CSU-Machtkampf: Horst Seehofer greift Kritiker an, Markus Söder lobt sie
Er kämpfe "wie ein Löwe in Berlin", sagt der CSU-Chef und beklagt ein "Trommelfeuer" aus Bayern. Doch die Junge Union unterstreicht ihre Rücktrittsforderung.
CSU-Chef Horst Seehofer hat seinen Kritikern vorgeworfen, mit Rücktrittsforderungen gegen ihn während der laufenden Jamaika-Koalitionssondierung Schaden anzurichten. „Obwohl im Parteivorstand einstimmig beschlossen wurde, dass eine Personaldiskussion während der Gespräche in Berlin nicht erfolgen soll, erlebe ich seit der Bundestagswahl ein ununterbrochenes Trommelfeuer gegen meine Person aus der eigenen Partei“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Bild am Sonntag“. „Das ist ohne Frage schädlich.“ Und: „Nach den Sondierungsgesprächen wird es von mir eine klare und deutliche Reaktion geben.“
Erst einmal lasse er sich von den Angriffen aber in keiner Weise beeinflussen. Er kämpfe „wie ein Löwe in Berlin“, sagte Seehofer. „Die Verhandlungen sind politische Schwerstarbeit. Wir müssen jetzt das Tempo erhöhen. Die Menschen in Deutschland erwarten zurecht endlich Resultate aus den Verhandlungen und die Bildung einer stabilen Regierung.“
Der Vorsitzende der Jungen Union in Bayern, Hans Reichhart, erneuerte dagegen seine Kritik am CSU-Chef. Seehofer hätte sich bei der JU-Landesversammlung in Erlangen der Kritik stellen müssen, sagte Reichhart am Samstag dem BR. "Da kann man nicht sagen: Diskutiert nicht über die Ursachen." Seehofer hatte einen geplanten Rede-Auftritt in Erlangen kurzfristig abgesagt. Der JU-Chef unterstrich die Forderung nach einem Austausch des Vorsitzenden: "Wir wollen ein frisches Gesicht, für das wir bei der Landtagswahl kämpfen."
Die bayerische Junge Union hatte auf ihrer Landesversammlung am Samstag in Erlangen öffentlich ein Papier beschlossen, in dem sie einen „personellen Neuanfang“ der CSU ohne Seehofer fordert. Zuvor hatten mehrere CSU-Bezirksvorstände intern einen „geordneten“ personellen Übergang gefordert.
Söder sieht CSU vor einer "entscheidenden Weggabelung"
Als treibende Kraft hinter der Rebellion gegen Seehofer gilt Bayerns Finanzminister Markus Söder. Am Samstag hatte er der Jungen Union "Rückgrat" attestiert. Am Sonntag sprach er vor dem Parteinachwuchs von einer „entscheidenden Weggabelung“ nach dem Fiasko bei der Bundestagswahl. „Die Lage ist mehr als ernst“, sagte Söder - und forderte mehr Glaubwürdigkeit und ein klareres Profil der Union insgesamt und speziell der CSU. „Wir hatten keinen Verlust an Ideen, wir hatten ein Stück Verlust an Glaubwürdigkeit“, sagte Söder rückblickend. Es müsse wieder gelten: „Eine Partei, ein Wort.“
Söder lobte dabei einerseits den Unionskompromiss zur Zuwanderung, den die CDU- und die CSU-Spitze nach der Bundestagswahl gemeinsam geschnürt haben. Er fügte allerdings kritisch hinzu: „Ehrlicherweise hätten wir das schon vor einem Jahr genauso haben können.“
Unterstützung bekam Seehofer von Parteivize Manfred Weber: „In der Art und Weise, wie es die letzten Wochen gelaufen ist, wurde bereits Schaden verursacht“, sagte er der "Bild am Sonntag". „Die Menschen haben ein feines Gespür dafür, dass der Anstand gewahrt bleiben muss. Gerade ein Ministerpräsident ist eine Respektsperson.“ (Tsp, dpa, AFP)