Verhaftung von Julian Assange: Hoffnung auf Licht statt Zwielicht
Nach dem Ende des Asyls für den bizarren Gast in Ecuadors Botschaft muss jetzt aufgeklärt werden. Das gilt auch für die Rolle Russlands. Ein Kommentar.
Weißes Haar, weißer Bart - sieben Jahre Hausarrest haben Julian Assange altern lassen. Nun ist der Gründer der Plattform WikiLeaks in britischer Haft. Ecuadors Botschaft in London war nicht länger gewillt, dem bizarren Gast diplomatisches Asyl zu gewähren, um ihn vor der möglichen Auslieferung in die USA zu bewahren. Vielleicht dringt jetzt mehr Licht in die Geschichte des zwielichtigen Australiers. Es wäre an der Zeit.
Bis 2017 gab es gegen Assange einen Haftbefehl aus Schweden wegen mutmaßlicher Sexualdelikte. In den USA droht ihm eventuell eine Anklage wegen Geheimnisverrats, spekuliert wird, ob sie noch unter Verschluss ist. Immerhin wurde ihm vorgeworfen, vertrauliche Dokumente der US-Regierung auf die WikiLeaks-Plattform gestellt zu haben. Auch für Ecuadors Geschmack gab es jetzt aber offenbar ein paar Leaks zu viel. Denn der Botschaftsgast Assange hat Aufnahmen von Privatgesprächen des ecuadorianischen Präsidenten Lenín Moreno veröffentlicht.
Für seine Anhänger, viele davon Internet-Nerds, ist Assange längst zum Star mit Guru-Status avanciert: Im März 2016 zeigte eine Ausstellung im Berliner Haus der Kulturen der Welt die maßstabsgetreue Replik seines Arbeitszimmers im Botschaftsgebäude, nachgebaut von der „!Mediengruppe Bitnik“. Das Kunstwerk mit dem Titel „Delivery for Mr. Assange” glich einem Reliquienschrein. Dass diese Pilger nun aufgebracht sein werden, darf nicht verwundern.
Dubios hingegen ist die Solidarität aus Moskau, wo eine Sprecherin des Außenministeriums mit viel Pathos auf Facebook erklärt hat, die Hand der „Demokratie“, die sie in Anführungszeichen setzte, erwürge die Freiheit. Der Anwurf aus Russland wirkt umso seltsamer mit Blick auf die Rolle von WikiLeaks im US-amerikanischen Wahlkampf. Die Plattform hatte Datenbeute aus Computern der Demokratischen Partei ins Netz gestellt und damit Donald Trumps Kampagne geholfen. US-Behörden scheinen fest davon auszugehen, dass dabei russisches IT-Knowhow im Spiel war. Ob auch Assange damit zu tun hatte, ist freilich nicht bekannt.
Auf seine Weise wirkt eine Figur wie Assange, die jeden Roman zur Farce machen würde, wie die symbolische Verdichtung so vieler Vorgänge in der aktuellen Weltlage: schräg, grotesk, konfus, überspannt, unerwachsen, verantwortungslos.