Appell an Apple und Google: Innenministerin Faeser fordert, Telegram aus App-Stores zu werfen
Apple und Google sollten mit diesem Schritt klarmachen, dass rechte Hetze keinen Platz habe, so Faeser. Ansonsten förderten die Konzerne diese nur.
Der Druck auf Apple und Google wächst, den umstrittenen Messengerdienst Telegram aus den App-Stores zu entfernen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appellierte am Mittwoch an die beiden Konzerne, sich daran zu halten, was sie selbst verträten, "dass Mordaufrufe überhaupt keinen Raum" haben dürften.
Solange die Unternehmen Telegram anböten, förderten sie die Verbreitung von Verschwörungstheorien, warnte Faeser in Berlin nach einem Treffen mit den sozialdemokratischen Landesinnenministern und der sozialdemokratischen Innensenatorin der Hauptstadt.
Auch Boris Pistorius, Innenminister von Niedersachsen und Sprecher der SPD-Ressortchefs in der Innenministerkonferenz (IMK), mahnte Apple und Google, sich an ihre eigenen Compliance-Regeln zu halten. Telegram sei "ein echter Brandbeschleuniger geworden für Staatsverächter, Rechtsextremisten und Reichsbürger", sagte Pistorius.
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Der Messengerdienst steht in der Kritik, weil er die Verbreitung von Hass und Hetze über seine Kanäle zulässt. Die Gelegenheit wird von fanatischen Coronaleugnern und Impfgegnern, Verschwörungstheoretikern und Neonazis eifrig genutzt.
Aufsehen erregte unter anderem der fanatische Auftritt eines Oberfeldwebels der Bundeswehr in einem Video bei Telegram. Der Impfgegner drohte Politikern, "euch wird man in Scherben schlagen, eure Leichen wird man auf Feldern verstreuen". Chatgruppen propagierten zudem im Messengerdienst die Tötung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und seiner Amtskollegin in Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD).
Messengerdienst stellt sich taub
Telegram reagiert jedoch nicht auf Klagen aus Deutschland und anderen EU-Staaten wegen der rechten Hetze, löscht aber aus eigener Initiative islamistisch-terroristische Inhalte und Kinderpornografie. Die Bundesrepublik will nun gemeinsam mit den Niederlanden und weiteren EU-Partnern auf Staaten einwirken, die mutmaßlich Telegram beherbergen.
Der Sitz des von dem Russen Pawel Durow gegründeten Messengerdienstes befindet sich offenbar in Dubai, könnte aber auch in einen anderes Land verlagert worden sein. Faeser betonte am Mittwoch, "wir sprechen mit jedem, wo wir Hinweise haben".
"Niederste Gewaltfantasien"
Pistorius hatte Anfang Januar angekündigt, mit Faeser über Telegram zu reden. Dort würden "niederste Gewaltfantasien verbreitet", sagte der Minister damals dem Tagesspiegel. Er warnte vor einer Eskalation: "Wann die Stufe zur Tatausführung überschritten wird, ist dabei meist schwer vorherzusagen, da die Radikalisierung sehr schnell passiert und das oft im Verborgenen". Messengerdienste wie Telegram, betonte Pistorius, könnten "sehr schnell als Brandbeschleuniger wirken".
Schon damals warb Pistorius für seine Forderung, Apple und Google sollten den Messengerdienst aus ihren App-Stores verbannen. Kurz zuvor hatte die Recherche des ARD-Onlineportals ergeben, dass von November bis Dezember 2021 in geheimen und offen einsehbaren Chats bei Telegram mehr als 250 Aufrufe zur Tötung von Politikern, Journalisten, Wissenschaftlern, Ärzten und Polizisten angehäuft hatten.