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Die Wiesn gilt als das größte Volksfest der Welt.
© Andreas Gebert/picture alliance/dpa

Oktoberfest: Hordenin - der Stoff, aus dem das Glück kommt

Ein paar Hammerschläge bis zur Münchener Glückseligkeit: Ab Sonnabend fließt das Bier wieder in Strömen. Ein paar nüchterne, gleichwohl heitere Gedanken zum kollektiven Rausch.

Es liegt, wie wir nun wissen, wahrscheinlich am Hordenin. Das ist ein Stoff, der das Belohnungszentrum im Hirn aktiviert, und er steckt: im Bier. Die Universität Erlangen-Nürnberg teilte am Freitag mit, man sei sich noch nicht ganz sicher, ob die Mengen ausreichend seien, aber es spreche viel dafür. Der Biertrinker aber weiß auch ohne Uni: Wenn er nur genug in sich hineinschüttet, ist das Glücksgefühl so oder so garantiert.

Dies ist aber nur die aktuelle wissenschaftliche Basis zur Begründung des vermutlich weltgrößten Hordenin-Ereignisses. Am Sonnabend wird Münchens Bürgermeister Dieter Reiter nur drei, vier Hammerschläge setzen müssen, um den Bierstrom zu öffnen, der dann bis zum 3. Oktober wieder einen kleinen Stadtteil lahm legen wird. Der kollektive Rausch, den wir in dieser Form sonst nur von Naturvölkern, Hippiekollektiven und Heilpraktiker-Fortbildungen kennen, wird eine der reichsten und bürgerlichsten Städte der Welt treffen wie ein Hammerschlag. Und was macht diese Stadt? Sie plant glückselig für die nächste Wiesn. Gäbe es das Oktoberfest nicht schon seit Äonen, wäre es heute unmöglich zu begründen. Vermutlich können die Potsdamer Klimaforscher auf die zweite Stelle hinterm Komma ausrechnen, wie stark aufgegessene Kühe und Schweine, rülpsende Gäste, Biertransporte und Zeltheizungen den Wasserstand auf den Andamanen erhöhen, die alkoholbedingte Mortalität steigt sprunghaft, und männer-, frauen-, inländer- und ausländerfeindliche Vorfälle werden in einem Maß über die Zelte herabkommen, wie es sich Genderbeauftragte nicht in ihren schlimmsten Träumen vorstellen.

Aber München? Diskutiert nächste Woche ungerührt seine Klimaziele für 2050 und übt sich in Schadensbegrenzung. Ein hübsches Detail dabei ist die Reinigungshotline für Anwohner: Hat ihnen jemand in den Liguster gekotzt, kommen sofort Männer mit Auto und Kärcher und putzen alles wieder weg; man möchte gar nicht darüber nachdenken, wie die Umgebung eines solchen Festes in Berlin aussähe. In München sind sie eben reich und sexy, und wenn wieder mal einer in der Hauptstadt über die provinzielle Bayernmetropole lästert, dann lassen sie einfach noch eine Maß füllen und lästern zurück, über komische Flughäfen, Rot-Rot-Grün und solche Sachen.

Es muss das Hordenin sein. Wenn es das demnächst in Tablettenform gibt: Bitte die erste Lieferung gleich an die Senatskanzlei, Berliner Rathaus.

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