"Masterplan Migration": Horst Seehofers Sturheit schadet seinem Anliegen
Eigentlich ist Horst Seehofers "Masterplan Migration" durch den Koalitionskompromiss schon wieder überholt. Er stellt ihn trotzdem vor. Damit boykottiert er sein eigentliches Ziel. Ein Kommentar.
Wer wird sich denn einen schönen Plan kaputt machen lassen – und dann noch von so etwas Lästigem wie der Realität? Horst Seehofer nicht. Nein, lieber stellt der Bundesinnenminister seinen lange angekündigten „Masterplan Migration“ in der Version vor, auf die man sich in der Union hat einigen können. Dass der schon längst von einem Kompromiss mit dem Koalitionspartner SPD überholt und damit quasi Altpapier ist – geschenkt! Es geht ums Prinzip.
Es hat schon etwas Unverfrorenes, wie Seehofer am Dienstag lächelnd und scheinbar gut gelaunt vor Journalisten sitzt und so tut als hätte es die vergangenen drei Wochen nicht gegeben. Als hätte sein Verhalten nicht die Unionsgemeinschaft an den Abgrund getrieben und als hätte das nicht auch den Zusammenhalt in Europa aufs Spiel gesetzt. Er tut so, als wäre das Geschichte für ihn.
Dabei blitzt in den zum Teil launig vorgetragenen Sätzen immer wieder Seehofers Gekränktheit auf. „Wenn man gegen Zuwanderung ist, ist man sofort ein Radikaler, ein Gestörter, ein Psycho“, sagt er. Seehofer hat offenbar nicht verstanden, woran sich die Kritik an seiner Person entzündet hat.
Seehofer tut sich keinen Gefallen
Durch sein sturköpfiges Verhalten steht sich Seehofer selbst im Weg. Er tut sich keinen Gefallen damit, dass er jetzt den Koalitionspartner SPD noch weiter gegen sich aufbringt. Er hat ein großes Projekt vor sich – und dafür braucht er Unterstützung nicht nur in der Regierung, sondern auch von den SPD-Innenministern der Länder.
Klar ist: Die Zuwanderung muss besser geregelt, die Schutzsuchenden in Europa gerechter verteilt werden. Es braucht schnellere Verfahren, konsequentere Rückführung abgelehnter Asylbewerber und eine zügige Integration derer, die bleiben dürfen. Fachkräfte müssen als solche einwandern können.
Wenn Seehofer der AfD das Wasser abgraben will, darf er ihr nicht in Rhetorik und Gehabe nacheifern, wie er das in den letzten Wochen getan hat, sondern muss diese Punkte umsetzen. Die AfD ist sich nur in ihrer Ablehnung der Migration wirklich einig. Wenn die Einwanderung unter Kontrolle ist, kann es sein, dass die Partei in Richtungsstreitigkeiten versinkt.
Dem Masterplan fehlt Humanität
Dazu gehört aber auch, dass die Regierungspartei CSU nicht so tut, als wären die Verhältnisse in Deutschland katastrophaler als sie sind. Sie darf sich nicht daran beteiligen, dass sich der Diskurs immer weiter von der Realität abkoppelt. Und sie darf auch nicht dazu beitragen, dass Misstrauen gegenüber Geflüchteten weiter anzuheizen.
Vor Horst Seehofer liegen wichtige Aufgaben. Es braucht Humanität gegenüber denjenigen, die schutzbedürftig sind und Konsequenz gegenüber denjenigen, die hier nicht bleiben können. Dem „Masterplan“ und offenbar Horst Seehofer selbst fehlt diese Humanität, wenn er sich öffentlich über die Abschiebung von 69 Afghanen an seinem 69. Geburtstag freut. Aber auch die sinnvollen sinnvolle Punkte im „Masterplan“ wird Seehofer nur erfolgreich umsetzen können, wenn er aufhört, sich so störrisch und unbelehrbar zu verhalten wie auch am gestrigen Dienstag wieder.