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Politik: Islamgipfel bekennt sich zur Verfassung

Auftakt des offiziellen Dialogs mit deutschen Muslimen / „Keine Auslandsreligion mehr“

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Berlin - Mit einem Bekenntnis zum Grundgesetz als gemeinsamer Gesprächsbasis hat am Mittwoch in Berlin der offizielle Dialog des deutschen Staats mit den Muslimen begonnen, die „Deutsche Islamkonferenz“. Dies sei ohne lange Diskussionen möglich gewesen, sagte der Gastgeber, Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU). „Niemand hatte irgendeinen Vorbehalt. Es sei in den mehr als drei Stunden „nicht immer nur harmonisch, aber stets tolerant“ zugegangen. „Geknirscht“ habe es etwa bei Fragen wie der Rolle der Frau oder dem Vertretungsanspruch der religiösen Verbände.

Die Konferenz, der je 15 Vertreter von Bund, Ländern und Gemeinden auf der einen und der muslimischen Bevölkerung auf der anderen Seite angehören, soll während der nächsten zwei bis drei Jahre Konzepte für die Integration von Muslimen in Deutschland und für die Klärung ihres rechtlichen Status als Religionsgemeinschaft erarbeiten. Die muslimische Seite ist durch fünf Verbände und zehn nicht organisierte Bürger vertreten, darunter entschiedene Islamkritiker.

Die Diskussion, die am Mittwoch im Charlottenburger Schloss begann, soll künftig in drei Arbeitsgruppen weitergeführt werden, die sich mit den Fragen gemeinsamer Werte, mit Religion und Verfassung und mit der Brückenfunktion von Wirtschaft und Medien beschäftigen. Parallel dazu widmet sich ein Gesprächskreis „Sicherheit und Islamismus“, der inneren Sicherheit und entwickelt Konzepte, um religiös motivierte Gewalt zu verhindern. Die Arbeitsergebnisse werden alle sechs Monate geprüft; das erste Treffen ist für den 8. und 9. November in Nürnberg vorgesehen.

Anscheinend hat sich schon bei der Auftaktveranstaltung eine Lösungsmöglichkeit für ein altes Problem der Beziehungen zwischen Staat und Muslimen abgezeichnet: Der Vertreter der größten muslimischen Vereinigung Ditib, Bekir Alboga, sagte, er freue sich, dass die Verbände sich zu stärkerer Zusammenarbeit entschlossen hätten. Sie werde völlig gleichberechtigt sein, „keiner wird über den Tisch gezogen“. Dabei scheint es auch Nachgeben auf staatlicher Seite gegeben zu haben: Eine einzige Organisation der deutschen Muslime „sei nicht der Punkt“, sagte Schäuble. Bisher waren Verhandlungen etwa über islamischen Religionsunterricht an Schulen daran gescheitert, dass der Staat auf muslimischer Seite einen geeigneten Ansprechpartner vermisste.

Auch die nicht organisierten Muslime äußerten sich befriedigt. Der Generalsekretär des Berliner Europäischen Integrationszentrums, Badr Mohammed, sprach von einem historischen Durchbruch und einer „interkulturellen Öffnung der neuen deutschen Gesellschaft“. Der Dialog müsse aber dazu führen, das die deutschen Muslime sichtbar würden: „Wir sind überall vertreten, in Wirtschaft, Politik, auch in den Medien, aber wir sind nicht sichtbar.“ Ihn freue auch, dass sich das jetzt ändern dürfte.

Der Berliner Medienmanager Walid Nakschbandi lobte die „extrem gute, beeindruckende Veranstaltung“, die „nicht nur Positionen und Freundlichkeiten ausgetauscht“ und auch Unterschiede habe deutlich werden lassen, etwa bei der Haltung zur Rolle der Frau oder Bildungsfragen. „Der Ball liegt jetzt in unserer Spielhälfte“, sagte Nakschbandi. „Mit dem heutigen Tag hat das Land erkannt, dass der Islam keine Auslandsreligion ist. Das ist auch unsere Religion.“

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