Dutzende Tote in Afghanistan: IS reklamiert Anschlag auf schiitische Moschee für sich
Bei zwei Selbstmordanschlägen auf Moscheen in Afghanistan sind mindestens 72 Menschen getötet worden. Die Terrormiliz IS hat sich zu einer der Attacken bekannt.
Bei zwei Angriffen auf Moscheen in Afghanistan sind am Freitagabend mindestens 72 Menschen ums Leben gekommen. Ein Attentat traf ein Gotteshaus in der Hauptstadt Kabul, ein weiteres eine Moschee in der zentralafghanischen Provinz Ghor.
In Kabul sprengte sich laut Innenministerium gegen 18.00 Uhr ein Selbstmordattentäter in einer schiitischen Moschee im Westen der Stadt in die Luft. Dabei seien mindestens 39 Menschen getötet und 45 verletzt worden, meldete ein Sprecher des Innenministeriums, Nadschib Danisch, am Abend. Unter den Opfern seien auch Frauen und Kinder.
Die Terrormiliz Islamischer Staat bekannte sich zu dem Anschlag in der afghanischen Hauptstadt. Ein IS-Selbstmordattentäter namens Abu Omar der Turkmene habe die Tat begangen, erklärte die Gruppe am Samstag im Messengerdienst Telegram. Er habe seine Sprengstoffweste in der Menge "in einem Tempel der Polytheisten" gezündet. Damit beschuldigte der sunnitische IS die Schiiten, an mehrere Götter zu glauben.
Milizenkommandeur soll Ziel des zweiten Anschlags gewesen sein
Bei dem Anschlag in Ghor im Bezirk Dolaina seien mindestens 33 Menschen getötet und zehn verletzt worden, sagte Danisch. Auch hier sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft. Ein Mitglied des Provinzrats, Muwen Ahmed, sagte, „die ganze Decke“ sei heruntergekommen. Seiner Ansicht nach war das Ziel des Anschlags ein bekannter Milizenkommandeur und erbitterter Gegner der radikalislamischen Taliban namens Fasl Ahad, der mit seinen Männern zum Abendgebet gekommen war. Laut Provinzregierung handelt es sich in Ghor um eine sunnitische Moschee. Wer hinter dieser zweiten Tat steckt, blieb zunächst unklar.
Die USA verurteilten die beiden Anschläge scharf. „Im Angesicht dieser unsinnigen und feigen Taten ist unser Engagement für Afghanistan unerschütterlich“, erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Heather Nauert, in einer Mitteilung. Die USA stünden an der Seite der Menschen in Afghanistan und unterstützten ihre Bemühungen für Frieden und Sicherheit weiterhin, fügte sie hinzu. Vor einem Monat hatte die US-Regierung angekündigt, mehr als 3000 weitere Soldaten in das Krisenland zu entsenden.
Dritter Angriff in zwei Monaten
Der Anschlag in Kabul war der dritte Angriff auf eine schiitische Moschee in Kabul in knapp zwei Monaten. Ende September waren bei einem Angriff auf eine schiitische Moschee sieben Menschen getötet worden, Ende August starben bei einem weiteren Anschlag mindestens 28 Menschen. Ein ähnliches Attentat gab es Anfang August auch in der westafghanischen Stadt Herat, damals kamen 29 Menschen ums Leben. Fast jedes Mal kamen die Attentäter, wenn die Moscheen voll waren - entweder an einem hohen Feiertag oder während eines Freitagsgebets.
Anschläge auf schiitische Moscheen hat bisher fast immer die sunnitische Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) für sich reklamiert. Anders als in vielen muslimischen Ländern gibt es in Afghanistan keine Geschichte blutiger Fehden zwischen Sunniten und Schiiten. Aber seit dem Aufkommen des IS 2015 sind Schiiten - die meist der ethnischen Minderheit der Hasara angehören - zunehmend Ziel brutaler Angriffe.
Der IS war 2017 bereits für einige der brutalsten Anschläge in Afghanistan verantwortlich, darunter eine siebenstündige Schießerei in einem Krankenhaus in Kabul. (mes, dpa, AFP)