Kirche von England: Hirtenbrief im Wahlkampf
Die Kirche von England mischt sich in den Wahlkampf in Großbritannien ein und warnt vor der Politik der Tories. Premier David Cameron liest das klerikale Dokument zu seiner Politik nicht so gerne.
Mit einem Hirtenbrief greift die Church of England zum ersten Mal in ihrer Geschichte in einen britischen Wahlkampf ein. Das 56 Seiten starke Dokument „Wer ist mein Nachbar?“ gibt keine Wahlempfehlung. Gläubige werden aber aufgefordert, am Wahlkampf „aktiv Anteil zu nehmen“ und zu helfen, „die Gesellschaft zu bauen, die viele Menschen wollen, die aber in den Visionen keiner Partei ausgedrückt wird“. Nachdem die Erzbischöfe von Canterbury und York scharf Kapitalismus und Ungleichheit in Großbritannien kritisierten und dabei Positionen von Labour wiederholten, gibt es Krach mit den Tories.
„Die Kirche schweigt immer dann, wenn die Menschen ihren Rat suchen, aber sie ist erpicht darauf, sich in die Debatte zu werfen, wenn niemand nach ihrer Meinung fragt“, schimpfte die Tory- Abgeordnete Nadine Dorries in der BBC. Als kontroverse Parteinahme gilt unter anderem die Forderung des Bischofbriefes, Argumente für die britische Atombewaffnung „neu zu prüfen“. Eine Koalition aus Grünen und Nationalisten in Schottland und Wales will nach der Wahl am 7. Mai als Mehrheitsbeschaffer die unilaterale Abschaffung der britischen Atom U-Boot-Flotte durchsetzen.
Europa als rotes Tuch
Ein rotes Tuch für Tories ist aber vor allem ein klerikales Plädoyer für Europa. Die Kirche habe nach dem zweiten Weltkrieg unermüdlich für Verständnis und Kooperation in Europa gearbeitet. Dies sei „kein Argument für die Strukturen und Institutionen der EU, wie sie heute bestehen“. EU-Skeptiker sehen darin eine Parteinahme im erwarteten Kampf um Großbritanniens EU-Mitgliedschaft.
Der Brief wurde veröffentlicht, als Premier David Cameron Verschärfungen bei der Sozialhilfe für Jugendliche ankündigte. Wer weder in Arbeit noch in der Ausbildung steht, soll nach Tory Plänen Sozialdienste absolvieren. Er habe kein Problem, wenn die Kirche politische Themen kommentiere, sagte Cameron. Sie solle dann aber auch das Wachstum und die in den letzten Jahren geschaffenen Arbeitsplätze würdigen.