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Die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung: Annette Widmann-Mauz.
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Widmann-Mauz stellt sich gegen Seehofer: Integrationsbeauftragte für Studie zu Rassismus bei der Polizei

Innenminister Horst Seehofer sieht „keinen Bedarf“ für eine Studie zu Racial Profiling. Die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz sieht das ganz anders.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), hat Innenminister Horst Seehofer (CSU) aufgefordert, den Weg für eine unabhängige Studie über mögliche rassistische Tendenzen bei der Polizei freizumachen.

„Ich teile die Einschätzung der Polizeiverbände, dass eine wissenschaftliche Auseinandersetzung für eine sachliche Diskussion erforderlich und gut ist“, sagte Widmann-Mauz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Genau die brauchen wir, um all denen den Rücken zu stärken, die täglich unverzichtbar wichtige Arbeit leisten, und Probleme anzugehen, wo sie auftauchen.“

Die Integrationsbeauftragte betonte: „Dass sich die Polizei selbst deutlich für eine Studie ausspricht, ist ein wichtiges Argument für den Kabinettsausschuss.“ Dem im Frühjahr gegründeten Kabinettsausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus gehören unter anderem Bundesinnenminister Seehofer, Familienministerin Franziska Giffey (SPD) und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) an.

Vor Widmann-Mauz war bereits Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dafür eingetreten, die Studie in Auftrag zu geben.

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Das CSU-geführte Bundesinnenministerium hatte erklärt, Seehofer sehe „keinen Bedarf“ für eine solche wissenschaftliche Studie und begründete dies unter anderem damit, dass Racial Profiling in der polizeilichen Praxis verboten sei. Von Racial Profiling spricht man, wenn Menschen wegen ihrer Hautfarbe, Haarfarbe oder anderer äußerer Merkmale, aber ohne konkreten Anlass, kontrolliert werden.

Die Praxis ist als diskriminierend geächtet, es gibt aber immer wieder Berichte von Betroffenen, wonach sie angewandt wird. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz des Europarats (ECRI) hatte der Bundesregierung im März eine Studie dazu nahelegt – und jüngst nochmals darauf gepocht.

Die Kommission betonte, es sei im eigenen Interesse der Polizei, sich in eine solche Studie einzubringen. Es gebe Indizien, „dass es hier ein substanzielles Problem in Deutschland geben könnte“, sagte die ECRI-Vorsitzende Maria Marouda der Berliner „tageszeitung“ (Donnerstag).

Die ECRI-Vorsitzende sagte der „taz“, sie freue sich über Fürsprache und die Diskussion in Deutschland. Auf Racial Profiling beruhende Kontrollen könnten „traumatische Folgen haben und Angst verursachen. Nicht nur bei den Personen, die angehalten und überprüft werden, sondern in ihrer ganzen Community“, erläuterte Marouda. (epd, dpa)

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