Atomabkommen: Isoliert Trump den Iran – oder sich selbst?
Der US-Präsident kündigt das Atomabkommen mit dem Iran nicht aus. Doch Trumps Rede stößt auf viel Kritik, weil seine Haltung auf eine neue Konfrontation mit Irans Regierung hinausläuft.
Als Donald Trump am Freitag im Weißen Haus vors Mikrofon trat, um die neue Strategie seiner Regierung gegenüber dem Iran zu verkünden, dürften einige seiner Berater den Atem angehalten haben. Zwar hatten sie in den vergangenen Tagen bereits mit führenden Kongressabgeordneten über die neue Linie gesprochen, die keinen sofortigen Ausstieg aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran vorsieht, aber bei Trump weiß man ja nie. In seiner 20-minütigen Ansprache verzichtete der Präsident tatsächlich darauf, dem Atomabkommen den Todesstoß zu versetzen. Doch er zählte Forderungen auf, die in den kommenden Monaten auf ein Ende des Deals hinauslaufen könnten.
Trump brandmarkte das internationale Atomabkommen mit dem Iran (JCPOA) erneut als miserable Vereinbarung, die Teheran viele Vorteile bringe und den Iran zur Einmischung in Konflikte wie in Syrien ermuntere. Das Abkommen war vor zwei Jahren von den USA, China, Deutschland, der EU, Frankeich, Großbritannien und Russland mit dem Iran ausgehandelt worden. Teheran verzichtete im Rahmen des Pakts auf die Entwicklung von Atomwaffen und wurde dafür mit der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen belohnt.
Bei den europäischen Vertragspartnern gilt der Pakt als Erfolg. Auch die Vereinten Nationen bescheinigten Teheran noch kürzlich vertragskonformes Verhalten. Selbst Außenminister Rex Tillerson räumte vor Journalisten ein, dass die Iraner bisher den Bedingungen des Vertrages nachkommen. Doch der Präsident betonte, die Vereinbarung habe den Iran nicht von aggressivem Verhalten in Bereichen außerhalb des Atomprogramms abgehalten.
Auch wenn Trump zunächst beim JCPOA bleibt: Seine Wortwahl lässt nicht viel Hoffnung zu. Seine Charakterisierung der iranischen Regierung als Unrechtsregime legt nahe, dass nur ein Ende der Mullah-Herrschaft in Teheran den amerikanischen Präsidenten einigermaßen zufriedenstellen würde.
Der Präsident rief den Kongress auf, in ein amerikanisches Begleitgesetz zum Iran-Deal neue Sanktionsmöglichkeiten einzufügen, die bei Zuwiderhandlungen des Iran aktiviert würden. Damit könnte das iranische Raketenprogramm ins Visier der US-Sanktionen geraten. Auch will Trump erreichen, dass der Iran dauerhaft Beschränkungen seines Atomprogramms unterworfen wird; laut dem JCPOA laufen die Auflagen für Teheran im Bereich der Uran-Anreicherung in acht Jahren aus. Gleichzeitig will Washington mit den Europäern über einen neuen Iran-Vertrag reden, der parallel zum JCPOA bestehen und der Sanktionen gegen das iranische Raketenprogramm androhen würde.
Iranische Revolutionsgarde nicht als Terrororganisation eingestuft
Als Sofortmaßnahme belegt die US-Regierung die iranische Revolutionsgarde mit neuen Sanktionen. Auch dabei sollen die Europäer mitmachen. Auf eine zunächst angedachte Einstufung der Garde als Terrororganisation verzichtete die Trump-Regierung. Dabei spielen praktische Gründe eine Rolle: US-Truppen könnten im Irak oder in Syrien beim Kampf gegen den "Islamischen Staat" (IS) auf Einheiten der iranischen Garde stoßen, die in beiden Ländern aktiv ist. Wenn die Garde offiziell als Terrorgruppe eingestuft wäre, müssten die US-Soldaten die Iraner angreifen. Dies sei aber „nicht angemessen“, sagte Tillerson.
Grundidee der amerikanischen Linie ist es, das Atomabkommen vorerst unangetastet zu lassen, wie es die Deutschen und anderen Europäer fordern, aber gleichzeitig mehr Druck auf die Regierung in Teheran zu entwickeln. Damit soll der Iran zu Zugeständnissen bewegt werden. Als letzte Möglichkeit hält sich Washington den Ausstieg aus dem Vertrag vor. Seine Regierung wolle die Schwächen des Abkommens „richten“, sagte Tillerson. Aber: „Wir könnten scheitern.“
Vorwurf: Problem wird auf den Kongress abgewälzt
Kritiker der US-Regierung sagen, die Strategie beruhe auf einer Fehleinschätzung: Der Iran werde keinen neuen Kompromissen zustimmen. Die Erwartung, dass sich Teheran bewegen könne, sei pure „Fantasie“, sagte Philip Gordon, ein ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter des Weißen Hauses unter Trumps Vorgänger Barack Obama, dem Sender ABC. Andere Akteure halten Trump vor, er wälze die Verantwortung für das weitere Vorgehen auf den Kongress und die Europäer ab. Wenn Trump so erpicht auf neue Sanktionen sei, könne er diese jederzeit im Alleingang und ohne den Kongress anordnen, zitierte die „Washington Post“ den Mitarbeiter eines republikanischen Politikers im Parlament.
Dennoch ist nun der Kongress am Zug: Das Parlament muss entscheiden, ob es Trumps Ruf folgt. Innerhalb von drei Monaten will sich die Regierung sich mit dem Parlament einigen. Die oppositionellen Demokraten sind für eine Beibehaltung des Iran-Abkommens: Nicht der Iran werde durch Trumps neue Strategie isoliert, sondern die USA, sagte die Fraktionschefin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi. Auch viele Republikaner hatten sich in den vergangenen Tagen dagegen ausgesprochen, den Vertrag aufs Spiel zu setzen.