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Auf Lösungssuche: Roland Jahn, der neue Chef der Stasiunterlagenbehörde.
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Fehlende Rechtsgrundlage: Jahn kann Ex-Stasileuten nicht kündigen

47 ehemalige Mitarbeiter der Stasi werden noch immer bei der Stasi-Unterlagenbehörde beschäftigt. Ein Gutachten sieht keine Rechtsgrundlage, um ihnen zu kündigen, zeigt aber den Weg für Versetzungen in andere Behörden der Bundesverwaltung auf.

Von Matthias Schlegel

Berlin - Den noch immer in der Stasiunterlagenbehörde beschäftigten 47 ehemaligen Mitarbeitern der Stasi (MfS) kann nicht gekündigt werden. Sie können aber in andere Dienststellen versetzt werden. Das ist das Fazit eines Gutachtens, das der Berliner Rechtsanwalt Johannes Weberling im Auftrag des Bundesbeauftragten für die Stasiunterlagen (BStU), Roland Jahn, angefertigt hat.

71 Seiten umfasst das Gutachten. „Die Arbeitsverhältnisse mit ehemals für das MfS tätigen Mitarbeitern der Behörde des BStU können nicht durch arbeitgeberseitige Kündigung beendet werden“, heißt es darin. Diese Möglichkeit scheidet nach Ansicht Weberlings „aufgrund der langjährigen unveränderten Weiterbeschäftigung der betroffenen Arbeitnehmer in Kenntnis des Kündigungsgrundes aus“. Weil dem Arbeitgeber das „Maß der Verstrickung“ der jeweiligen Mitarbeiter bekannt gewesen sei, könne sich die Behörde nicht darauf berufen, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „nunmehr unzumutbar“ sei.

Weberling hält auch eine außerordentliche Kündigung für nicht rechtens. Denn diese würde voraussetzen, dass eine Weiterbeschäftigung „aufgrund des gestörten Betriebsfriedens oder erheblicher Beeinträchtigung der Arbeitsleistung ab sofort unzumutbar macht“. Dies aber sei in diesem Fall nicht erkennbar.

Vor einem Arbeitsgericht würden die Streitparteien die betreffenden Mitarbeiter auf der einen, die Bundesrepublik Deutschland auf der anderen Seite sein, denn sie ist letztlich Arbeitgeber auch dieser Beschäftigten. Und so schlägt Weberling auch einen weiten Bogen, als er auf die von der Behörde geltend gemachte Drucksituation durch die öffentliche Meinung eingeht. Der Arbeitgeber könne sich nicht auf eine solche Drucksituation als Sonderfall der Kündigung berufen. Schließlich könne man ihm ja vorwerfen, diese vermeintliche Situation durch die Gründung der Behörde einst selbst herbeigeführt zu haben.

Mit dem zweiten Teil des Gutachtens wird der Bundesbeauftragte hingegen zufrieden sein, schließlich hatte er schon wenige Stunden vor seinem Amtsantritt im März bekundet, dass es für ihn ein unakzeptabler Zustand sei, dass ehemalige Stasileute gerade in dieser Behörde tätig sind. Damals hatte das neben Beifall von der Seite der früheren Opfer aber vor allem Empörung ausgelöst, weil viele die arbeitsrechtlichen Hindernisse für unüberwindbar hielten. Jahn wurde gar vorgeworfen, sich über den Rechtsstaat zu erheben. Weberling zeigt ihm nun die Möglichkeit auf, für die sich zuletzt auch der für die Stasiunterlagenbehörde zuständige Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) offen gezeigt hatte. Nach den entsprechenden tarifrechtlichen Regelungen für den öffentlichen Dienst kämen als „einseitige Weisungsmöglichkeiten des Arbeitgebers“ die „Versetzung und unterstützend die Abordnung sowie die Personalgestellung in Betracht“. Die Behörde habe den Auftrag, früheren Opfern den Zugang zu den Akten zu ermöglichen. Wenn sich aber „eine relevante Zahl ehemals politisch Verfolgter und Benachteiligter“ wegen der Beschäftigung ehemaliger MfS-Mitarbeiter bisher nicht an die Behörde wendet und die Behörde deshalb ihren Auftrag nicht erfüllen könne, sei dies „ein die Versetzung rechtfertigender ausreichender dienstlicher Grund“. Um „die Glaubwürdigkeit der Behörde wiederherzustellen und auf Dauer zu erhalten“, schlägt Weberling eine Ergänzung des Stasiunterlagengesetzes vor, die die Versetzung ehemaliger Stasimitarbeiter innerhalb der Bundesverwaltung vorsieht. Im übrigen solle das Gesetz eine Beschäftigung von Ex-Stasileuten in der Behörde generell untersagen.

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