Corona-Pandemie in Deutschland: Im Juni öffnen in mehreren Bundesländern die Kitas wieder im Regelbetrieb
Grünen-Chefin Baerbock will einen Bund-Länder-Gipfel zu Kita- und Schulöffnungen. Auch die FDP macht Druck. Familienministerin Giffey äußert sich zurückhaltend.
Leichtes Aufatmen für viele Familien: Im Juni sollen in mehreren Bundesländern die Kitas wieder öffnen.
Am 8. Juni machen die Kitas in Nordrhein-Westfalen für alle Kinder wieder auf. Der Regelbetrieb werde jedoch nur eingeschränkt aufgenommen, erklärte das NRW-Familienministerium an Mittwoch in Düsseldorf. Die Kitas müssen demnach ihre Betreuungszeiten reduzieren und die Gruppen räumlich voneinander trennen. Es darf nur feste Gruppen mit mindestens einer Fachkraft geben und die Kontakte müssen nachvollziehbar bleiben.
In Rheinland-Pfalz soll ab Juni ein „eingeschränkter Regelbetrieb“ gelten, wie das Bildungsministerium in Mainz mitteilte. Voraussetzung sei, dass genug Personal und Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Eine „Rückkehr zur Normalität“ und eine Kindertagesbetreuung wie vor der Corona-Pandemie sei derzeit allerdings nicht absehbar.
Aktuelle herrscht in der Bundespolitik Uneinigkeit über die vollständige Wiedereröffnung von Kitas und Schulen. Grünen-Chefin Annalena Baerbock forderte in diesem Zusammenhang ein Treffen von Bund und Ländern.
Länder wie Dänemark hätten vorgemacht, dass die Kita- und Schulöffnungen unter Vorsichtsmaßnahmen gut und erfolgreich funktionierten, sagte Baerbock der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Deswegen sei auch in Deutschland mehr Tempo notwendig. "Alle Akteure auf Bundes- und Länderebene müssen sich jetzt bei einem Spitzentreffen dringend an einen Tisch setzen, um zu handeln."
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Bund und Länder müssten jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, „dass der eingeschränkte Regelbetrieb aufgenommen wird und alle Kinder wieder in Kitas und Schulen können“. „Lediglich einmal die Woche den Klassenraum oder die Kita von innen zu sehen verunsichert Kinder nur mehr, als dass es hilft.“ Baerbock sagte, die Voraussetzungen für die Rückkehr zum Regelbetrieb seien eine gute Hygieneausstattung, Abstandsregelungen, kontinuierliches Testen des Personals, feste Unterrichts- und Spielgruppen sowie Unterrichtszeiten in den Nachmittag hinein.
Giffey: Erkenntnisse aus Studien abwarten
Derweil äußerte sich Familienministerin Franziska Giffey (SPD) zurückhaltend. "Es ist jetzt wichtig, mehr Erkenntnisse zu erlangen", sagte Giffey im "Morgenmagazin" am Mittwoch. "Die Mediziner äußern sich ja auch wage, wir haben bisher noch keine gesicherten Erkenntnisse. Aber das ist sehr wichtig, um einschätzen zu können, wie weitere Schritte für den hundertprozentigen Regelbetrieb aussehen können." Derzeit würden mehrere Studien laufen, die erweiterte Notbetreuung müsse begleitet werden.
"Jetzt starten die Kitas wieder und jetzt muss auch geschaut werden, wie sich das auf das Infektionsgeschehen auswirkt", sagte Giffey. "Wir werden von Woche zu Woche klarer sehen, wie die Entwicklung ist - und anhand dieser Entwicklung müssen dann die weiteren Schritte vor Ort in den Ländern für die Öffnung entschieden werden."
Fachgesellschaften fordern Ende des Notbetriebs
Mehrere medizinische Fachgesellschaften - darunter die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte - hatten ein Ende des Notbetriebs in Kindergärten und Schulen und eine umgehende unbeschränkte Wiederöffnung gefordert. Weder der Schutz von Lehrern, Erziehern, Betreuern und Eltern, noch die allgemeinen Hygieneregeln stünden dem entgegen.
Auch FDP-Chef Christian Lindner forderte in diesem Zusammenhang mehr Tempo bei der Öffnung von Schulen und Kitas. "Wenn vier medizinische Fachgesellschaften dazu aufrufen, Kitas und Schulen vollständig zu öffnen, muss die Politik so schnell wie möglich reagieren", sagte er. "Nach Ansicht der Fachverbände sind Kinder keine starken Treiber der Pandemie. Daraus müssen wir die richtigen Schlussfolgerungen ziehen", sagte Lindner.
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Lindner: Kluge und mutige Stufenpläne
Die Coronakrise dürfe nicht länger auf dem Rücken von Kindern und Eltern ausgetragen werden. Es brauche "schleunigst kluge und mutige Stufenpläne", wie Schulen und Kindergärten schneller zurück in den Unterricht geführt werden könnten. Die Länder entscheiden darüber in Eigenregie. In Sachsen sind Grundschulen und Kindergärten für alle seit Wochenbeginn wieder geöffnet. Andernorts gibt es in den Kitas weiterhin nur Notbetreuung. An den Schulen wechseln sich die Schüler momentan ab: Ein Teil lernt zu Hause, der andere bekommt Präsenzunterricht.
Wochenlang waren in ganz Deutschland Schulen und Kitas wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Seit Ende April wurde der Schulbetrieb stufenweise wieder aufgenommen. In den Kitas wird derweil die Notbetreuung weiter ausgeweitet. Wann sie in den Regelbetrieb zurückgehen, entscheiden die Bundesländer selbst, ebenso über das weitere Vorgehen an den Schulen. (Tsp, dpa)