Rechtsextremistischer Terror: Innenminister will Zentralregister und Abwehrzentrum
Ein Zentralregister für rechtsextreme Straftäter und ein Terrorabwehrzentrum für Neonazis will der Bundesinnenminister einrichten. Doch was sollen diese Maßnahmen bringen?
So richtig weiß wahrscheinlich nicht einmal Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich selbst, wie genau das Zentralregister für Gewalttaten und das Abwehrzentrum zur Bekämpfung rechtsterroristisch motivierter Mordtaten aussehen sollen. Die organisatorische und inhaltliche Ausgestaltung eines Abwehrzentrums gegen Rechtsterrorismus und dessen Ressourcenausstattung würden derzeit geprüft, hieß es am Donnerstag aus dem Bundesministerium des Innern. Das neue Zentralregister soll sich von den bestehenden, vom BKA geführten Zentraldateien „Politisch motivierte Kriminalität rechts“ und „Gewalttäter rechts“ aber dadurch unterscheiden, dass hier nicht nur Polizeien des Bundes und der Länder, sondern auch die Verfassungsschutzbehörden sowie der Militärische Abschirmdienst Zugriff haben sollen.
Damit ähnelt das, was der Minister nun in Bezug auf Rechtsterrorismus und Rechtsextremismus fordert, immer mehr dem, was 2004 als „Gemeinsames Terrorismusabwehrzentrum“ (GTAZ) von Bund und Ländern zur internationalen Terrorismusbekämpfung ins Leben gerufen wurde. Das GTAZ hatte Friedrich am Mittwochabend in den „ARD-Tagesthemen“ neben der Anti-Terrordatei für potenzielle islamistische Gewalttäter explizit als Beispiel für gelungene Gefahrenbekämpfung benannt. Im GTAZ tauschen Spezial- und Analyseeinheiten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst, die Kriminal- und Verfassungsschutzämter der Länder, der Generalbundesanwalt sowie über 30 weitere Behörden Informationen zum islamistischen Terrorismus aus. In verschiedenen Arbeitsgruppen, darunter solche mit Namen wie „Fallauswertung“ und „Strukturanalysen“, versuchen die über 200 Mitarbeiter in „kontinuierlicher und intensiver Zusammenarbeit“, was aufgrund des in Deutschland nach wie vor gültigen Trennungsgrundsatzes für Polizei und Geheimdienste eigentlich nach wie vor nicht möglich ist: die Koordination polizeilicher und geheimdienstlicher Informationen und Arbeitsabläufe. Die war seinerzeit mit der außerordentlichen Bedrohung durch den internationalen Terrorismus begründet worden.
Dass sie nun auch in Fragen des Rechtsterrorismus zumindest ein Stückweit zur Disposition steht, daraus macht das Bundesministerium des Innern auch in der Frage eines Zentralregisters keinen Hehl: Mit einem „Verbund von Daten aus dem repressiven Bereich und aus der Vorfeldbeobachtung“ wolle man einen „realen Mehrwert gegenüber den bisherigen Insellösungen“ erzielen, sagte ein Sprecher am Donnerstag dem Tagesspiegel. Zwar könnten auch in Bezug auf die bereits bestehende sogenannte „Terrordatei“ derzeit noch keine konkreten Erfolge benannt werden, jedoch zeigten Nachfragen bei den mit Terrorismus befassten Mitarbeitern in den Polizeien und Nachrichtendiensten immer wieder, dass sich im Kontext des Projekts Kommunikation und Kontakte zwischen den Behörden erheblich verbessert hätten. So werde die Datei von den beteiligten Behörden sorgfältig gepflegt, die Zahl der Abfragen steige.
Derweil wird die Kritik an Friedrichs Plänen immer lauter. „Im Kampf gegen Nazis brauchen wir keine neue Datei, sondern erst einmal ein gründliches Umdenken bei den Sicherheitsbehörden“, sagte Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag. Mahnende Töne auch aus der FDP: „Jede Lösung muss das Trennungsgebot für Polizei und Nachrichtendienste berücksichtigen“, sagte der FDP-Parlamentarier Hartfrid Wolff dem Tagesspiegel. Ein stärkerer Informationsaustausch zwischen den verschiedenen Ämtern für Verfassungsschutz sei zwar dringend notwendig, „Aktionismus und Schnellschüsse sollten wir aber unterlassen“, sagte er.
Ähnlich äußert sich auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Vor Forderungen nach mehr Vernetzung müsse immer eine Kontrollfrage stehen: „Hätten sich Fehler vermeiden lassen, wenn die entsprechende Maßnahme bereits vorher realisiert worden wäre?“ Noch sei aber nicht einmal ansatzweise geklärt, warum die zur Diskussion stehende Terrorzelle von den Sicherheitsbehörden über Jahre nicht entdeckt wurde, gibt Schaar zu bedenken.
Einer Vermutung, die aus mehreren Kommentaren herausklang, widersprach das Innenministerium indes vehement: In einem neuen Register würden keine Personen und Gruppen allein aufgrund ihrer Gesinnung erfasst, ohne zuvor straffällig geworden oder tatverdächtig zu sein, betonte ein Sprecher.