Jens Spahn zu Organspende: „In dieser Debatte gibt es kein Gut und Böse“
Gesundheitsminister Spahn hofft am Donnerstag auf eine Mehrheit für Widerspruchsregelung. Weitere Themen im Interview: Pflegenotstand und Digitalisierung.
Herr Spahn, Sie wollen, dass künftig allen Bürgern Organe entnommen werden dürfen – wenn sie dem vorher nicht widersprochen haben. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag. Wie stehen die Chancen?
Ich hoffe, dass sich die Abgeordneten des Bundestages für die doppelte Widerspruchslösung entscheiden. Jeder soll Organspender werden können, wenn er sich nicht ausdrücklich dagegen ausspricht. Das wäre ein Paradigmenwechsel zu heute. Und es wäre ein ermutigendes Signal für alle, die auf ein Spenderorgan warten. Aber der Ausgang der Abstimmung ist offen. Wir haben ähnlich viele Unterstützer wie diejenigen, die sich für die Entscheidungslösung einsetzen. Wie auch immer die Abstimmung ausgeht – beide Abgeordnetengruppen eint ein Ziel: Wir wollen alle die Zahl der Organspenden erhöhen. Ich weiß, dass sich viele Abgeordnete wirklich intensiv mit dem Thema beschäftigen, mit Betroffenen im Wahlkreis reden, mit Transplantationsmedizinern diskutieren, Kliniken besuchen. Mit unserem Vorschlag haben wir eine breite gesellschaftliche Debatte angestoßen.
Die von Ihnen geforderte Widerspruchsregelung würde ein fundamentales Recht einschränken: die Freiheit, sich nicht festlegen zu müssen. Und Sie würde Ärzten Zugriff auf den Körper derer geben, die sich nicht festlegen können, wollen oder ihre Festlegung schlicht verbummeln. Was rechtfertigt einen derartigen Eingriff?
Moment einmal: Sie gehen von falschen Voraussetzungen aus. Wer nicht einwilligungsfähig ist, wird kein Organspender. Und die Entscheidung schlicht verbummeln, wird auch nur schwer möglich sein. Bereits ein halbes Jahr vor der Gesetzesänderung würden wir mit einer massiven Aufklärungskampagne starten und immer wieder an die Widerspruchslösung erinnern. Außerdem wollen wir die individuelle Entscheidung doppelt absichern. Das heißt, dass auch noch die Angehörigen nach dem Willen des potenziellen Spenders gefragt werden. Es wird keinen Automatismus geben. Korrekt ist aber: Die Widerspruchslösung bedeutet einen Eingriff in Freiheit. Aber dafür gibt es meiner Meinung nach kein Richtig und Falsch, kein Gut und Böse...
Sondern?
Es handelt sich um eine Abwägung unterschiedlicher Rechtsgüter: die Freiheit des Einzelnen und das Recht auf Leben. Was ist mit den Erkrankten, die ein Spenderorgan benötigen? Wir haben Kinder, die mit ihren Eltern über Monate im Krankenhaus leben müssen, weil sie auf ein Spenderherz warten und außerhalb des Klinikums nicht überleben könnten. Aus meiner Sicht wiegt das so schwer, dass man den Bürgern die geringe Freiheitseinschränkung zumuten kann, sich mit dem Thema wenigstens beschäftigen zu müssen. Wir wollen ja keine Organabgabepflicht. Jeder kann das ablehnen, ohne irgendeinen Nachteil befürchten zu müssen.
Im April ist eine Reform in Kraft getreten. Kliniken erhalten mehr Zeit und Geld für Transplantationen. Warum warten Sie nicht, wie dieses Gesetz wirkt?
Es wirkt doch schon. Nach allem, was ich höre, macht es bereits jetzt einen großen Unterschied, dass nun ein Transplantationsbeauftragter freigestellt ist und dass Organentnahmen besser vergütet werden. Parallel muss sich aber unsere gesellschaftliche Haltung ändern. Ich bin überzeugt: Eine Widerspruchsregelung würde einen kulturellen Wandel bewirken. Normal wäre dann die Bereitschaft zur Spende. Aktiv müssten nicht mehr diejenigen werden, die das wollen, sondern die, die für sich entscheiden, dass sie nicht Organspender sein möchten. In einem solchem Umfeld könnten die neuen Regelungen für die Kliniken viel besser wirken.
Fürchten Sie nicht, dass eine derart radikale Regelung das Gegenteil des Gewollten bewirken könnte, also die Bürger misstrauisch und widerspenstig macht statt ihre Bereitschaft zur Organspende zu erhöhen?
Die Erfahrung aus anderen EU-Ländern zeigt: Das Gegenteil ist richtig. Eine Widerspruchslösung stärkt eher die Akzeptanz für Organspenden. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen, die einen Negativeffekt befürchten, diesen selbst herbeireden. Entscheidend ist aber, was wir aus einer neuen Gesetzeslage machen. Wenn wir uns für die Widerspruchslösung entscheiden, müssen wir noch mehr aufklären als bisher. Vorurteilen und Ängsten können wir am besten mit maximaler Transparenz begegnen. Es geht nicht darum, darauf zu setzen, dass sich hoffentlich keiner informiert. Im Gegenteil.
Ließe sich der Druck nicht auch ohne Widerspruchsregelung erhöhen?
Das klingt nur im ersten Moment einleuchtend. Aber zu Ende denkt, hat das Konsequenzen auch für andere Bereiche. Dann ist man zum Beispiel schnell beim Raucher und der Frage, ob für den dann auch die volle Solidarität der Krankenversicherten gelten soll. Nein: Wenn nur diejenigen Organe bekämen, die selber zur Spende bereit sind, kämen wir schnell auf eine schiefe Bahn. Der Solidaritätsgedanke sollte in der Debatte trotzdem eine wichtige Rolle spielen sollte. Das tut er bei der Widerspruchslösung: Ich muss mich entscheiden, ob ich Organe spenden will. Dafür kann ich aber Hilfe der Solidargemeinschaft erwarten, wenn ich eine Organspende brauche.
Wie geht es weiter, wenn Sie unterliegen?
Ich finde Sieg und Niederlage sind die falschen Kategorien für diese wichtige Debatte. Nochmal: Uns eint dasselbe Ziel. Und es gibt ja auch Gemeinsamkeiten in den Anträgen. Beide Gruppen wollen etwa ein verlässliches Organspende-Register, mehr Info-Kampagnen. Ich bin nicht gegen das, was im anderen Entwurf steht. Ich meine nur, dass es zu wenig ist. Wir brauchen als nächsten Schritt eine stärkere Verbindlichkeit. Und die sehe ich in der Widerspruchsregelung.
Thema Pflegenotstand. 95 Prozent der großen Kliniken schaffen es nicht mehr, ihre Vakanzen zu besetzen - und in jedem dritten Haus mussten wegen fehlender Pflegekräfte schon Betten gesperrt werden. Ist die Patientensicherheit in Gefahr?
Umgekehrt wird ein Schuh daraus. Wir haben jetzt erstmals Mindestvorgaben für die Pflegepersonal-Besetzung in den Krankenhäusern. Damit schützen wir Patienten. Die Frage ist doch: Wie ging es vorher auf den Stationen zu? Es gibt Studien, die zeigen, dass ab einer bestimmten Unterbesetzung - etwa in der Kardiologie - die Sterblichkeit massiv zunimmt. Die Sicherheit der Patienten wäre also vor allem gefährdet, wenn in unterbesetzten Stationen einfach weiter behandelt würde.
Aber wenn Intensivpatienten abgewiesen werden, ist das etwas anderes, als wegen einer planbaren Operation mal ein bisschen weiter fahren zu müssen…
Wenn sich im ländlichen Raum eine Intensivstation abmelden muss und es heißt, ihr müsst jetzt ins 40 Kilometer entfernte Krankenhaus fahren, ist das natürlich ein Problem. Da gibt es nichts zu beschönigen. Ich finde aber, dass wir die Begriffe „Notstand“ und „Krise“ zu oft benutzen. Die verlieren dann irgendwann ihre Wirkung. Dass es in den Kliniken phasenweise und regional ernsthafte Probleme gibt, bestreite ich nicht. Die Frage ist: Wo kommen die her?
Darauf haben Sie sicher eine Antwort.
Länder und Klinikträger haben das Sparen zu Lasten der Pflege über Jahre zugelassen. Dass das jetzt mal spürbar wird, teils auch sehr schmerzhaft, war zu erwarten. Vielleicht ist das aber nötig, um hier endlich was in Bewegung zu bringen. Wir müssen effizienter mit vorhandenem Personal umgehen, brauchen bessere Strukturen. Lungenentzündung und Blinddarm – das muss auch in der Nähe behandelt werden können. Für spezialisierte Herzchirurgie dagegen, planbare Eingriffe an Pankreas oder Prostata, kann man weiter fahren. Da macht es keinen Sinn, dass ein Arzt operiert, der solche Eingriffe nur fünfmal im Jahr macht. Es geht nicht nur um gute Erreichbarkeit, es geht auch um gute Qualität. Darüber will ich dieses Jahr nochmal mit den Ländern reden. Wir müssen herauskommen aus gegenseitiger Blockade und Schuldzuweisung.
Sie haben auch vieles vor, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen und mehr Personal zu gewinnen. Doch das dauert. Braucht es nicht Sofortmaßnahmen?
Die gibt es schon. Wir haben die Zusage gemacht, dass alles, was ein Krankenhaus für Pflege aufwendet, refinanziert wird. Das heißt: Das Geld ist da. Und es gibt die klare Botschaft, dass es sich nicht mehr lohnt, in der Pflege zu sparen. Im Gegenteil. Es geht jetzt darum, mehr Pflegekräfte einzustellen und ihnen bessere Arbeitsbedingungen zu bieten.
War es aus ein Fehler, mit dem Fallpauschalensystem hier Ökonomisierung vor Patientenwohl gestellt zu haben?
Es lässt sich darüber streiten, ob das Fallpauschalensystem die gegenwärtigen Probleme verursacht hat. Aus meiner Sicht ist es eher die Tatsache, dass die Länder seit vielen Jahren ihren Investitionsverpflichtungen nicht nachgekommen sind - und dass viele Kliniken daher die Mittel für Personal und Patientenversorgung zweckentfremdet haben. Ich mache den Krankenhäusern da keinen Vorwurf. Sie müssen investieren. Und im Zweifel sparen sie zuerst bei der Pflege und nicht beim operierenden Arzt.
Um Personallücken zu schließen, behelfen sich viele Kliniken mit Leiharbeit. Berlin möchte das nun per Bundesratsinitiative verbieten lassen. Was halten Sie davon?
Wo es regelhaft Leiharbeit gibt, sorgt das für schlechte Stimmung. Das ist ja logisch: Im Zweifel muss das Stammpersonal die weniger schönen Dienstzeiten übernehmen. Und häufig wechselndes Personal ist weder gut fürs Team noch für die Patienten. Aber es ist auch Ausdruck des Arbeitsmarktes, wie er eben ist.
Auch in der Altenpflege knirscht es. Heimbewohner müssen immer tiefer in die Tasche greifen, der Eigenanteil nur für Pflege - im Schnitt 660 Euro - ist für viele kaum noch bezahlbar. Wie soll das weitergehen?
Jeder weiß, dass wir mehr Pflegekräfte brauchen und sie auch besser bezahlen müssen. Das bedeutet natürlich höhere Kosten. Über die Frage, wer dafür aufzukommen soll, über das richtige Verhältnis aus Eigenverantwortung, familiärer Bringschuld und dem, was die Pflegeversicherung leisten kann, möchte ich in den nächsten Monaten eine gesellschaftliche Debatte initiieren. Dabei geht es auch um die Frage, was wir tun müssen, um unser System langfristig bezahlbar zu halten. Bis Mitte des Jahres werde ich dazu einen Gesetzesvorschlag machen.
Man hat den Eindruck, Sie sympathisieren mit Steuerzuschüssen für die Pflege, können sich aber noch nicht durchringen, das offen zu fordern. Wann ist es soweit?
Die Möglichkeiten, Pflege besser zu finanzieren, sind begrenzt: mehr private Vorsorge, höhere Eigenanteile, steigende Beiträge oder eben Steuerzuschüsse. Alle Varianten werden wir diskutieren. Aber alle haben Schattenseiten. Ich habe nicht prinzipiell etwas gegen Steuerzuschüsse für die Pflege. Die Pflegeversicherung kommt ja auch für einiges auf, das man durchaus als gesamtgesellschaftliche Aufgabe definieren kann. Und wir haben uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Beiträge zu den Sozialversicherungen unter 40 Prozent zu halten. Aber über Steuerzuschüsse müsste es Einigkeit in der Koalition geben. Der SPD- Vorstand findet die Idee gut. Beim Finanzminister aus derselben Partei ist die Begeisterung dafür jedoch nicht übermäßig ausgeprägt.
Verstehen wir das richtig: Sie würden sich für Steuerzuschüsse zur Pflege starkmachen, wenn Olaf Scholz seinen Segen gibt?
Eine Koalition sollte mit solchen Forderungen erst kommen, wenn sie dazu auch ernsthaft willens ist.
Und warum keine Vollversicherung, die für alle Pflegekosten komplett aufkommt?
Sich bei der Pflege finanziell vollständig raushalten zu können, entspricht nicht meinem Verständnis von familiärer Verantwortung. Und es ist auch eine Gerechtigkeitsfrage. Ich fände es nicht in Ordnung, wenn die kleine Angestellte, die sich ihr Leben lang alles selbst erarbeiten muss, mit ihren Pflegebeiträgen das Vermögen derer schützen muss, die Hunderttausende auf der hohen Kante haben.
Seit vier Jahren fließt ein kleiner Teil der Pflegebeiträge in einen Vorsorgefonds, um das Problem mit den Babyboomern zu entschärfen. Reicht das denn angesichts der prognostizierten Zunahme von Pflegebedürftigen? Müsste dafür nicht noch deutlich mehr Geld zurückgelegt werden?
Aus meiner Sicht müssen wir uns auf jeden Fall stärker auf die Zeit nach 2030 vorbereiten. Ich möchte eine Pflegereform, die nicht nur auf die nächsten zwei Jahre zielt, sondern auch im Blick hat, dass es in den Folgejahren weit mehr Pflegebedürftige und deutlich weniger Beitragszahler geben wird. Um die Jüngeren nicht zu überfordern, brauchen wir eine Komponente, die das berücksichtigt.
Thema Digitalisierung. Vor Kurzem entdeckte der Chaos Computer Club (CCC) ein Sicherheitsleck bei der elektronischen Patientenakte (ePA), die am 1. Januar 2021 an den Start gehen soll. Unbefugte konnten sich Zugang zu fremden Gesundheitskarten, Praxis- und Arztausweisen verschaffen, was wiederum Zugriff auf ePAs ermöglichen würde. Sind Kassenärztliche Bundesvereinigung und Ärztekammern, die Arzt- und Praxisausweise sicher auf dem Postweg versenden sollen, mit dieser Aufgabe überfordert?
Zunächst einmal bin ich froh, dass die Defizite im System bereits jetzt entdeckt wurden. Zu einem Zeitpunkt, da noch keine Patientendaten gespeichert werden. Das heißt: Patientendaten waren nicht in Gefahr. Und das heißt auch: Wir haben jetzt Zeit zu reagieren und das System zu verbessern. Das machen wir jetzt. Dafür werde ich mich auch demnächst mit den Verantwortlichen des Chaos Computer Clubs zusammensetzen und sie bitten, die elektronische Patientenakte dieses Jahr weiter auf die Probe zu stellen. Auch die Gematik (die Betreibergesellschaft der elektronischen Gesundheitskarte eGK, über die die ePA läuft, Red.) wird deren Expertise nutzen, um die Telematik-Infrastruktur weiterzuentwickeln. Wichtig ist, dass die beteiligten Verbände und Institutionen wie Kassenärztliche Vereinigungen und Ärztekammern ihre Versäumnisse anerkannt haben und nun kurzfristig ihre Verfahren anpassen. Klar ist natürlich: Jede Unsicherheit, die durch Lücken entsteht, wie sie der Chaos Computer Club entdeckt hat, befeuern leider auch immer das Misstrauen in die elektronische Patientenakte.
Obwohl die digitale Infrastruktur vom CCC offenbar nicht geknackt werden konnte, sondern der Fehler in der analogen Verschickung der Briefe lag. Ist das nicht besonders bitter?
Es ist müßig, das zu beklagen. Außerdem zeigt dieses Beispiel, dass es nicht reicht, wenn nur die elektronische Patientenakte sicher ist. Die Prozesse drumherum müssen es auch sein. Dazu zählt auch das IT-System jeder einzelnen Arztpraxis. Deswegen haben wir als Gesetzgeber die Kassenärztlichen Vereinigungen verpflichtet, verbindlich festzulegen, wie niedergelassene Ärzte Patientendaten schützen müssen. Aber am Ende müssen die Praxisärzte das auch umsetzen. Da gibt es teilweise noch Luft nach oben…
Aber ist es vor diesem Hintergrund noch zu verantworten, die Ausgabe von Praxis- und Arztausweisen beizubehalten, wenn sie offenbar nicht funktioniert?
Solange die Ärzte über ihre Heilberufsausweise auf die Patientenakten zugreifen, müssen diese sicher sein. Kammern und KBV werden das zusammen mit uns schaffen, da bin ich zuversichtlich.
Derzeit werden keine Karten mehr verschickt. Wie lange gilt das noch?
Die Gespräche über das weitere Vorgehen laufen noch.
Wird die ePA zum 1. Januar kommenden Jahres reibungslos eingeführt werden?
Wir engagieren uns mit aller Kraft dafür, pünktlich zu starten. Der Datenschutzstandard der ePA muss perfekt sein, aber nicht jede einzelne Anwendung, die darin läuft. Im ersten Schritt wird noch so mancher Arztbrief als PDF gespeichert werden. Und im Laufe des Betriebs wird das System dann immer besser. Entscheidend ist, dass die Datensicherheit ab Tag eins gewährleistet ist.
Und dass die Krankenkassen ihren Versicherten ePA-Apps zur Verfügung stellen.
Dafür sorgen wir, indem es bei Nichterfüllung Sanktionen gibt. Mein Eindruck ist, dass die großen Kassen mit Hochdruck an ihren elektronischen Patientenakten arbeiten. Man muss sich das mal vorstellen: Seit 15 Jahren reden wir schon über die elektronische Patientenakte, und bis letztes Jahr gab es keine gesetzliche Vorgabe, die besagte, wer dafür verantwortlich ist. Das haben wir geändert, und es scheint zu wirken.
Wie genau die ePA ausgestaltet werden soll, muss noch in einem zweiten Digitale-Versorgungsgesetz geklärt werden. Wann können wir damit rechnen?
Ich denke, dieses Gesetz wird in den nächsten Wochen kommen. Darin geht es dann insbesondere um Datenschutz. Also darum, welche Ärzte unter welchen Bedingungen auf welche Teile der Patientenakte zugreifen können.
Langfristig soll die ePA auch dabei helfen, Behandlungsdaten von Versicherten zu Forschungszwecken zusammenzuführen. Wann wird die digitale Akte der Wissenschaft einen nennenswerten Mehrwert bieten?
Bis jetzt geht es in der Diskussion ausschließlich um anonymisierte und pseudonymisierte Abrechnungsdaten. Dies wurden bislang schon für die Versorgungsforschung genutzt. Und die werden künftig noch etwas mehr genutzt. Für medizinische Forschung reicht das aber nicht. Dafür sind Behandlungsdaten nötig. Deshalb brauchen wir ein eigenes Rahmenwerk in Deutschland und der EU. Wir werden einen Weg finden müssen, mit digitalisierten Gesundheitsdaten so umzugehen, dass der Patient Herr über seine Daten bleibt. Aber dass er auch die Möglichkeit hat, seine Daten freiwillig zu Forschungszwecken zur Verfügung stellen zu können, also zu spenden.