zum Hauptinhalt
Kein Parteitag ohne dritte Strophe: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Generalsekretär Peter Tauber.
© dpa

Nationalhymne ins Grundgesetz?: Helgoland, Königgrätz, Verdun

Die CDU will das 175 Jahre alte Lied der Deutschen im Grundgesetz verankern. 2016 bietet einige Gedenktage, um grundsätzlicher darüber nachzudenken, wie sinnvoll das ist.

Das Grundgesetz ist ja eine Art Stopfwurst geworden. Oder um die wohltemperierten Worte unseres Bundestagspräsidenten zu zitieren: „Der Ursprungstext hat im Laufe der Jahre manche Ergänzungen erfahren.“ Wegen „zweitrangiger Fragen“. Daher sei die Verfassung heute zwar deutlich länger, „aber nicht unbedingt deutlich besser als der schlanke Text von 1949“. So Norbert Lammert in der Feierstunde „65 Jahre Grundgesetz“ im Bundestag vor anderthalb Jahren.

Lammerts Partei, die CDU, will jetzt die Nationalhymne im Grundgesetz festschreiben. Den Antrag dafür könnte sie zum Beispiel am 26. August stellen. An jenem Sommertag vor 175 Jahren, im Jahr 1841, schrieb August Heinrich Hoffmann von Fallersleben den Text, beginnend mit „Deutschland, Deutschland...“, auf Helgoland, das damals britisch war. Drei trinkliedtaugliche Strophen, von denen heute nur noch die dritte als hymnenfähig gilt.

2016 wird noch weitere Gedenktage bringen, die einiges über das spezifisch Nationale der Deutschen sagen können. Am 5. November vor 200 Jahren etwa trat erstmals die Bundesversammlung des Deutschen Bundes zusammen, den Hoffmann und seine mehr oder weniger liberalen Mitstreiter gern zerstört hätten, um an seiner Stelle einen deutschen Einheitsstaat aufzurichten.

Jedenfalls wollten sie mehr deutsche Einheit schaffen, als der Deutsche Bund ihnen zu geben geneigt war, denn die Einzelstaaten waren auf ihre Autonomie sehr bedacht, stärker jedenfalls, als das heute der Fall ist. Immerhin hatten einige ganz passable Landesverfassungen, für jene Zeit, die erste unter ihnen stammt vom 5. Mai 1816 – im Kleinstaat Sachsen-Weimar-Eisenach.

Deutscher Bund, Deutscher Krieg

In den Monaten zwischen Mai und November können wir 2016 das Ende des Deutschen Bundes vor 150 Jahren Revue passieren lassen. Am 14. Juni begann der Deutsche Krieg, der eigentlich ein preußischer Krieg gegen Österreich war, in den der Rest Deutschlands hineingezogen wurde. An jenem Tag stimmte die Bundesversammlung für die Exekution gegen Preußen wegen bundeswidrigen Verhaltens, die man in Berlin provoziert hatte. Der Krieg war verlustreich, er endete immerhin schnell am 3. Juli 1866 mit der Niederlage der Österreicher bei Königgrätz.

Der Jubel der Kleindeutschnationalen war groß, wurde aber leiser, als Otto von Bismarck die Situation nutzte, um sich am 3. September im preußischen Abgeordnetenhaus Straffreiheit zusichern zu lassen für sein mehrjähriges verfassungswidriges Regieren gegen die Kammermehrheit. Es folgte die Spaltung der Liberalen in zwei Flügel, einen eher einheitsnationalen und einen stärker freiheitlichen. Damit waren sie nachhaltig geschwächt.

Am 18. August 1866 gründete das durch Annexionen vergrößerte Preußen den Norddeutschen Bund, Vorstufe des deutschen Nationalstaats von 1871 oder der preußischen Hegemonie in Deutschland (man kann das so oder so sehen). 1866 hatte einiges zu bieten – man darf gespannt sein, wie das 150 Jahre später gesehen wird.

2016 kann man sich auch Gedanken machen, ob und wie weit andere runde Jahrestage – etwa die der Schlachten von Verdun und an der Somme 1916 – mit jenen früheren Ereignissen zu tun haben und mit Hymnen, deren Strophen nicht mehr durchweg als opportun gelten.

Zur Startseite