Netanjahus umstrittener Washington-Besuch: Israels Premier bestreitet Krise in Beziehungen zu den USA
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll vor dem US-Kongress reden - das ruft Verstimmungen hervor. Denn er ist nicht Gast von Präsident Obama, sondern wurde von den Republikanern eingeladen.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat eine Krise in den Beziehungen zu den Vereinigten Staaten wegen seiner heftig kritisierten Rede vor dem US-Kongress abgestritten. "Unsere Allianz ist intakt, unsere Freundschaft ist stark", sagte Netanjahu am Montag bei der Jahrestagung der proisraelischen US-Lobbyorganisation AIPAC. Die Berichte über einen Niedergang des US-israelischen Verhältnisses seien "nicht nur voreilig, sondern falsch".
Netanjahu beteuerte, dass seine Kongressrede am Dienstag nicht als "Respektlosigkeit" gegenüber Präsident Barack Obama gedacht sei. "Ich bin zutiefst dankbar für alles, was Präsident Obama getan hat: die Sicherheitszusammenarbeit, die Kooperation der Geheimdienste, die Unterstützung in der UNO und vieles mehr."
Israels Regierungschef hatte den Auftritt vor beiden Kongresskammern an Obama vorbei mit den oppositionellen Republikanern eingefädelt und damit den Präsidenten brüskiert. Mehr als 30 Abgeordnete von Obamas Demokraten wollen der Ansprache wegen der Missachtung der Gepflogenheiten fernbleiben, auch im Weißen Haus ist Netanjahu nicht willkommen. Vertreter von Obamas Regierung sehen die Rede als Versuch, ihre Bemühungen für ein Abkommen im Atomstreit mit dem Iran zu durchkreuzen. Das persönliche Verhältnis zwischen Obama und Netanjahu gilt schon länger als überaus schwierig. So wirft der US-Präsident dem israelischen Ministerpräsidenten vor, die Friedensbemühungen im Nahost-Konflikt mit seiner Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten torpediert zu haben. Netanjahu hält Obama wiederum für zu nachgiebig gegenüber dem Iran, seine Regierung drohte wiederholt mit einem Militäreinsatz gegen iranische Atomanlagen. Das Weiße Haus dementierte am Montag allerdings israelische Berichte, dass die USA wegen der jüngsten Spannungen ihre milliardenschwere Militärhilfe für Israel verringern könnten.
Netanjahu warnt vor Atomabkommen mit dem Iran
Netanjahu warnte bei der AIPAC-Tagung erneut vor einem nuklear bewaffneten Iran. Die Führung in Teheran habe angekündigt, "Israel auszulöschen", sagte er. Vor dem Kongress werde er am Dienstag daher die Stimme erheben gegen eine Vereinbarung, "die das Überleben Israels gefährden könnte".
Obamas UN-Botschafterin Samantha Power versicherte den rund 16000 Konferenzteilnehmern, dass Washington eine iranische Atombombe nicht zulassen werde. "Sollte die Diplomatie scheitern, wissen wir so gut wie alle hier, was mit einem atomar bewaffneten Iran auf dem Spiel steht."
US-Außenminister John Kerry traf am Montagabend in der Nähe von Genf erneut mit seinem iranischen Kollegen Mohammed Dschawad Sarif zusammen. Bei den Verhandlungen über ein Atomabkommen habe es zuletzt "einige Fortschritte" gegeben, sagte Kerry vor dem Gespräch. "Wir haben aber noch einen weiten Weg vor uns, und die Uhr tickt." Bis Ende März soll eine Grundsatzeinigung stehen, damit bis zum 1. Juli ein dauerhaftes Abkommen abgeschlossen werden kann.
US-Außenminister Kerry befürchtet Indiskretionen bei Atomverhandlungen
Ohne Netanjahu beim Namen zu nennen, warnte Kerry den Regierungschef vor dessen Kongressrede davor, vorzeitig Einzelheiten aus den Atomgesprächen der USA mit dem Iran preiszugeben. Er sei "besorgt über Berichte", wonach "ausgewählte Details" in den kommenden Tagen öffentlich gemacht werden könnten. Kerrys Sprecherin Marie Harf ging noch einen Schritt weiter und sagte, sollten Informationen aus den regelmäßigen Unterrichtungen der Israelis über den Stand der Atomgespräche bekannt werden, würde dies das Vertrauen der USA "missbrauchen". (AFP)