Festnahmen in Deutschland: IS-Mitglieder sollen Anschlag in Düsseldorf geplant haben
Die Polizei hat drei Islamisten aus Syrien festgenommen - einen davon in Brandenburg. Sie sollen Attentate in der Düsseldorfer Altstadt geplant haben.
Die deutschen Sicherheitsbehörden haben erstmals eine mutmaßliche Schläferzelle der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) ausgehoben. Die vier Syrer hatten nach Erkenntnissen der ermittelnden Bundesanwaltschaft den Auftrag, in der Düsseldorfer Altstadt einen schweren Anschlag zu verüben. Die Polizei nahm im brandenburgischen Bliesdorf, in Mülheim/Ruhr (Nordrhein-Westfalen) und in Leimen (Baden-Württemberg) drei Männer fest, der vierte Terrorverdächtige sitzt seit Februar in Paris in Untersuchungshaft. Was die Gruppe geplant habe, sei erschreckend, hieß es in Sicherheitskreisen.
Nach Angaben von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) gab es Planungen für zeitgleiche Anschläge an mehreren Orten in der Stadt. Es habe aber noch keine konkreten Vorbereitungen gegeben. Jäger erklärte, die Sicherheitsvorkehrungen seien bereits jetzt in ganz Deutschland auf „sehr, sehr hohem Niveau“, würden nun aber noch einmal überprüft. Zugleich betonte der Minister: „Wir dürfen uns von diesen Leuten nicht einschüchtern lassen.“
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) erklärte in Berlin, die Ermittlungsbehörden gingen mit allen Mitteln des Rechtsstaats gegen mutmaßliche Terroristen vor. „Wir werden alles tun, um terroristische Anschläge zu verhindern und die Menschen in Deutschland so gut wie möglich zu schützen“, betonte Maas.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) bezeichnete die Festnahmen als Erfolg. Das Aufspüren der mutmaßlichen Attentäter zeige, dass die internationale Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden funktioniere. Hundertprozentige Sicherheit gebe es aber nicht. „Angesichts von Aktivitäten einer Terrorzelle mit offenbar klarem Auftrag, todbringende Anschläge zu begehen, kann von einer abstrakten Terrorgefahr in Deutschland längst nicht mehr die Rede sein“, sagte GdP-Chef Oliver Malchow am Donnerstagnachmittag in Berlin.
Auftrag zum Anschlag durch führende IS-Kader
Der Bundesanwaltschaft zufolge sollten "zwei Selbstmordattentäter in Düsseldorf auf der Heinrich-Heine-Allee jeweils eine Sprengstoffweste zünden". Weitere Attentäter hätten dann mit Gewehren und Sprengsätzen möglichst viele Passanten töten sollen.
In Bliesdorf nahm die Polizei in einer Flüchtlingsunterkunft den 27-jährigen Hamza C. fest. In Mülheim wurde der 25 Jahre alte Mahood B. abgeführt, in Leimen der 31-jährige Abd Arahman A.K. In Frankreich sitzt der 25 Jahre alte Saleh A. ein. Im Haftbefehl des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof wird den vier Männern die Verabredung zu einem Verbrechen vorgeworfen. Saleh A., Hamza C. und Abd Arahman A.K. sind nach Angaben der Bundesanwaltschaft zudem dringend verdächtig, Mitglieder des IS zu sein. Abd Ahraman A.K. soll zudem bei der Al Nusra-Front gewesen sein, dem syrischen Ableger von Al Qaida. In Sicherheitskreisen wird der Syrer als Sprengstoffexperte bezeichnet. Für die Nusra-Front habe er Sprengstoffgürtel und Granaten hergestellt. Der vierte Mann, Mahood B., gilt als Unterstützer des IS.
Die Bundesanwaltschaft schildert die Aktivitäten der vier Terrorverdächtigen so: Saleh A. und Hamza C. hätten sich im Frühjahr 2014 in Syrien der Terrormiliz IS angeschlossen, die sich damals noch ISIS nannte. Führende Kader hätten den Männern den Auftrag zu einem Anschlag in der Düsseldorfer Altstadt erteilt. Saleh A. und Hamza C. seien dann im Mai 2014 in die Türkei gereist. Im März und im Juli 2015 seien die beiden Männer getrennt über Griechenland nach Deutschland gekommen. Saleh A. und Hamza C. nutzten offenkundig die Balkanroute.
Die beiden Syrer verhielten sich in Deutschland unauffällig. Im Januar 2016 sollen sie Mahood B., der sich unabhängig von den beiden in der Bundesrepublik aufhielt, überredet haben, bei dem geplanten Anschlag mitzumachen. Ebenfalls im Januar soll Abd Arahman A.K. in Kontakt zu Saleh A. getreten sein. Abd Arahman A.K. war nach Angaben der Bundesanwaltschaft bereits im Oktober 2014 im Auftrag der IS-Führung nach Deutschland gereist. Der Mann habe die für den Anschlag erforderlichen Sprengstoffwesten herstellen sollen.
Der Plan zum Angriff auf die Düsseldorfer Altstadt sei gescheitert, weil Saleh A. "kalte Füsse" bekommen habe, hieß es in Sicherheitskreisen. Der Syrer begab sich im Februar 2016 nach Paris und offenbarte sich den französischen Sicherheitsbehörden. Saleh A. habe sich am 1. Februar freiwillig auf einem Kommissariat in dem Pariser Viertel La Goutte d'Or gemeldet, hieß es am Donnerstagabend aus Justizkreisen in der französischen Hauptstadt. Der Verdächtige habe gesagt, dass er "Informationen über eine Schläferzelle" habe, die bereit sei, "in Deutschland zuzuschlagen". Er wurde demnach zunächst in Gewahrsam genommen und mehrfach von Anti-Terror-Experten verhört. Dann wurde er der "kriminellen Vereinigung in Zusammenhang mit einer terroristischen kriminellen Unternehmung" beschuldigt und in Untersuchungshaft genommen. Deutschland hat seine Auslieferung beantragt. Die Aussagen des Mannes hätten zu Ermittlungen gemeinsam mit den deutschen Sicherheitsbehörden geführt, die erfolgreich gewesen seien, hieß es weiter. So hätten die drei weiteren Verdächtigen in Deutschland gefasst werden können.
Warum Saleh A. nicht in der Bundesrepublik zur Polizei ging, ist unklar. Nach dem schweren Anschlag vom November 2015 in Paris habe er möglicherweise geglaubt, in Frankreich mit seiner Geschichte eher ernst genommen zu werden, sagte ein Sicherheitsexperte. Die Bundesanwaltschaft bemüht sich um die Auslieferung von Saleh A. nach Deutschland.
Sprengstoff und Waffen hatte die Gruppe offenbar noch nicht beschafft. Es lägen keine Hinweise vor, „dass die Beschuldigten bereits mit der Umsetzung ihres Anschlagsplanes konkret begonnen hatten“, sagte die Bundesanwaltschaft. Sie betonte zudem, die Festnahmen stünden in keinem Zusammenhang mit der bevorstehenden Fußballeuropameisterschaft in Frankreich. (mit epd, AFP)