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Buma Inbar hält Kontakt zu Palästinensern im Gazastreifen - er fährt kranke Kinder in israelische Krankenhäuser und schickt Solarzellen in das abgeriegelte Gebiet.
© R/D

Konflikt um Gaza: Israels Ein-Mann-NGO, die für Frieden kämpft

Der 67 Jahre alte Israeli Buma Inbar verlor seinen Sohn im Südlibanon. Seitdem setzt er sich mit eigenen Mitteln für Frieden mit den Palästinensern ein - und kümmert sich unter anderem um kranke palästinensische Kinder. Selbst seine Frau wirft ihm vor, eine Obsession zu verfolgen.

Buma Inbar ist einer der wenigen Israelis, der auch in diesen Tagen einen Freund in einem Flüchtlingslager in Gaza anruft. Neun Jahre lang hatte er dessen krebskranke Tochter Nur zu Behandlungen in einem israelischen Krankenhaus begleitet. Nach dem Ausbruch des Gazakriegs bat ihn der behandelnde Arzt, Nur nach Hause zu schicken, da sie nur noch wenige Tage zu leben habe. „Vorher erfüllte ich aber ihren letzten Wunsch: In der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem zu beten“. Obwohl ihre Aufenthaltsgenehmigung auf das Krankenhaus beschränkt war, fuhr er sie und ihren Vater nach Jerusalem. Ende Juli verstarb die 19-Jährige und seit Tagen sucht Inbar ihre Familie in Gaza, um ihnen das selbstgemachte Gedenkalbum zu übergeben.

In der Nacht, als er einen Brief an Rabin übberreichen wollte, wurde dieser erschossen

Der 67-jährige frühere Frontkämpfer und Marketingexperte begann sein zweites Leben nachdem sein Sohn Jotam als Soldat im Südlibanon im Oktober 1995 fiel. „Jotam wird das letzte Opfer auf dem Weg zum Frieden sein“, schrieb Inbar in einem Brief, den er Premier Jitzchak Rabin auf der Friedenskundgebung in Tel Aviv aushändigen wollte. Rabin wurde in jener Nacht aber erschossen. Inbar beschloss, selbst den Frieden ein Stück näher zu bringen. Er kündigte und setzt sich seitdem überwiegend für leidende Palästinenser ein – aus eigener Tasche und mit wenigen Spenden, die er als Privatperson sammeln darf.

„Regierungen können Verträge unterschreiben, aber nur Menschen können den Frieden verwirklichen“, sagt Inbar. Als Ein-Mann-NGO ist er daher 24 Stunden am Tag erreichbar, arbeitet von zu Hause, fährt mit dem eigenen Wagen und telefoniert auf dem eigenen Handy. Er begleitet zum Beispiel schwerkranke Palästinenser, die in israelischen Krankenhäusern behandelt werden. Die Hamas erlaubt dies und die Palästinenserbehörde zahlt dafür. Die Armee stellt bestimmte Zugangsstraßen im Kampfgebiet zeitlich begrenzt zur Verfügung. Und notfalls ist Inbar da: „Gestern half ich, ein herzkrankes Kind aus Gaza hierher zu bringen, denn es gab Probleme am Checkpoint“. Er kennt alle Generäle und sie sagen ihm niemals Nein.

Inbar organisierte zusammen mit Inter Mailand ein Fußballturnier für 400 palästinensische und israelische Kinder. Früher brachte er tausende palästinensische Kinder für einen Tag nach Israel, damit sie zum ersten Mal am Strand baden. Er mobilisiert israelische Freiwillige, die Palästinensern bei der Olivenernte gegen Angriffe extremistischer Siedler schützen. Dafür muss er Morddrohungen und physische Angriffe in Kauf nehmen. Nach Gaza, wo Stromausfälle auch in Friedenszeiten zum Alltag gehören, schickt er Solarzellen, mit denen man eine Taschenlampe oder ein Telefon aufladen kann.

Bei solchen Gesprächen erzählten Gazaner Inbar, wie sehr sie die Hamas hassen würden und hofften, sie bei den nächsten Wahlen zu stürzen. „Aber das werden sie nie öffentlich sagen, denn viele von ihnen werden nach ihrer Rückkehr aus Israel verhört, manche auch festgenommen – sogar andere, die mit Israelis nur telefonierten“.

Inbar redet wie ein Wasserfall, der aber seine Einsamkeit nicht verbergen kann. „Ich zahle einen hohen sozialen Preis für meine Aktivitäten.“ Alte Freunde und sogar seine Frau und Kinder werfen ihm Obsession vor. Er kann aber nicht anders, „denn es geht um die Zukunft unserer Kinder!“ Inbar will die Welt aufrütteln, denn die Menschen in Gaza hungern. Schuld daran seien Ägypten, die Hamas, aber auch Israel, die diesen Krieg nicht gewinnen könne.

Igal Avidan

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