zum Hauptinhalt
Update

11. September 2001: Islamistischer Terror ohne Grenzen?

Der Terror hat sich nach den Anschlägen auf das World Trade Center nicht nur verbreitet, er hat sich globalisiert. Ein Überblick.

Seit dem Angriff auf die USA verübten islamistische Terroristen in mindestens 55 Staaten Anschläge – oder versuchten es. Die genaue Zahl der Attacken kennt niemand, es dürften tausende sein, mit unzähligen Toten und Verletzten. Die meisten Täter bekennen sich zu sunnitischen Organisationen wie Al Qaida und dem „Islamischen Staat“ (IS), aber auch schiitische Vereinigungen wie die libanesische Hisbollah verüben Anschläge. Auffällig ist, dass Mittel- und Südamerika sowie das südliche Afrika verschont geblieben sind. Doch auch hier sind Islamisten aktiv, nutzen Länder als Rückzugsräume. Die folgende Übersicht listet einen großen Teil der Anschlägen auf.

Afghanistan: Taliban, Al Qaida und weitere Terrorgruppen, darunter Kämpfer des IS, verüben zahllose Anschläge. Seit 2001 sterben im Bürgerkrieg auf allen Seiten etwa 70 000 Menschen. Unter den Opfern sind 35 Bundeswehrsoldaten, die durch „Fremdeinwirkung“ ums Leben kamen, sowie drei deutsche Polizisten.

Ägypten: Viele Angriffe von Dschihadisten des IS im Sinai. Allein bei einem Doppelanschlag 2014 werden mehr als 30 Soldaten getötet

Algerien: Zahlreiche Attacken von Terroristen. 2003 werden westliche Touristen entführt, eine Deutsche stirbt. 2013 nehmen Al-Qaida-Kämpfer Geiseln am Gasfeld In Aménas, Dutzende Tote. 2014 enthaupten IS-nahe Terroristen einen französischen Bergsteiger.

Aserbaidschan: Die Behörden vereiteln 2012 nach eigenen Angaben einen Anschlag auf den Eurovision Song Contest in Baku

Australien: Im Jahr 2014 Messerattacke eines IS-Sympathisanten auf Polizisten. Ebenfalls 2014 nimmt ein Islamist in Sydney Geiseln. Beim Einsatz der Polizei sterben der Täter und zwei seiner Opfer.

Bangladesch: Immer wieder Anschläge militanter Islamisten. 2005 werden an einem Tag 500 Bomben gezündet, zwei Menschen sterben. 2015 ermorden Fanatiker drei islamkritische Blogger.

Belgien: 2014 erschießt der Ex-Syrien-Kämpfer Mehdi Nemmouche im Jüdischen Museum von Brüssel vier Menschen. 2015 tötet die Polizei in Verviers zwei Islamisten, die Anschläge planten.

Bosnien: 2015 tötet ein Islamist einen Polizisten

Bulgarien: Mutmaßliche Attentäter der schiitisch-libanesischen Hisbollah töten 2012 fünf israelische Touristen und einen Bulgaren

China: Bombenanschläge und weitere Attacken uigurischer Islamisten. Allein 18 Tote 2011 gibt es beim Angriff auf eine Polizeistation in der Provinz Sinkiang.

Dänemark: 2010 überfällt ein Somalier den Zeichner der Mohammed-Karikaturen, Kurt Westergaard. Er bleibt unverletzt. 2015 schießt ein Islamist in Kopenhagen auf ein Kulturzentrum und eine Synagoge, zwei Menschen werden getötet.

Deutschland: Im März 2011 erschießt der Kosovare Arid Uka am Frankfurter Flughafen zwei US-Soldaten und verletzt zwei weitere schwer. Die Anschläge der libanesischen Kofferbomber 2006 auf zwei Züge scheitern nur wegen eines technischen Defekts. 2012 legt ein Islamist am Bonner Hauptbahnhof eine Bombe ab, die aber nicht explodiert.

Dschibuti: 2014 zwei Tote bei Angriff auf ein Restaurant 

Eritrea: Islamistische Terroristen töten 2003 einen Briten und zwei US-Amerikaner

Frankreich: 2012 erschießt Mohamed Merah erst in Toulouse und Montauban drei Soldaten. Dann tötet er in Toulouse in einer jüdischen Schule einen Rabbiner und drei Kinder. Im Januar 2015 erschießen die Brüder Said und Chérif Kouachi in Paris beim Angriff auf die Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo elf Mitarbeiter und einen Polizisten. Am selben Tag tötet der Islamist Amedy Coulibaly nahe Paris eine Polizistin. Am nächsten Tag erschießt er in der Stadt in einem jüdischen Supermarkt vier Menschen. Im Juni enthauptet ein Islamist in einer Gasfabrik nahe Lyon seinen Chef. Im August überwältigen Passagiere in einem Thalys-Zug auf der Fahrt nach Paris einen schwer bewaffneten Islamisten.

Großbritannien: Selbstmordattentäter sprengen sich am 7. Juli 2005 in drei Zügen der Londoner U-Bahn und einem Bus in die Luft und reißen 52 Passagiere mit in den Tod. Im Mai 2013 zerhacken zwei Islamisten in London auf offener Straße einen britischen Soldaten.

Von Indien bis Philippinen

Indien: Viele Angriffe militanter Islamisten wegen des Konflikts um die Provinz Kaschmir. 2006 sterben bei der Explosion von sieben Bomben in Mumbai 209 Menschen. 2008 dringt ein Terrorkommando in Mumbai ein, bei den dreitägigen Gefechten sterben 174 Menschen.

Indonesien: 2002 werden bei einem Doppelanschlag auf Bali 202 Menschen getötet. 2005 kommen auf Bali bei drei nahezu zeitgleichen Explosionen 23 Menschen ums Leben.

Irak: Zahllose Anschläge islamistischer Gruppen seit der Invasion der USA und ihrer Verbündeten 2003. Von Juni 2014 an erobert die Terrormiliz Isis Teile des Landes und benennt sich um in „Islamischer Staat“. Tausende Jesiden und Christen fliehen. Der IS verübt auch außerhalb seines Machtbereichs Anschläge. Im Juli 2015 sterben mehr als 100 Menschen bei der Explosion einer Autobombe nahe Bagdad. Außerdem setzt der IS offenbar Senfgas gegen kurdische Kämpfer ein.

Iran: 2010 sterben bei Selbstmordanschlägen auf Schiiten mehr als 60 Menschen

Israel Verheerende Selbstmordanschläge von Anhängern der Hamas. Die Terrororganisation beschießt zudem Israel mit Raketen und entführt Soldaten. Vom Libanon aus attackiert die Hisbollah.

Jemen: Viele Angriffe von Terroristen aus dem Al-Qaida-Spektrum. 2008 Anschlag auf die US-Botschaft, 18 Tote. Seit 2009 setzt sich Al Qaida im Osten des Landes fest und attackiert vom Jemen aus auch die USA, unter anderem mit Paketbomben.

Jordanien: 2005 etwa 60 Tote bei Anschlägen von Al Qaida auf Hotels in Amman

Kamerun:  2015 mindestens 40 Tote bei Selbstmordanschlägen der nigerianischen Terrororganisation Boko Haram

Kanada: Ein Islamist erschießt 2014 in Ottawa einen Soldaten und greift das kanadische Parlament an, dort wird er getötet.

Kasachstan: 2011 Anschlag islamistischer Terroristen auf eine Polizweiwache, sieben Tote

Kenia Schwere Anschläge der somalischen Al-Schabaab-Miliz. 2013 attackiert sie das Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi, 67 Menschen werden getötet. 2015 sterben bei einem Angriff auf die Universität der Stadt Garissa 148 Menschen.

Kirgisistan: 2006 Schießerei zwischen Polizei und mutmaßlich islamistischen Terroristen, fünf Tote

Kongo, demokratische Republik: 2014 massakriert eine islamistische Miliz im Osten des früheren Zaire ungefähr 200 Menschen

Kuwait: 2015 sterben mindestens 27 Menschen bei einem Anschlag des IS auf eine schiitische Moschee

Libanon: mehrere Anschläge sunnitischer Extremisten gegen die schiitische Hisbollah-Miliz und weitere Unterstützer des syrischen Diktators Assad. 2015 kommen in der Stadt Tripoli bei einem Anschlag der Al-Nusra-Front, des syrischen Ablegers von Al Qaida, auf ein von Alawiten besuchtes Café sieben Menschen ums Leben.

Libyen: Nach dem Sturz des Diktators Gaddafi beherrschen Islamisten Teile des Landes. 2012 töten Dschihadisten in Bengasi den US-Botschafter Christopher Stevens. 2015 enthaupten Kämpfer des IS mehr als 20 Christen aus Ägypten.

Mali: 2012 erobern islamistische Milizen mit Verbindung zu Al Qaida den Norden des Landes. Im Jahr darauf werden sie von französischen Einheiten zurückgedrängt. 2015 Anschlag auf ein Lokal in der Hauptstadt Bamako, fünf Menschen sterben, darunter ein Franzose. Bei einem Angriff auf ein Hotel in der Stadt Sévaré werden acht Menschen getötet.

Marokko: Selbstmordattentäter töten 2003 in Casablanca bei fünf Anschlägen mehr als 40 Menschen. 2011 sterben 17 Menschen bei einem Anschlag auf ein Restaurant in Marrakesch. Die meisten Opfer sind europäische Touristen.

Niederlande: Der Islamist Mohammed Bouyeri erschießt 2004 in Amsterdam den Filmemacher Theo van Gogh.

Niger: 2015 Angriffe von Boko Haram, fast 40 Tote

Nigeria Seit 2009 wütet Boko Haram im Norden Nigerias. Der Konflikt weitet sich auf Nachbarstaaten aus, bislang sind mehr als 13 000 Menschen gestorben.

Pakistan Zahllose Angriffe islamistischer Terroristen, vor allem der pakistanischen Taliban. Die Region Wasiristan an der Grenze zu Afghanistan wird eine Hochburg für Taliban, Al Qaida und weitere Organisationen. Von hier aus werden auch Anschläge in Deutschland vorbereitet, etwa der geplante Angriff der Sauerlandgruppe. 2014 töten Taliban beim Angriff auf eine Schule in Peschawar 141 Menschen, die meisten sind Kinder.

Philippinen: Die islamistische Gruppierung Abu Sayyaf terrorisiert den Süden der Philippinen mit Geiselnahmen und Anschlägen. 2004 sterben 116 Menschen, als auf einer Fähre eine von Abu Sayyaf deponierte Bombe explodiert.

Von Russland bis Syrien

Russland: Schwere Anschläge islamistischer Terroristen aus Tschetschenien, Dagestan und weiteren Regionen im Kaukasus. 2002 kommen bei einer Geiselnahme tschetschenischer Kämpfer in einem Moskauer Theater mehr als 120 Menschen ums Leben, als die Polizei vor ihrem Sturmangriff Giftgas einleitet. 2004 sprengen sich Selbstmordattentäterinnen, „schwarze Witwen“, an Bord von zwei Passagierflugzeugen in die Luft. 90 Menschen sterben. Ebenfalls 2004 bringen tschetschenische Terroristen in einer Schule in Beslan mehr als 1100 Kinder und Erwachsene in ihre Gewalt. Bei Gefechten der Geiselnehmer mit Spezialeinheiten werden mehr als 300 Menschen getötet, darunter viele Kinder. 2011 sterben bei einem Selbstmordanschlag im Moskauer Flughafen Domodedowo 36 Menschen.

Saudi-Arabien: Viele militante Aktionen von Terroristen aus dem Al-Qaida-Spektrum. 2003 Angriff mit drei Autobomben in Riad, 26 Tote. 2004 greifen Islamisten in Khobar gezielt ausländische Mitarbeiter der Öl-Industrie an, 22 Tote. 2015 Selbstmordanschlag auf eine von vielen Polizisten besuchte Moschee, 14 Tote.

Schweden: 2010 sprengt sich in Stockholm ein Selbstmordattentäter in die Luft. In einem Fahrzeug explodiert ein weiterer Sprengsatz. Zwei Menschen werden verletzt

Somalia: In dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Land hält die mit Al Qaida verbündete Al-Schabaab-Miliz eine größere Region besetzt und attackiert ihre Gegner, auch in Nachbarstaaten. 2011 sprengt sich ein Islamist der Schabaab mit einem Transporter voller Sprengstoff in Mogadischu in die Luft – es gibt 100 Tote. 2015 tötet ein aus Bonn stammender Islamist mit einem Selbstmordanschlag in Mogadischu 15 Menschen.

Spanien: Am 11. März 2004 stellen Terroristen in Madrid in vier Vorortzügen  Rucksackbomben ab. Bei den Explosionen werden 191 Menschen getötet. Drei Wochen später sprengt sich der Rädelsführer der Islamisten in einem Madrider Vorort in die Luft. Es sterben auch sechs Komplizen und ein Polizist.

Sudan: 2008 attackieren islamistische Kämpfer die Stadt Omdurman. 200 Menschen kommen ums Leben.

Syrien: Etwa ein Jahr nach Ausbruch des Bürgerkriegs beginnt 2012 die Terrorkampagne islamistischer Organisationen. Die mit Al Qaida verbündete Al-Nusra-Front verübt schwere Anschläge gegen das Assad-Regime, hunderte Soldaten sterben. Neben der Nusra-Front beteiligt sich zunehmend auch der irakische Zweig der Al Qaida, der „Islamische Staat im Irak (ISI)“ am Krieg in Syrien und nennt sich 2013 „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS). Nusra-Front und ISIS geraten in Streit, ISIS sagt sich von Al Qaida los und erobert Territorien in Syrien. Die Stadt Raqqa wird Hauptsitz der Organisation. Während des Feldzugs im Irak ernennt sich der ISIS-Chef Abu Bakr al Baghdadi im Juni 2014 zum Kalifen, die Organisation firmiert nun als „Islamischer Staat“ (IS). Die Terrormiliz berauscht sich an ihren Gewalttaten. Westliche Geiseln wie der US-Journalist James Fowley werden enthauptet, mutmaßlich in Syrien. Trotz oder gerade wegen der Exzesse  strömen tausende Dschihadisten  aus vielen Ländern zum IS, 730 kommen aus der Bundesrepublik. Die Miliz schlachtet unablässig Gegner ab, allein im August 2014 werden in der Region Raqqa 160 syrische Soldaten massakriert.

Von Tadschikistan bis zur Zentralafrikanischen Republik

Tadschikistan: 2010 töten mutmaßlich islamistische Kämpfer mehr als 20 Soldaten

Thailand: Im Süden des Landes kämpfen islamistische Rebellen gegen die Armee. Bei Bombenanschlägen in den Unruheprovinzen sterben 2012 etwa 15 Menschen

Tschad: Bei drei Selbstmordanschlägen von Boko Haram werden 2015 fast 40 Menschen getötet.

Tunesien: Im April 2002 sprengt sich ein Islamist auf der Insel Djerba vor der Al-Ghriba-Synagoge in die Luft. 14 deutsche Touristen und fünf weitere Opfer sterben. Im März 2015 greifen Dschihadisten das Nationalmuseum in Tunis an, 21 Tote. Drei Monate später schießt ein Islamist an einem Strand und einem Hotel bei der Stadt Sousse auf Urlauber. 40 Menschen sterben, zwei sind Deutsche.

Türkei: im November 2003 explodieren in Istanbul Autobomben vor zwei Synagogen, dem britischen Konsulat und einer britischen Bank. 57 Menschen kommen ums Leben.

Uganda: 2010 mehr als 70 Tote bei einem Anschlag der somalischen Al-Shabab-Miliz in Ugandas Hauptstadt Kampala.

USA: 2002 erschießt ein ägyptischer Islamist am Flughafen von Los Angeles zwei Menschen. 2009 tötet ein amerikanischer Konvertit in Little Rock einen Soldaten. Im selben Jahr erschießt ein islamistischer US-Offizier in der Militärbasis Fort Hood zwölf Soldaten und einen Zivilisten. Der Täter wurde offenbar von der jemenitischen Al-Qaida-Filiale animiert. 2013 detonieren beim Boston-Marathon zwei Bomben, drei Menschen sterben. 2015 verletzen zwei Islamisten in Garland, Texas, mit Schüssen einen Wachmann bei einer Ausstellung, in der Mohammed-Karikaturen gezeigt werden.

Usbekistan: 2004 attackieren Islamisten Sicherheitskräfte in Taschkent und Buchara. Außerdem greifen in Taschkent zwei Selbstmordattentäter die Botschaften der USA und Israels an und töten zwei usbekische Wachleute. 

Zentralafrikanische Republik: Sudanesische Islamisten beteiligen sich an dem 2006 ausgebrochenen Bürgerkrieg zwischen muslimischen und christlichen Milizen. Auch Boko Haram nutzt das Chaos, um ins Land einzusickern.

Zur Startseite