung auf die Ärzte. Weil die Wunde sich in der Nähe des Verdauungstrakts befinde, bestehe das Risiko einer Infektion, hieß es.
Auf einem Video war zu sehen, wie Bolsonaro auf den Schultern seiner Anhänger durch die Stadt Juiz de Fora im Bundesstaat Minas Gerais getragen wird. Plötzlich zuckt der Politiker zusammen und krümmt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Es ist eine Klinge zu erkennen, die vom Körper weggezogen wird.
40-jähriger Mann festgenommen
Ein Sprecher der Militärpolizei sagte der Nachrichtenagentur AFP, ein 40-jähriger Mann sei festgenommen worden. Er habe laut Zeugen ein in Stoff gewickeltes Messer bei sich getragen. Bei dem Verdächtigen handele es sich um einen Aktivisten einer linksgerichteten Partei.
Der mutmaßliche Täter gab laut Polizei an, "auf Anweisung Gottes" gehandelt zu haben. Auf einem AFP vorliegenden Polizeivideo sagte er: "Wer mich leitet, ist der Gott, dem ich diene." Auf seiner Facebook-Seite hatte der Verdächtige kürzlich Nachrichten veröffentlicht, in denen er Bolsonaro kritisierte und die sozialistische Regierung von Venezuelas Präsident Nicolas Maduro unterstützte.
Pedro Augusto Lima Possa, der Anwalt des mutmaßlichen Angreifers, sagte im Sender TV Globo, sein Mandant habe "aus religiösen und politischen Motiven gehandelt, und auch wegen der Vorurteile, die Bolsonaro jedes Mal zeigt, wenn er von Ethnien, Religion oder Frauen spricht".
Inzwischen hat sich Bolsonaro in einem Video selbst aus dem Krankenhaus gemeldet und dem Ärzteteam gedankt. Auch auf dem Twitter- und Instagram-Account seines Sohnes ist ein Foto von Bolsonaro veröffentlicht worden.
Bolsonaro ist der Favorit bei der Präsidentenwahl am 7. Oktober, seit ein Gericht die Kandidatur des inhaftierten Ex-Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva untersagt hat. Nach einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ibope wollen 22 Prozent der Wähler für den früheren Fallschirmjäger stimmen. Dass er aber auch in der erwarteten Stichwahl gewinnen könnte, gilt als unwahrscheinlich.
Der "Trump Brasiliens"
Der Ex-Militär hetzt gegen Homosexuelle und Schwarze und verherrlicht die Militärdiktatur (1964-1985). Immer wieder schockiert er mit Entgleisungen. Einer Politikerin bescheinigte er einmal, sie habe es nicht verdient, vergewaltigt zu werden, „weil sie sehr hässlich ist“. Die Anhänger von Lulas linker Arbeiterpartei sollten erschossen werden, sagte er ein anderes Mal.
Der „Trump Brasiliens“ mischt zwar schon lange im Politikbetrieb mit, präsentiert sich neuerdings aber als Anti-System-Kandidat. Im Falle eines Wahlsiegs will er Ministerposten mit Militärs besetzen und angesichts der eskalierenden Kriminalität die Bevölkerung bewaffnen.
Trotz aller ideologischer Unterschiede verurteilten Politiker aller Couleur den Anschlag auf Bolsonaro. Präsident Michel Temer nannte den Angriff „nicht hinnehmbar“, der linke Präsidentschaftskandidat Ciro Gomes sprach von „Barbarei“ und Lulas Nachfolger Fernando Haddad schrieb auf Twitter: „Ich verurteile jede Gewalttat und wünsche Jair Bolsonaro gute Besserung.“ (dpa, epd, AFP)