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Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wird an diesem Montag zu Gesprächen in Washington erwartet.
© picture alliance / dpa

De Maizière in Washington: In heikler Mission

Bundesinnenminister Thomas de Maizière soll beim Besuch in Washington wieder Normalität demonstrieren. Die NSA-Abhöraffäre wird nicht das zentrale Thema sein.

Thomas de Maizière hat seinen Ton in der Affäre längst gesetzt. Das war in München, im Januar. Das, was zulasten deutscher Staatsbürger gehe, sei „maßlos“, hatte der Bundesinnenminister bei seinem Auftritt auf der transatlantischen Sicherheitskonferenz gesagt. Im Flugzeug auf dem Weg nach München war im Gespräch mit Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der Beschluss gereift, diesen Auftritt konferenzunüblich auf Deutsch vorzutragen. Der Punkt sollte sitzen. „Ohne Maß“, nannte er dann vor zwei Wochen noch einmal die Spionage der Vereinigten Staaten gegen Deutschland. In dieser Woche trifft de Maizière den US-Geheimdienstkoordinator James Clapper in Washington. Es dürfte spannend werden, auf welches Maß sich diese beiden in Überwachungsfragen einigen können.

Kein No-Spy-Abkommen

De Maizière bringt kein vorbereitetes No-Spy-Abkommen mit. Und er erwartet auch nicht, auf dem Rückflug ein irgendwie geartetes Übereinkommen aus Washington in der Aktentasche zu haben. Solche Fragen gehören der Vergangenheit an, spätestens seit die Bundeskanzlerin vor gut zwei Wochen mit Barack Obama zusammen durch den Gemüsegarten des Weißen Hauses streifte; auch wenn die Antworten des US-Präsidenten aus deutscher Sicht dort nicht befriedigend ausgefallen sind. De Maizière ist in der amerikanischen Hauptstadt, um mit seinen Gesprächspartnern – neben Clapper auch Justizminister Eric Holder, der Obama-Vertraute John Podesta und diverse Kongressmitglieder – die praktische Zusammenarbeit zu besprechen, die trotz des belasteten Verhältnisses weitergehen muss und weitergehen wird. Dies ist kein NSA-Besuch, auch wenn der Skandal für den Innenminister wie eine Folie darunterliegt.

Ein regulärer Termin

Formal ist dieser Trip nach Washington der Antrittsbesuch des Innenministers nach der Bundestagswahl und damit eine regulär anstehende Konsultation. In den drei Tagen wird de Maizière deshalb routiniert Erkenntnisse über Entwicklungen bei den islamistischen Terroristen austauschen. Neben Afghanistan und Pakistan ist der Schwerpunkt das Erstarken der islamistischen Terrorgruppen in Syrien.

Bei seinem Amtsantritt hatte Barack Obama versprochen, das Gefangenenlager Guantanamo innerhalb eines Jahres zu schließen. Sechs Jahre später ist er noch weit entfernt davon, sein Versprechen einzulösen. Der Kongress verweigert ihm die Zusammenarbeit; kein Abgeordneter will die Verantwortung dafür tragen, die ehemaligen Häftlinge ins US-amerikanische Kernland gelassen zu haben. Die Häftlinge also müssen anderswo untergebracht werden. Mit Deutschland verhandelt die US-Regierung derzeit über eine solche Aufnahme. Auch wenn der positive Bescheid aus Deutschland längst vorbereitet ist, wird Guantanamo in den Gesprächen des Innenministers eine Rolle spielen.

NSA als Datenbeschafferin auch für Berlin

Selbstverständlich wird bei all diesen Themen der amerikanische Inlandsgeheimdienst NSA nicht unerwähnt bleiben. Schließlich ist er einer der Hauptbeschaffer der Erkenntnisse, und die deutschen Geheimdienste sind auf sie angewiesen. Auch deshalb wird der deutsche Innenminister nach Angela Merkel in Washington das Thema wohl nicht noch einmal öffentlich ansprechen. Deutschland braucht die USA und ihre geheimdienstlichen Qualitäten im Kampf gegen den Terror.

Der kritische Liberale Podesta berät Obama im Weißen Haus unter anderem in der heiklen Überwachungsfrage. Zeitgleich mit dem Besuch der Bundeskanzlerin beim US-Präsidenten hatte er ein Papier zu Big Data vorgelegt. Podesta dürfte auch in der Frage, wie weit die amerikanischen Geheimdienste die Bürger jenseits des Atlantiks ausforschen dürfen, der zugänglichste aller Gesprächspartner sein.

Big Data als Herausforderung

Thomas De Maizière aber hat gerade Big Data weit oben auf seine Agenda geschrieben. Die Marktmacht und Datensammelwut der Konzerne hat er immer wieder bedrückender genannt als die Aktivitäten der NSA. In Washington trifft de Maizière mit Vertretern von Google, Microsoft und anderen Internetunternehmen zusammen. Nachdem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) eine sehr viel strengere Regulierung der Firmen gefordert hat, werden diese großes Interesse an dem Gespräch mit dem deutschen Innenminister zeigen. Auch hier geht es um Fragen des richtigen Maßes und der Grenzen des Zulässigen. Vielleicht wird in diesen Gesprächen das Wort „maßlos“ noch einmal fallen. Bei der US-Regierung geht de Maizière aber wohl davon aus, dass diese Botschaft bereits angekommen ist.

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