Kurswechsel oder Taktik?: Iran will Atomgespräche wieder aufnehmen
Iran hat den Abschuss von Langstreckenraketen im Rahmen eines Manövers dementiert und Gesprächsbereitschaft über das Atomprogramm signalisiert. Das Land hatte mit der Schließung der weltweit wichtigsten Ölhandelsroute gedroht, falls der Westen Sanktionen verschärft.
Erst hat der Iran gedroht, nun signalisiert das Land Entgegenkommen: Inmitten der jüngsten Spannungen am Persischen Golf hat Teheran sich zur Wiederaufnahme der seit fast einem Jahr auf Eis liegenden Gespräche über sein umstrittenes Atomprogramm bereiterklärt. Sein Land sei gewillt, die Verhandlungen mit den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat sowie Deutschland fortzusetzen, sagte Außenminister Ali-Akbar Salehi am Samstag in Teheran.
Chefunterhändler Said Dschalili erklärte nach Angaben der Nachrichtenagentur Isna, die sechs Länder seien darüber bereits offiziell informiert worden. Zuvor hatte es unter Berufung auf den iranischen Botschafter in Berlin, Ali-Resa Scheich-Attar, geheißen, Dschalili werde die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Kürze über die Bereitschaft seines Landes zur Wiederaufnahme der Verhandlungen in Kenntnis setzen. Ashton hatte im September eine Fortsetzung der Atomgespräche mit dem Iran unter bestimmten Bedingungen in Aussicht gestellt.
Die Atomgespräche des Irans mit der 5+1-Gruppe (die Vetomächte USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien sowie Deutschland) waren zuletzt im Januar 2011 in Istanbul wegen fehlender Fortschritte auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Hauptziel der 5+1 ist es, den Iran von einer weiteren Anreicherung von Uran abzubringen. Hoch angereichertes Uran kann für den Bau einer Atombombe verwendet werden. Der Westen verdächtigt die iranische Regierung, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms heimlich am Bau von Atomwaffen zu arbeiten. Israel und die USA haben deshalb auch Militärschläge gegen iranische Atomanlagen nicht ausgeschlossen.
Die für Samstag angekündigten Raketentests des Iran sollen nach Angaben des Militärs nun erst „in den kommenden Tagen“ stattfinden. Die Einsatzfähigkeit verschiedener Kurz- und Langstreckenraketen werde in den kommenden Tagen getestet, sagte Admiral Mahmud Mussawi am Samstag im iranischen Staatsfernsehen. Dem Sender Press TV sagte er zudem, noch am Samstag sollten Zielattrappen im Meer postiert werden, um die jeweiligen Tests vorzubereiten.
Die Nachrichtenagentur Isna hatte Mussawi noch am Freitag mit den Worten zitiert, das Land werde am Samstag verschiedene Raketen testen. Die iranische Marine hatte am 24. Dezember ein Manöver im Gebiet um die Meerenge von Hormus begonnen, das bis Montag andauern soll. In diesem Rahmen würden die Tests stattfinden, sagte der Sprecher des Manövers demnach.
Am Samstag entsandte der Iran zudem Signale zur Wiederaufnahme der Gespräche über sein Atomprogramm. Die Atomgespräche mit den fünf Vetomächten im UN-Sicherheitsrat sowie Deutschland liegen seit fast einem Jahr auf Eis. Sein Land sei gewillt, die Verhandlungen fortzusetzen, sagte Außenminister Ali-Akbar Salehi während des Besuches eines chinesischen Regierungsbeamten am Samstag in Teheran.
Der iranische Chefunterhändler Said Dschalili werde die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in Kürze über die Bereitschaft seines Landes zur Wiederaufnahme der Verhandlungen informieren, meldeten Staatsmedien.
Der Iran hatte mit der Schließung der weltweit wichtigsten Ölhandelsroute gedroht, falls der Westen im Streit um das Atomprogramm des Iran wie angekündigt die iranischen Ölexporte mit Sanktionen belegt.
Durch die Straße von Hormus flossen 2009 etwa ein Drittel des weltweit über das Meer transportierten Öls.
Das Seemanöver des Iran dauert zehn Tage und soll mit den Raketentests abgeschlossen werden. Damit soll der Drohung, die Ölhandelsroute zu schließen, Nachdruck verliehen werden. Den Medien des Landes zufolge unterschied sich dieses Manöver von früheren. So hätten sich die Aktionen über ein größeres Gebiet erstreckt. Auch die militärische Ausrüstung und Taktik seien anders. Der stellvertretende Marine-Befehlshaber Admiral Mahmud Musawi hatte am Freitag gegenüber Fars erklärt: “Der letzte Teil der Übung soll die Marine darauf vorbereiten, dem Feind in einer Kriegssituation entgegenzutreten.“ Die USA haben den Iran mit deutlichen Worten vor einer Blockade der Straße von Hormus gewarnt und schließen in dem sich zuspitzenden Konflikt auch militärische Mittel grundsätzlich nicht aus. Am Donnerstag hatten die USA bekanntgegeben, zur Wahrung der Sicherheit am Golf ihrem langjährigen Verbündeten Saudi-Arabien Kampfflugzeuge und andere Waffen im Wert von knapp 30 Milliarden Dollar zu verkaufen. Der Iran sei eindeutig eine der Bedrohungen, der Saudi-Arabien und andere Länder der Region ausgesetzt seien - auch wenn der Verkauf nicht allein gegen den Iran ziele, erklärte die Regierung in Washington.
Der Konflikt zwischen dem Westen und dem Iran hat sich verschärft, nachdem sich nach Erkenntnissen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) der Verdacht erhärtet hat, dass das Land nach Atomwaffen strebt. Die Islamische Republik weist dies zurück. Die Europäische Union (EU) will Ende Januar neue Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängen. Offenbar ist der Iran zu weiteren Gesprächen mit der sogenannten Sechsergruppe bereit. Chefunterhändler Said Dschalili wolle sich in einem Brief an die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton dazu bereiterklären, sagte Irans Botschafter in Deutschland, Aliresa Scheich Attar, am Samstag der halbamtlichen Nachrichtenagentur Mehr.
Zu der Sechsergruppe gehören die fünf UN-Vetomächte und Deutschland. Der Ölpreis werde sich im Fall von neuen Sanktionen dramatisch verteuern, sagte Irans Ölminister Rostam Kasemi der Wochenzeitung “Aseman“. “Der Ölpreis wird mindestens auf über 200 Dollar pro Fass steigen.“ Ein Fass (159 Liter) der Sorte Brent kostet derzeit rund 107 Dollar. (AFP/Reuters)