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Israelische Präsident Reuven Rivlin will, dass Deutschland sich im Streit mit dem Iran auf Israels Seite stellt.
© Gali Tibbon/AFP
Update

Merkel trifft Netanjahu und Rivlin: Israel fordert deutsche Unterstützung im Nuklearstreit mit dem Iran

Bundeskanzlerin Merkel besucht die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und bespricht den Iran-Konflikt. Schwerpunkt der Reise sind die Wirtschaftsbeziehungen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei einem Besuch der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem auf die "immerwährende Verantwortung" Deutschlands hingewiesen, an die Schoah zu erinnern. Aus den "beispiellosen Verbrechen des Zivilisationsbruches" erwachse die "immerwährende Verantwortung Deutschlands, an dieses Verbrechen zu erinnern, und Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Hass und Gewalt entgegenzutreten", zitierte Merkel am Donnerstag aus ihrem Eintrag ins Gästebuch der Gedenkstätte.

Zuvor hatte die Bundeskanzlerin an einer Gedenkzeremonie für die sechs Millionen während des Holocaust getöteten Juden teilgenommen und einen Kranz niedergelegt.

Merkel sieht gestiegene Bedrohung durch Iran

Die Bedrohung Israels durch den Iran hat nach den Worten von Bundeskanzlerin deutlich zugenommen. Im syrischen Bürgerkrieg stünden iranische Truppen direkt hinter den Golanhöhen, sagte Merkel am Donnerstag bei einem Treffen mit Studenten in Jerusalem. Sie sei sich mit der israelischen Regierung auch völlig einig, dass eine nukleare Bewaffnung des Irans zu verhindern sei. Nicht einig sei man sich allerdings über den Weg dorthin.

Israel will das Atomabkommen wie die USA aufkündigen. Deutschland und die EU wollen daran festhalten. Merkel sagte, der Dissens bestehe darin, dass die eine Seite das Abkommen auflösen und schärfer verhandeln wolle. Die andere Seite sehe darin die Möglichkeit eines vorübergehenden Stopps der nuklearen Aufrüstung. Aber es stelle sich auch hier die Frage, was der Iran nach Ablauf des Abkommens mache.

Israelische Präsident Reuven Rivlin kritisierte die Europäische Union für Handel mit Israels Erzfeind und forderte Deutschland auf, sich an die Seit Israels zu stellen. „Das iranische Monster muss ausgehungert, nicht gefüttert werden“, sagte er. Nur so lasse sich globale Stabilität gewährleisten. „Wir bitten Deutschland, sich an unsere Seite zu stellen, in der Forderung, das iranische Atomprogramm zu überwachen, und es dem Iran nicht zu erlauben, gegen seine Zusagen zu verstoßen“, sagte Rivlin zudem an Merkel gewandt.

Bei einem Treffen mit Benjamin Netanjahu später am Donnerstag bekräftigte Merkel das gemeinsame Ziel mit Israel in der Iran-Politik, wies aber erneut auf Differenzen hin.

Merkel sagte zugleich, der iranische Einfluss in Syrien müsse „gen Null“ gehen. Dies aber sei ein schwieriges Projekt. Dass der Iran mit Truppen nahe den Golan-Höhen stehe, sei eine Bedrohung Israels. Eine solche gehe auch vom Libanon aus. „Insofern sehen wir, unter welchem Druck und in welcher Umgebung Sie hier leben, und das unterscheidet sich schon sehr stark von der Situation, in der wir möglicherweise in der Europäischen Union leben. Deshalb bestätige ich ausdrücklich, dass natürlich Israel sich verteidigen muss, wenn es angegriffen wird.“

Die Kanzlerin war am Mittwochabend mit Ministern ihres Kabinetts zu regelmäßigen Konsultationen in Jerusalem angekommen. Merkel betonte am Donnerstag bei einem Treffen mit Studenten in Jerusalem, sie sei sich mit der israelischen Regierung völlig einig, dass eine nukleare Bewaffnung des Irans verhindert werden müsse. Allerdings sei man sich über den Weg dahin nicht einig. Die Bedrohung Israels durch den Iran habe deutlich zugenommen. Im syrischen Bürgerkrieg stünden iranische Truppen direkt hinter den Golanhöhen.

Das 2015 geschlossene internationale Atomabkommen mit dem Iran ist einer der zentralen Konfliktpunkte zwischen den Regierungen Deutschlands und Israels. Der israelische Regierungschef Benjamin Netanjahu wirft Merkel einen zu sanften Kurs gegenüber Teheran vor. Deutschland und andere EU-Staaten wollen das Abkommen im Gegensatz zu den USA retten.

Die Universität Haifa verlieh der Kanzlerin am Donnerstagmorgen eine Ehrendoktorwürde. Die Hochschule begründete die Ehrung mit dem Führungsstil der Kanzlerin, der auf den Prinzipien von Gleichheit, Freiheit und Menschenrechten basiere. Merkel nannte die mit Israel aufgebaute Freundschaft bei der Verleihung im Israel-Museum ein „unschätzbares Geschenk“, gerade vor dem Hintergrund des Holocaust.

Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Cybersicherheit

Bei einem Treffen Merkels mit Netanjahu vereinbarten beide Seiten am Mittwochabend eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft und Cybersicherheit. Am Donnerstag trafen Merkel und Netanjahu Wirtschaftsvertreter beider Länder. Netanjahu sagte, Deutschland sei eine der führenden Wirtschaftsnationen und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit seien hervorragend. Deutschland und Israel träten in eine neue Phase ihrer Beziehungen ein. „Zusammen können wir es besser.“ Merkel sagte, Israel habe sich zu einem „lebendigen Forschungsland“ entwickelt.

Zwischen dem israelischen Wirtschaftsministerium und dem Bundesforschungsministerium solle bereits eine Absichtserklärung über technologischen Informationsaustausch unterzeichnet sowie gemeinsame Projekte bei der Künstlichen Intelligenz, bei Cybersicherheit und Nanotechnologie angegangen werden, teilte Netanjahus Büro mit. Auch solle es eine Reihe weiterer Vereinbarungen geben. Eine solle es ermöglichen, im kommenden Jahr die Gurlitt-Sammlung im Israel-Museum zu zeigen. In der Sammlung befinden sich Kunstwerke, bei denen der Verdacht besteht, dass es sich um NS-Raubkunst handeln könnte.

Weiteres Thema bei den Gesprächen dürfte die umstrittene israelische Siedlungspolitik in den Palästinensergebieten sein. EU und Deutschland dringen immer wieder auf Friedensgespräche Israels mit den Palästinensern und wollen eine Zweistaatenlösung. Gespräche mit den Palästinensern waren bei Merkels Besuch allerdings nicht geplant.

Zu der Kontroverse über die geplante Räumung des Beduinendorfes Chan Al-Achmar im Westjordanland bekräftigte Merkel, eine Absage der Konsultationen wegen einer möglichen Evakuierung sei zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt gewesen. (AFP, dpa)

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