Afrika: Homosexuelle müssen um ihr Leben fürchten
In 38 Staaten steht Homosexualität unter Strafe. Afrikaner sehen darin eine "Krankheit des weißen Mannes" und lehnen Homosexualität strikt ab.
Wer glaubt, dass es Schwule in Russland oder Teilen der USA schwer haben, kennt die Zustände in Afrika nicht. Nirgendwo auf der Welt werden Homosexuelle schlimmer stigmatisiert und oft auch kriminalisiert als auf dem Schwarzen Kontinent. „Wir leben hier buchstäblich in einer anderen Welt“, sagt der Schweizer Arzt Ruedi Luethi, der seit zehn Jahren in Simbabwe eine Klinik für mittellose Aids-Kranke führt. „Homosexuelle Menschen müssen ihre sexuelle Orientierung hier komplett verleugnen. Die meisten sind wohl verheiratet und leben gleichgeschlechtliche Kontakte nur im Verbogenen aus“ schreibt Luethi. Offiziell gebe es in Simbabwe keine Homosexualität. So stark ist auf dem Kontinent die Angst vor Schwulen und Lesben, dass 38 der 54 afrikanischen Länder die gleichgeschlechtliche Liebe zwischen Männern unter Strafe stellen; in 29 dieser Länder gilt dies auch für Frauen. Auch in Simbabwe droht ihnen eine hohe Gefängnisstrafe. Selbst die gerade verabschiedete neue Verfassung hat daran nichts geändert.
In den islamischen Republiken Sudan und Mauretanien aber auch im islamisch geprägten Norden Nigerias kann gegen Homosexuelle sogar die Todesstrafe verhängt werden. Allerdings ist die Intoleranz unter Christen und den Anhängern von Naturreligionen in Afrika ebenso stark. Selbst mit vielen afrikanischen Intellektuellen ist eine Debatte über das Thema oft nicht möglich. Der weit verbreitete Hass rührt oft daher, dass gleichgeschlechtliche Liebe noch heute von den meisten Afrikanern als eine „Perversion der Weißen“ betrachtet wird, die im Zuge der Kolonisierung nach Afrika gelangt sei und somit als kulturfremd empfunden wird. Viele Afrikaner sind fest überzeugt, dass Schwarze von Natur aus weder schwul noch lesbisch seien. Als die frühere US-Außenministerin Hillary Clinton bei einem Auftritt in Genf sagte, Homosexualität sei keine Erfindung des Westens sondern menschliche Realität, verließen mehrere afrikanische UN-Botschafter den Saal demonstrativ.
Kein Wunder, dass sich viele afrikanische Staatschef ganz offen über gleichgeschichtliche Liebe ereifern. Simbabwes Diktator Robert Mugabe hat Homosexuelle mehrfach als „schlimmer als Schweine und Hunde“ gegeißelt und Homosexualität eine „Krankheit des weißen Mannes“ genannt. Ähnliche Aussagen gibt es von Ugandas Präsidenten Yoweri Museveni. Das ugandische Parlament wollte vor vier Jahren gleichgeschlechtlichen Sex unter gewissen Bedingungen sogar mit der Todesstrafe ahnden. Allerdings wurde das Gesetz ad acta gelegt, als westliche Geberländer daraufhin mit der Streichung der Entwicklungshilfe drohten.
Theoretisch haben zumindest Südafrikas Homosexuelle einen gewissen Schutz: Die 1996 verabschiedete Verfassung der Post-Apartheid-Ära gilt als Vorbild für Afrika: Sexuelle Diskriminierung wird ausdrücklich verboten. Doch selbst in Südafrika sieht die Wirklichkeit oft anders aus. Immer wieder werden schwarze Schwule und Lesben, die sich outen, systematisch vergewaltigt, um sie von ihrer vermeintlichen Abnormalität zu heilen (correctional rape) oder sogar ermordet. Weit besser ist die Lage für schwule Weiße: In Großstädten wie Kapstadt oder Johannesburg finden regelmäßig „gay parades“ statt – und selbst in Europa gilt Kapstadt inzwischen als eine weltweite Hochburg pinker Subkultur.
Wie tief die Vorurteile in Afrika gehen, verdeutlicht Liberias Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf, die erste Frau an der Spitze eines afrikanischen Staats. Erst kürzlich hat die Friedensnobelpreisträgerin erklärt, dass sie die Homo-Ehe niemals legalisieren werde. Homosexualität ist auch in der extrem patriarchalischen Gesellschaft ihres Landes ein derart heikles Thema, dass Johnson-Sirleaf damit nur verlieren kann. Zur Begründung sagte sie, Liberia habe gewisse traditionelle Werte, dies man unter allen Umständen bewahren wolle. Wem das nicht passe, solle gefälligst auswandern.
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