Ärger um Parlamentarier-Treffen: Iran-Reisepläne spalten die Politik
Europaabgeordnete planen Gespräche in Teheran. Sie handeln sich damit jede Menge Kritik ein. Dennoch soll der Besuch soll am 27. Oktober beginnen.
Eine für Ende Oktober geplante Reise einer Delegation des Europaparlaments in den Iran stößt auf zum Teil heftige Kritik - sowohl in Berlin als auch in Brüssel und Washington. Selbst im Europaparlament ist das Vorhaben umstritten. Dort hieß es, man sei nicht glücklich mit der Entscheidung, gerade jetzt eine Reise in den Iran zu organisieren, zumal die inhaftierte iranische Anwältin Nasrin Sotoudeh und der iranische Filmemacher Jafar Panahi zu den Kandidaten für den diesjährigen Sacharow-Preis gehören. Dieser wird vom Europaparlament an Menschenrechtsaktivisten verliehen. Am kommenden Freitag soll der diesjährige Preisträger bekannt gegeben werden.
Organisiert wird der umstrittene Besuch von einer für die Beziehungen zum Iran zuständigen Europaparlaments-Arbeitsgruppe. Deren Leiterin ist die Finnin Tarja Cronberg. Aus dem Büro der Grünen-Europaabgeordneten hieß es, dass der Beginn der einwöchigen Visite für 27. Oktober geplant sei. Der Hauptzweck bestehe darin, mit iranischen Abgeordneten ins Gespräch zu kommen. Allerdings warten die EU-Parlamentarier noch auf ihre Einreisevisa. Am vergangenen Donnerstag hatten sich die Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament mehrheitlich für die Reise der Delegation entschieden. Besonders die Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Rebecca Harms, setzte sich dafür ein. Zustimmung gab es auch von den Sozialisten und den Linken. Die Fraktionschefs der Liberalen und der rechtskonservativen ECR stimmten gegen die Visite. Der Vertreter der größten Fraktion im Europaparlament, der konservativen EVP, enthielt sich.
Gegen eine Teilnahme hat sich unter anderem der liberale deutsche Europaabgeordnete Alexander Alvaro entschieden. Er gehört ebenfalls der Iran-Arbeitsgruppe an und warnte davor, dass die Führung in Teheran den Besuch „als Quasi-Anerkennung des Regimes durch das Europaparlament“ darstellen könnte. Sein Fraktionskollege Alexander Graf Lambsdorff bezeichnete die Reise als „eine Schnapsidee“. Sie sei ein „falsches Signal“, nachdem die EU-Außenminister im Streit um das Atomprogramm Teherans am vergangenen Montag weitere Sanktionen gegen den Iran beschlossen hatten.
Auch in Washington gibt es erhebliche Bedenken. Zwei prominente Senatoren haben den Präsidenten des EU-Parlaments, Martin Schulz (SPD), per Brief aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass der Besuch abgesagt wird. Da der Iran sich weiterhin weigere, im Atomkonflikt mit dem UN-Sicherheitsrat zu kooperieren, sei dies die falsche Botschaft, heißt es in dem Schreiben der beiden US-Politiker, die auch Mitglieder des Ausschusses für auswärtige Beziehungen sind. Das American Jewish Committee nennt den Plan sogar „absurd“. Schließlich habe die EU erst vor wenigen Tagen verschärfte Sanktionen gegen Teheran beschlossen. Damit mache Brüssel doch selbst deutlich, dass von Normalität bei den Beziehungen zum Iran nicht die Rede sein könne.
Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Philipp Missfelder, hält die Reise ebenfalls für „nicht zielführend“. „Solche Initiativen haben bislang immer ins Leere geführt und dafür gesorgt, dass das iranische Regime Zeit gewinnt“. Nicht nur vor dem Hintergrund des Friedensnobelpreises sollten sich die Delegierten deshalb fragen, „ob sie die Reise nicht besser absagen“. Ähnlich äußerte sich der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. „Vor dem Hintergrund, dass das Regime in Teheran schon seit Jahren die Weltgemeinschaft beim Streit um das Atomprogramm an der Nase herumführt und offenkundig nicht an einem ernsthaften Dialog interessiert ist, rate ich von dem Vorhaben ab“, sagte Reinhold Robbe. Die Gefahr, dass der Besuch einer EU-Delegation für politische und propagandistische Zwecke missbraucht werde, sei einfach zu groß.