Katholische Kirche: Homoehe ist mit dem Vatikan nicht zu machen
Das Arbeitspapier des Vatikans zum Thema Familie, Ehe und Sexualität wird von der Deutschen Bischofskonferenz gelobt. Doch grundsätzliche Änderung an der katholischen Lehre soll es nicht geben.
Am Dienstag hat der Vatikan ein 77-seitiges Arbeitspapier veröffentlicht zum Thema Familie, Ehe und Sexualität. Es soll die Grundlage bilden, auf der die katholische Bischöfe im Oktober in Rom ein zweites und abschließendes Mal über das Thema Familie diskutieren wollen. Besonders unter deutschen Katholiken sind die Erwartungen an diese Synode hoch. Viele erhoffen sich eine Öffnung im Umgang mit Homosexuellen und eine anderen Weg im Verhältnis zu Katholiken, die nach einer Scheidung erneut geheiratet haben. Nach der derzeitigen katholischen Lehre sind sie von den Sakramenten ausgeschlossen.
Das Dokument sei eine „gute Arbeitsgrundlage“, sagte der Münchner Kardinal Reinhard Marx am Dienstag, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Denn es stelle die Bedeutung der Barmherzigkeit stark heraus. Auch sei das Bemühen spürbar, „die Diskussion offen zu halten“ - auch bei den „komplexen“ Themenbereichen. Im Umgang mit Paaren in Krisen-, Trennungs- und Scheidungssituationen sowie im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und der Aufmerksamkeit gegenüber Personen mit homosexueller Orientierung zeige das Dokument „in einer vorsichtigen Sprache verschiedene Blickwinkel auf“, betonte Marx.
Das Papier liegt bislang nur auf italienischer Sprache vor. Die Katholische Nachrichtenagentur hat am Dienstag Auszüge übersetzt. Demnach soll die Möglichkeit geprüft werden, wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Umständen und nach einem Weg der Reue unter bischöflicher Aufsicht wieder zu den Sakramenten zuzulassen. Der gleichgeschlechtlichen Ehe erteilt das Dokument aber eine klare Absage. Gottgewollt sei nach biblischem Zeugnis nur die Ehe zwischen Mann und Frau. Gleichwohl müsse in der Kirche jeder Mensch gleich welcher sexuellen Orientierung aufgenommen und respektiert werden. Diskriminierung von Homosexuellen sei abzulehnen.
In den vergangenen Monaten hatten sich immer wieder traditionalistische Kardinäle der Weltkirche zur Wort gemeldet und bekräftigt, dass es grundsätzlich keinerlei Änderungen an der katholischen Lehre geben könne. Diese Sicht teilt auch der Chef der römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller.
Der Fragebogen an die Bistümer schien vielen tendenziös
Im Frühjahr hatte der Vatikan einen Fragebogen an die Bistümer weltweit verschickt, um - wie im Jahr zuvor - die Meinung der Bischöfe und der Gläubigen in Bezug auf die Familie einzuholen. Der Fragebogen war in einer sehr abstrakten Sprache formuliert und enthielt viele geschlossene Fragen, die bei den Lesern eine Zustimmung zur katholischen Lehre voraussetzten. Viele Katholiken und Mitarbeiter in katholischen Familienbildungsstätten waren entsetzt und fürchteten, dass sich die Hardliner im Vatikan bereits durchgesetzt hätten. Viele fragten sich auch, ob die Realität in Rom immer noch nicht zur Kenntnis genommen werde. Denn viele katholische Paare halten sich längst nicht mehr an die kirchliche Lehre. Das am Dienstag veröffentlichte „Instrumentum laboris“ zeigt, dass die Realität in Rom durchaus gesehen wird. Gleich zu Beginn des Texts heißt es, nur noch eine Minderheit der Gläubigen lebe beim Thema Ehe und Familie nach den Lehren der Kirche.
Die Deutsche Bischofskonferenz hatte sich in ihrer offiziellen Antwort auf den Fragebogen bemüht, Verständnis für die Erwartungen der deutschen Katholiken in Rom zu wecken, und sachte dafür plädiert, bei den heiklen Themen nach neuen Wegen zu suchen. Als sich jedoch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf seiner Frühjahrsversammlung im Mai für die Segnung von homosexuellen Paaren und Geschiedenen aussprach, schäumten die Wellen hoch. Was das ZdK da fordere, sei „nicht nachvollziehbar“ und lasse „wesentliche Aspekte des biblischen Menschenbildes hinter sich“, polterte der Passauer Bischof Stefan Oster auf Facebook. Würde man auf die Forderungen nach der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare und Homosexueller eingehen, käme das einem „dramatischen Kurswechsel“ gleich. Die Forderung des ZdK sei gerade in der angespannten Situation vor der Familiensynode „nicht hilfreich“, weil zu radikal, schimpften andere Bischöfe.
Rom glaubt, die Kirche in Deutschland wolle die Lehre umkrempeln
Die Kirche in Deutschland stehe in Rom eh schon als „Buhmann“ da, sagte Jeremias Schröder, Abtpräses der Benediktiner von St. Ottilien, am Dienstag dem Internetportal „katholisch.de“. Vor allem in konservativen Kreisen werde es so dargestellt, dass die Kirche in Deutschland mit ihren finanziellen Möglichkeiten die Lehre umkrempeln oder von innen aushöhlen wolle. „Das sind ganz unerfreuliche Töne.“ Ordensmann Schröder hofft, dass die Geistlichen diese Gegensätze bei der Synode überbrücken können. Es müsse gelingen, eine Ebene zu finden, auf der man sich verständigen könne, etwa indem man zu dem Schluss komme, „dass unterschiedliche Ansätze in einer globalisierten, weltweiten Kirche notwendig sind und respektiert werden müssen“.
Abtprimas Jeremias Schröder wird an der Synode selbst teilnehmen. Aus Deutschland werden außerdem Kardinal Reinhard Marx, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode und der designierte Berliner Erzbischof Heiner Koch nach Rom reisen. Koch ist in der Deutschen Bischofskonferenz für das Thema Familie zuständig.